Ein Fellbacher steht wegen Volksverhetzung vor Gericht. Foto:  

Ein Kirchenmitarbeiter hat rechtsradikale Botschaften in eine Infobox gesteckt, die im Gotteshaus aufgestellt war. Der Fellbacher musste sich nun wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht Waiblingen verantworten.

Waiblingen/Fellbach - Da haben die Kirchengemeinderäte nicht schlecht gestaunt, als sie die Karten aus der von ihnen aufgestellten Infobox auswerteten. Eigentlich wollten sie von den Kirchenbesuchern wissen, was sie sich für Verbesserungen wünschen. Doch auf einer Vielzahl der Karten standen rechtsradikale Botschaften wie „Endlösung in der Asylantenfrage“ oder „Flüchtlinge sind Terroristen“.

Geschrieben hatte die wüsten Beschimpfungen ein Mesner aus der katholischen Kirchengemeinde in Fellbach. Der 25-Jährige musste sich nun wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht Waiblingen verantworten. Der junge Mann hatte von Anfang an zugegeben, dass er der Urheber der Botschaften gewesen ist. „Heute würde ich solche Formulierungen nicht mehr verwenden, ich hatte mich in die Situation hineingesteigert“, sagte er.

Die wüsten Beleidigungen richten sich auch gegen zwei Kirchengemeinderäte

Auf den Karten standen aber auch Beleidigungen, die sich gezielt gegen zwei Kirchengemeinderäte richteten. Der Angeklagte titulierte einen von ihnen unter anderem als „Terrorhelfer“ und „Asylantenlobbyist“. Der Ehrenamtliche stellte daraufhin Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung gegen Unbekannt. Die Staatsanwaltschaft klagte den Mesner sogar wegen Volksverhetzung an.

Es hatte nicht lange gedauert, bis der Verdacht auf den Angeklagten fiel. Der hatte seine Handschrift nämlich nicht verstellt. „Ich wollte gezielt den beiden Kirchengemeinderäten meine Haltung mitteilen“, begründete der Fellbacher seine Tat. Für ihn sei es der einfachere Weg gewesen, als die beiden Männer anzusprechen und mit ihnen zu diskutieren. „Wir haben große theologische Differenzen“, erklärte er.

Der 55-jährige Ehrenamtliche, der den Mesner angezeigt hatte, wurde als Zeuge vernommen. Richterin Dotzauer wollte von ihm wissen, warum der Vorfall nicht intern in der Kirche geklärt wurde. Das sei nicht so einfach gewesen, sagte dieser. Es habe im Vorfeld mehrmals Schwierigkeiten mit dem Angeklagten gegeben. Doch der Pfarrer habe sich immer wieder schützend vor ihn gestellt. Der Geistliche selbst hatte bei der Polizei nicht ausgesagt. „Er hat sich auf sein Beichtgeheimnis berufen“, teilte Richterin Dotzauer mit.

Immer wieder gibt es Konflikte mit dem Angeklagten

Der Zeuge schilderte, wie er vor längerer Zeit auf Facebook einen satirischen Beitrag über einen langweiligen Kirchenbesuch gepostet, diesen aber nur Freunden zugänglich gemacht hatte. „Dann erfuhr ich, dass der Mesner durch Fellbach gezogen war und Ausdrucke von der Satire Passanten in die Hand gedrückt hatte mit dem Kommentar, was für ein schlimmer Mensch ich sei.“

Die Staatsanwältin wollte genau wissen, wie die Infobox ausgesehen hatte. Als klar war, dass der Behälter aus Plexiglas an den Seiten abgeklebt und durch ein Zahlenschloss gesichert war, konnte der Tatbestand der Volksverhetzung nicht mehr aufrechterhalten werden, da die Botschaften nicht an die Öffentlichkeit kamen. Weil der Zeuge zudem eine Entschuldigung des Angeklagten akzeptierte, stellte Richterin Dotzauer das Verfahren gegen eine Arbeitsauflage ein. „In der Demokratie müssen wir uns unterhalten und keine Infoboxen aufstellen“, sagte sie.

Der Fellbacher muss nun 60 gemeinnützigen Stunden in einer Behinderteneinrichtung ableisten. Ebenso muss er sich beruflich umorientieren. Nach dem Vorfall im Herbst vergangenen Jahres hatte er seine Stelle als Mesner, die er mit dem Ziel angetreten hatte, katholischer Priester zu werden, verloren. Momentan arbeitet er als Verkäufer.