Klicken Sie sich durch Bildern vom Fernsehturm, von innen und außen. Foto: StN

Neue Technik, neue Gastronomie: In den Fernsehturm wurde mehr eine Million Euro investiert.

Stuttgart - Seit 55 Jahren steht er da. Leicht schwankend, aber stabil. Jeden Tag schafft er, ohne Unterlass, zieht seine Besucher nach oben und beglückt sie mit seiner Aussicht. Nun hat man ihm auch eine Kur gegönnt. Die Technik des Fernsehturms wurde erneuert, die Gastronomie neu gestaltet.

Man sieht ihn von überall. Vielleicht hat man ihn deshalb aus dem Blick verloren. Er ist ja immer da. Warum sich dann um den Fernsehturm kümmern? Einheimische reisten eigentlich nur noch zum Spargel auf den Hohen Bopser, wenn sie Besuchern den Ausblick zeigen wollten. Ansonsten machte sich das Wahrzeichen gut auf T-Shirts, Tassen und Bechern, aber das Original besuchen wollten immer weniger Menschen. 300.000 waren es im Jahr 2010, immer noch viel, aber einstmals stiegen fast eine Million Luftikusse in die beiden Lifte.

Die Aussicht ist berauschend, wer allerdings einen Kaffee trinken wollte, musste ein großer Nostalgiker sein, um sich wohlzufühlen. "Autobahnraststätte" oder "Finanzamtskantine", so hätten Besucher geurteilt über das Café in der Kanzel auf 147 Meter Höhe. Dies erzählt Siegfried Dannwolf, Geschäftsführer der SWR Media Services GmbH. Trotz des englischen Namens ist diese Firma ein Spross des Südwestrundfunks und betreibt den Turm.

Bar bis 2 Uhr nachts geöffnet

55 Jahre hat er auf dem Buckel. Und ist damit in den besten Jahren. Von außen ist er zeitlos schön. Aber das Innere zollte dem Alter Tribut. "Für eine Million Euro haben wir den Turm saniert und die Technik erneuert", sagt Dannwolf. Davon ist das meiste verborgen, in den acht Meter tiefen Katakomben oder hinter der Röhre aus Spannbeton. Aber die Gastronomie sieht der Besucher. Und wird sich wundern. Alex Deissler, Leif Urtel, Bastian Sommer, Oskar Dieterich und Hilmi Sogut haben eine gut sechsstellige Summe in die Hand genommen und das Restaurant am Fuße des Turms und die Kanzel im Café rundum erneuert. Am heutigen Freitag dürfen sich geladene Gäste schon einmal umschauen, am 16. September ist die offizielle Eröffnung.

Einst haben sie das Bravo Charlie in der Lautenschlagerstraße betrieben, bevor dieses einem Neubau weichen musste. "Das sind Profis", sagt Dannwolf. Doch trotz aller Erfahrung, der Fernsehturm ist der herausragende Ort der Stadt, aber für Gastronomen ein schwieriges Pflaster. Pleiten pflastern seinen Weg. Formel-1-Manger Willi Weber und Koch Armin Karrer versuchten sich fünf Jahre lang mit Sterneküche in der Kanzel, Luig Aracri betrieb bis 2009 das Restaurant. Seitdem stand es leer.

Es ist ein Spagat. Das weiß Alex Deissler natürlich. "Das Publikum ist unterschiedlich und damit auch dessen Erwartungen."Der Ausflügler will Kaffee und Kuchen, der Nachtschwärmer einen Cocktail, der Genießer ein ordentliches Essen. Deshalb haben sie sich Zeit gelassen für den Umbau und vor allem für ein vernünftiges Konzept. Mit Café und Bar im Turm und regionaler Küche im Restaurant samt Biergarten. Auch den Eingang haben sie umgestaltet, großzügiger und offener, auch der Laden im Erdgeschoss hat ein neues Antlitz. Donnerstags bis samstags wird die Bar bis 2 Uhr nachts geöffnet sein, Veranstaltungen, Hochzeiten will man ausrichten, Feierlichkeiten aller Art, Events, wie das neuerdings so schön heißt.

Queen im Höhenrausch

Dafür fühlt man sich jetzt gerüstet. "Modern und zeitgemäß" sei die Ausstattung nun, urteilt Siegfried Dannwolf. Das sind zunächst einmal Schlagworte. Die Architekten Jörg Heinrich und Cyrus Ghanai waren dafür verantwortlich, sie umzusetzen. "Der Fokus muss auf dem Panorama liegen", sagt Ghanai. Also gestalteten sie die Decke dunkel, bauten eine Bar ein, und das Licht fällt so, "dass es den Blick nach außen nicht stört". Zudem bauten sie Tische ein, die man verändern kann. "Tagsüber mit rechteckiger Platte, abends rund und tiefer gestellt." Allerdings schauten die Behörden kritisch zu. "Wir hatten eine Baugenehmigung mit 65 Auflagen", sagt Dannwolf. Denkmalschutz und Brandschutz kosteten Nerven und Geld. "Unten brauchten wir alle Türen neu", sagt Deissler. Und oben muss jedes Möbelstück einen Test bestehen: Es darf nicht oder nur schwer entflammbar sein. So muss man drei Stühle einreichen. Die werden angezündet und dürfen erst nach einer gewissen Zeit anfangen zu brennen. Klappt das nicht, muss man weitersuchen.

Sie wurden fündig. Und können heute Einweihung feiern. Noch ist nicht alles fertig. Doch zeigen will man sich schon mal. Und dem Wahrzeichen neuen Glanz in der Stadt verleihen. Einstmals gaben sich auf dem Turm Queen Elizabeth II. und Prinz Philip dem Höhenrausch hin. Ob Enkel Willie und seine Kate mal zu Besuch kommen, bleibt abzuwarten. Der Turm hätte es verdient, dass sich gekrönte Häupter vor ihm verneigen. Doch zunächst darf man guten Mutes sein, dass der Kunde wieder König ist.

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