Flixbus bietet über seine Partner auch Klassenfahrten an. Die mittelständischen Busunternehmen versuchen die Expansion von Flixbus mit einem eigenen Internetportal zu kontern. Foto: Flixbus

Der Busverband RDA startet im Internet eine eigene Vermittlung von Fahrzeugen für Gruppenfahrten. Denn die Sorge wächst, dass Fernbus-Marktführer Flixbus bald auch das Geschäft mit Klassenfahrten, Vereins- und Schulausflügen beherrschen könnte.

Berlin - So einfach kann die Buchung einer Klassenfahrt oder des Vereinsausflugs funktionieren: „Wunschziel eingeben und sofort Angebot erhalten“, wirbt Flixbus im Internet. Ein Versuch zeigt: In Sekundenschnelle wird der Preis für einen Bus mit Fahrer für eine Tour von Stuttgart nach Berlin angezeigt. Er beträgt exakt 2867 Euro – das macht bei 49 Teilnehmern 58,51 Euro pro Person. Die Rückfahrt zwei Tage später ist inklusive, und bei sofortiger Bezahlung gibt es eine Preisgarantie.

„Besonders für Junggesellenabschiede und von Schulklassen wird unser neues Angebot gebucht“, sagt Flixbus-Sprecherin Bettina Engert. Der Fernbus-Marktführer reicht den Auftrag dann an eine der 150 mittelständischen Busfirmen weiter, die allein in Deutschland und Österreich für Flixbus als Subunternehmer tätig sind. Denn der Fast-Monopolist, der in wenigen Jahren mit viel Geld von Investoren und einer ausgefeilten Marketing- und Digitalstrategie mehr als 90 Prozent des Fernbus-Marktes erobert hat, hat selbst weder Busse noch eigene Fahrer.

Die mittelständischen Bus-Unternehmer sind empört

In der traditionell bisher mittelständisch organisierten Busbranche hat sich Flixbus mit der aggressiven Expansion nicht allzu viele Freunde gemacht. Das seit wenigen Monaten laufende Vermietungsportal für Gruppenfahrten hat den Ärger noch verstärkt, wie gerade beim Tag der Bustouristik in Bremen überdeutlich wurde. Viele Mittelständler sehen das Flixbus-Portal als direkten Angriff auf eines ihrer wichtigsten Kerngeschäfte, das den ohnehin harten Preiskampf um Gruppenfahrten unter den Busunternehmen noch verschärfen könnte.

Beim Internationalen Bustouristik Verband RDA in Köln, der rund 3000 Mitgliedsbetriebe vertritt, fürchtet man um die Zukunft vor allem kleinerer und mittlerer Unternehmen. „Die Bus-Pauschalreise könnte atomisiert werden“, warnt Hauptgeschäftsführer Dieter Gauf. Denn das neue Flixbus-Portal lädt Schulklassen, Vereine und Seniorengruppen geradezu ein, die nächste Gruppenfahrt mit ein paar Klicks auf eigene Faust zu buchen – anstatt wie bisher ein Reisebüro oder Busunternehmen pauschal mit der der gesamten Organisation zu beauftragen.

Davor kann RDA-Vizepräsident Benedikt Esser aber nur warnen. „Wer eine Pauschal-Gruppenreise bucht, ist viel besser abgesichert, zum Beispiel bei Unfällen oder Insolvenz des Anbieters“, sagt der Verbandsexperte. Zudem könnten die Teilnehmer von der Expertise und Erfahrung eines regional etablierten Busunternehmens profitieren, wenn man wie bisher häufig einen örtlichen Anbieter wähle. „Beim Flixbus-Portal dagegen weiß man nicht, wer die Fahrt durchführt und ob zum Beispiel der Fahrer zur Mentalität der Reisegruppe passt.“

Das Vermittlungsportal soll den Kunden einen direkten Kontakt zur Busfirma bieten

Als Geschäftsführer einer RDA-Tochterfirma bereitet Esser gerade ein eigenes Vermittlungsportal für Verbandsmitglieder vor, das in Kürze starten soll. Unter bus.de können dann – ähnlich wie bei Flixbus – Anfragen für eine Gruppenreise eingegeben werden. Alle registrierten Busfirmen können dann Angebote abgeben. „Anders als bei Flixbus bekommt der Kunde direkten Kontakt zur Busfirma, die ihm eine Fahrt anbietet“, sagt Esser. Das kann allerdings etwas dauern, bis zu 48 Stunden haben die Unternehmen Zeit für eine Offerte.

Darin sieht der RDA-Vize aber kein Problem: „Eine Gruppenfahrt wird ohnehin meist längerfristig und sorgfältig geplant, das ist ja nicht mit einer Taxifahrt vergleichbar.“ Die Organisatoren und Veranstalter trügen ja die Mitverantwortung für das Wohlergehen von bis zu 50 Menschen im Bus, so Esser. „Manche wissen gar nicht, auf welche Risiken sie sich einlassen. Das wird vielen erst klar, wenn tatsächlich etwas passiert und der Schaden nicht durch Versicherungen abgedeckt ist“, warnt der Verbandsexperte.

Der Verband wirbt mit einem möglichen Schadenausgleich

Bei Gruppenfahrten sei immer sorgfältige Vorbereitung ratsam, sagt Esser. Anders als beim schnellen Klick bei Flixbus gebe es im Reisebüro oder bei Busunternehmen Beratung und auf Wunsch auch die Absicherung durch einen Veranstalter. Bei einer Pauschalreise, wo andere Leistungen wie die Übernachtung mit gebucht werden, hätten die Teilnehmer zudem berechtigte Ansprüche auf Schadenausgleich bei schlechter Leistung des Anbieters, zum Beispiel bei großen Verspätungen wegen einer Bus-Panne.

Bei Flixbus sieht man solche Kritik gelassen. Mit dem neuen Portal weite man die „gewinnbringende Zusammenarbeit“ mit Buspartnern aus, sagt Sprecherin Engert. Die Flixbus-Partner hätten so nun die Möglichkeit, freie Kapazitäten auch im Touristikmarkt anzubieten. Die Kooperation mit den 150 Busunternehmen laufe „auf Augenhöhe“, und die Intensivierung der Partnerschaften zu beiderseitigem Nutzen habe „absolute Priorität“.

Allerdings haben im letzten Jahr bereits einige Flixbus-Partner die Kooperation im Fernbusgeschäft beendet, unter anderem mit der Aussage, das Subunternehmer-Geschäft rentiere sich zu wenig. In einem RTL-Bericht wurde zudem dieser Tage einigen Flixbus-Partnern vorgeworfen, Lenkzeiten bei den Fahrern zu überschreiten, mit abgefahrenen Reifen unterwegs zu sein und so die Sicherheit von Fahrgästen zu gefährden. Die betroffenen Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück, die ein verdeckt recherchierender RTL-Journalist nach eigenen Fahrten als Fernbus-Fahrer erhoben hat.