Wird das Zuffenhausener Ferdinand-Porsche-Gymnasium bald nicht mehr so heißen? Eine neue Kommission soll Klarheit bringen.
Der Gemeinderat hat vergangene Woche den Weg für die Berufung einer Kommission freigemacht, die neue Kriterien für die Benennung von Straßen und anderen öffentlichen Einrichtungen erarbeitet. Der Beschluss sieht außerdem vor, dass das Expertengremium Handlungsempfehlungen vorlegen soll, wie mit umstrittenen bestehenden Benennungen umgegangen werden könnte.
Nach dem Willen des Linksbündnisses und der Puls-Gruppierung im Gemeinderat soll die Kommission nun zuallererst den Unternehmensgründer Ferdinand Porsche unter die Lupe nehmen. Linke und Puls sprechen in einem entsprechenden interfraktionellen Antrag von einem „Pilotprojekt“ für die Kommission.
Hintergrund des Vorstoßes ist der Streit um den Namen des Zuffenhausener Ferdinand-Porsche-Gymnasiums (FPGZ), der jüngst an Fahrt aufgenommen hat. Im vergangenen Jahr hatte anlässlich des Jahrestags der Novemberpogrome von 1938 eine Gruppe aus „Unterstützern der Stuttgarter Erinnerungskultur“ angesichts von Porsches Rolle während der NS-Diktatur für die „Rücknahme der Umbenennung des Gymnasiums Zuffenhausen“ protestiert.
„Rücknahme“ deshalb, weil die Schule in der Haldenrainstraße erst seit 1983 den Namen „Ferdinand-Porsche-Gymnasium Zuffenhausen“ trägt. Damals wurde das Gymnasium Stuttgart-Zuffenhausen auf Betreiben der Stadtspitze um Oberbürgermeister Manfred Rommel anlässlich ihres 25-Jahr-Jubiläums umbenannt. Wie Protokolle belegen, wohl gegen den Willen eines gewichtigen Teils der damaligen Schulgemeinschaft.
Mächtig Rückenwind hat das Ansinnen der Kritiker dann in diesem Frühjahr erhalten, als Manfred Grieger, Honorarprofessor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Göttingen und ehemaliger Chefhistoriker des VW-Konzerns, sich in Zuffenhausen zur Causa Ferdinand Porsche geäußert hat. Grieger gilt als Koryphäe im Bereich der Geschichte der Firma Volkswagen und damit auch der von Porsche.
Der Experte bescheinigt dem Ingenieur und Autokonstrukteur nicht nur in hohem Maße persönlich vom NS-Regime profitiert zu haben, sondern auch aktiv an dessen Stützung und an zahlreichen Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen zu sein. „Bei der Etablierung des ersten eigenständigen Konzentrationslagers in einem Industriebetrieb wirkte er mithin als Pionier“, so erklärt der Experte vergangenen März.
Weil die Schule, Lehrkräfte, Schüler, Eltern und auch Teile des Zuffenhausener Bezirksbeirats 1983 bei der Suche eines neuen Namens für das Gymnasium übergangen wurden, fordert das Linksbündnis und die Puls-Gruppierung, an einer Aufarbeitung der seinerzeit umstrittenen Umbenennung jetzt auch diese zu beteiligen.
Mit der Berufung einer beratenden Kommission für Straßennamen, bestehend aus Experten des Stadtarchivs Stuttgart, des Museumsprogramms Outreach Berlin sowie der Universitäten Stuttgart, Tübingen und München, folgt das Kulturamt diversen Gemeinderatsanträgen der Vergangenheit. Ähnliche Gremien bestehen bereits in Städten wie Freiburg, Tübingen, München, Frankfurt oder Hamburg.