Beim „Fernsehturm für Frühaufsteher“ gibt’s zum Frühstück einen schönen Sonnenaufgang dazu. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Bei „Fernsehturm für Frühaufsteher“ kann man beim Frühstück von oben zuschauen, wie Stuttgart erwacht. Zunächst müssen die Teilnehmer aber durch den finsteren Wald.

Stuttgart - Kerstin und Christopher Hahn halten sich fest umschlungen und blinzeln in die Sonne, die ihre Gesichter in ein warmes Licht taucht. Es ist kalt, aber das Ehepaar aus Korb scheint das nicht wahrzunehmen. Nur um Fotos zu machen, löst sich Kerstin Hahn von ihrem Mann. Er feiert heute seinen 42. Geburtstag. „Ein schöner Start in den Tag“, hat er vor wenigen Minuten gesagt. Jetzt ist er tatsächlich da, der Tag. Es ist kurz nach 7 Uhr, die Sonne hat sich im Osten aus einem schmalen Wolkenband hervorgekämpft und steigt gemeinsam mit zwei Heißluftballons über die vom Nebel dampfenden Täler und Wälder und färbt den Himmel über der Landeshauptstadt golden.

Die Premiere von „Fernsehturm für Frühaufsteher“ ist gelungen. Die neue Reihe der SWR Media Services GmbH bietet die Möglichkeit, das Stuttgarter Wahrzeichen noch vor den regulären Öffnungszeiten zu besichtigen und den Sonnenaufgang bei einem Sektfrühstück in knapp 150 Metern Höhe zu erleben. Rund 20 Teilnehmer haben sich dafür in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett gequält, denn die Tour startet in schwarzer Nacht. Vom Marienplatz aus geht es mit der Zahnradbahn nach Degerloch und dann in einem etwa 20-minütigen Fackellauf durch den stockfinsteren Wald. An diesem Samstag heißt das: Treffen um 5 Uhr, Abmarsch in den Wald gegen 5.20 Uhr. Gruselig findet das Christiane Mörschel nicht, auch nicht, als ein undefinierbarer Tierruf schrill aus dem Dunklen dringt. „Ich finde es toll“, sagt die Sindelfingerin, die die Tour mit ihrem Mann Joachim von der Schwiegertochter geschenkt bekommen hat. Die allerdings liegt selig im Bett.

Mit der Taschenlampe durch den Wald

Im Wald geht Jürgen Lehrle (76) schnellen Schrittes mit einer Taschenlampe voran. „Schön an den Händen fassen, damit keiner verloren geht“, witzelt er. Den Degerlocher Wald kennt der Guide. Hier im Filderbezirk ist er aufgewachsen, hat schon als Bub zwischen den Bäumen gespielt. Den Fernsehturm, der 1956 eröffnet wurde, hat er als Kind wachsen sehen. Heute leitet der ehemalige Bauingenieur Führungen durchs Kulturdenkmal. „Wir behaupten, es sei der erste und der schönste Fernsehturm der Welt“, sagt er, während erste Vögel seine Erläuterungen zwitschernd begleiten.

Brezeln, Croissants, Wurst, Käse und Obst lassen alle zunächst links liegen. Um 6.10 Uhr will der rote Schimmer am Horizont fotografiert werden. Paare küssen sich. Auch die Hahns. Kerstin Hahn lächelt. Die Überraschung für ihren Mann kommt an. „Ich war so aufgeregt, ich musste es ihm schon vorher verraten“, sagt sie. Gegen 6.50 Uhr treten die meisten hinaus auf die Plattform. Sonnenaufgang. Tanja Kreß kämpft hektisch mit ihrem Stativ, bis die Kamera endlich draufsitzt. Um 4.11 Uhr ist sie in Backnang mit der Bahn gestartet – bepackt mit Rucksack, Tasche und Stirnlampe. Sie hat ein strammes Programm. Die Titanwurz in der Wilhelma möchte sie auch noch ablichten. Als die Sonne sich aus den Wolken löst und ihr Licht über die Stadt kriecht, ist aller Stress vergessen. Ob sich das Aufstehen gelohnt hat? Tanja Kreß strahlt wie die aufgehende Sonne. „Jaaa!“

„Fernsehturm für Frühaufsteher“ einmal im Monat

„Fernsehturm für Frühaufsteher“ findet einmal im Monat statt. Die Teilnahme kostet 75 Euro. Alle Infos auf www.fernsehturm-stuttgart.de/fruehaufsteher.