Der Bund ist unzufrieden, dass Finanzmittel für die Erneuerung und den Ausbau von Autobahnen nicht abgerufen werden. Das ist ein Grund für Staus wie auf der A 8 bei Leonberg. Foto: dpa

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beklagt, dass Geld für die Bundesfernstraßen zu langsam abgerufen wird. Er will eine Infrastrukturgesellschaft gründen. Doch die Länder sperren sich.

Berlin - Wenn am Donnerstag die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin zusammenkommen, steht ein Thema auf der Tagesordnung, das die Autofahrer betrifft. Unter Punkt vier der Tagesordnung wird der sperrige Titel „Bund-Länder-Finanzbeziehungen“ genannt. Dahinter verbirgt sich nicht nur der Streit, wie die Geldströme zwischen staatlichen Ebenen neu verteilt werden. Gesprochen wird auch über eine neue Autobahngesellschaft, die der Bund gründen möchte.

Die neue Infrastrukturgesellschaft soll nach österreichischen Vorbild dafür sorgen, dass Fernstraßen aus einer Hand geplant, finanziert und gebaut werden. Die Bundesregierung verfolgt die Idee seit einiger Zeit. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verspricht sich davon ein effizienteres Bauen. Er kann sich auch vorstellen, dass sich private Geldgeber beteiligen und somit den Bundesetat entlasten.

Die Kritiker warnen bereits vor der Privatisierung der Autobahnen. Doch dem Finanzminister geht es vor allem darum, dass schneller investiert wird. Schäuble beklagte jüngst auf einer Konferenz der Bauindustrie: „Die Mittel fließen nicht ab. Und es kann nicht sein, dass Länder und Kommunen nicht in der Lage sind, die notwendigen Planungs- und Genehmigungskapazitäten zu schaffen.“

Es soll länderübergreifend geplant werden

Zu Schäubles Unterstützern zählt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der die Idee trotz Bedenken aus Bayern vorantreibt. Mit der bisherigen Arbeitsteilung zwischen den staatlichen Ebenen ist das Verkehrsressort unzufrieden. Der Bund finanziert Ausbau und Sanierung des 13 000 Kilometer langen Bundesfernstraßennetz. Die Länder sind für die Planung und Verwaltung des Netzes zuständig. Aus Sicht des Bundes soll sich das bald ändern. „Autobahnen müssen länderübergreifend geplant werden“, sagte Norbert Barthle (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, dieser Zeitung.

Der Bund erwartet bei einer zentralen Planung, dass das Geld schneller und kostengünstiger verbaut wird. „Die Planungskapazitäten in den einzelnen Ländern sind leider sehr unterschiedlich“, sagte Barthle. Als Land mit der besten Straßenbauverwaltung gilt Bayern. In anderen Ländern verlaufe der Planungsprozess oft schleppend, lautet die Klage aus Berlin. Das soll sich mit der Autobahngesellschaft ändern. Die Bundesregierung macht im bisherigen System aber auch falsche Anreize aus. Weil die Länder die Kosten der Planung bezahlen, sparten sie an der falschen Stelle, so der Vorwurf. „Bei größeren Projekten kommt es regelmäßig zu Kostensteigerungen. Die könnten vermieden werden, wenn aufwändiger und präziser geplant würde“, sagte Barthle.

Länder sind gegen den Vorstoß

Bisher findet der Bund mit diesen Argumenten bei den Ländern kein Gehör. Dass für eine neue Aufgabenverteilung eine Grundgesetzänderung notwendig ist, macht die Sache nicht einfacher. Die Länderverkehrsminister lehnten die Autobahngesellschaft einstimmig ab. Die Länder wollen ihre Kompetenzen nicht abgeben. Die Bundesregierung verknüpfte die Debatte um die neue Gesellschaft mit den Bund-Länder-Finanzverhandlungen, um ein Verhandlungspaket zu schnüren. Wenn der Bund den Ländern mehr Geld für den Finanzausgleich geben soll, pocht er im Gegenzug auf die Autobahngesellschaft. Doch beim Finanzausgleich sind die Seiten so zerstritten, dass an ein Tauschgeschäft nicht zu denken ist. Bei den Verhandlungen am Donnerstag wird nicht mit konkreten Ergebnissen gerechnet. Ein Fortschritt wäre es schon, wenn sich Ministerpräsidenten und Bundesregierung auf neue Gespräche verständigen könnten.

Die Idee für eine Autobahngesellschaft stammt von einer Regierungskommission, die Möglichkeiten für eine Steigerung der Investitionen untersuchen sollte. Diese Kommission bezifferte die Investitionslücke in Deutschland vor gut einem Jahr auf 90 Milliarden Euro. Die Expertengruppe schlug vor, Deutschland solle das Beispiel der österreichischen Infrastrukturgesellschaft Asfinag übernehmen. Wie in der Alpenrepublik soll eine Autobahnholding in öffentlicher Kontrolle in Deutschland die Fernstraßen planen, bauen, instandhalten und betreiben. Die Kommission sprach sich dafür aus, dass die Gesellschaft dafür die Mauteinnahmen erhalten soll. Die Bundesregierung kann sich vorstellen, dafür die Einnahmen aus der Lkw-Maut zur Verfügung zu stellen. Das reicht allerdings nicht aus.