Beim Rebstockfestival bereits erfolgreich getestet: Absperrpoller auf dem Guntram-Palm-Platz vor der Schwabenlandhalle Fellbach. Foto: Feel GmbH

Fellbach kauft für 250 000 Euro Überfahrrampen und Wasser-Container, damit Täter mit Fahrzeugen nicht auf Festareale gelangen können. Ausleihe an andere Kommunen möglich.

Der Anblick hebt zwar nicht die Stimmung bei derartigen, eigentlich fröhlichen Ereignissen, aber er ist unvermeidlich und hilft im Extremfall, Leben zu retten. Fast alle größeren Feste auch im Rems-Murr-Kreis haben in den vergangenen Wochen und Monaten die Zufahrten zu den Events mit Betonquadern oder Pollern versperrt.

 

Erstmals bei einem größeren Ereignis auffällig war dies beim Ostermarkt Anfang April in Waiblingen. An diversen Straßen zum Festgelände, etwa an der großen Kreuzung am Alten Postplatz vor dem Hügel zur Querspange, waren riesige, in schwarzes Plastik gehüllte Quader voller Wasser platziert. Weiter oben, am Stadtgraben bei der Schmidener Straße, versperrte ein Lastwagen des Bauhofs die Zufahrt. Auch das Waiblinger Altstadtfest an diesem Wochenende wird mit Sicherheit entsprechend gesichert sein.

Betonpoller am Kulinarischen Weinweg

Ähnlich war es vor drei Wochen beim Kulinarischen Weinweg rund um die Yburg Stetten. Zwar waren hier die Betonpoller deutlich niedriger, wären aber ebenfalls unüberwindbar gewesen für potenzielle Attentäter.

Auch in Fellbach waren beim Rebstock-Festival und bei der Fiesta International auf dem Guntram-Palm-Platz vor der Schwabenlandhalle große Quader platziert – und sind es am Bereich nahe der Stadtbahngleise immer noch, um bei folgenden Veranstaltungen Sicherheit zu gewährleisten.

Dies gilt aktuell mit Blick auf die am 3. Juli beginnende donnerstägliche Reihe „Live im Park“ der Stadtwerke Fellbach mit bis zu 3000 Besuchern oder den Fellbacher Herbst am zweiten Oktober-Wochenende oder beim Weihnachtsmarkt im Dezember. Und auch der Schmidener Sommer vom 11. bis zum 13. Juli mit der Feier zum 800-jährigen Bestehen des heutigen Fellbacher Stadtteils muss gesichert werden.

Schon beim Fellbacher Maikäferfest blockierten Mini-Laster die Zufahrt – hier ein Fahrzeug eines Gärtnereibetriebs. Foto: Eva Schäfer

Wie virulent dieses Thema ist, wurde in der jüngsten Sitzung des Fellbacher Gemeinderats offenkundig. Die Verwaltung erinnerte daran, dass im zurückliegenden Jahr in Deutschland und Europa „gehäuft vorsätzliche Taten mit Fahrzeugen zu beklagen waren, die anlässlich von Großveranstaltungen oder auch im Alltag viele Verletzte und leider auch mehrere Todesopfer forderten.“

Ein Ernst zu nehmender Risikofaktor

Für die Fellbacher Verwaltung ein klares Indiz: „Dies zeigt, dass die bisher rein theoretische Gefährdung von Veranstaltungen durch das vorsätzliche Eindringen von Fahrzeugen auf das Veranstaltungsgelände mittlerweile als ernst zu nehmender Risikofaktor zu berücksichtigen ist.“

Absperrung durch wassergefüllte Container neben der Musikschule Fellbach Foto: Feel GmbH

Die Oberbürgermeisterin Gabriele Zull sagte zu Beginn der Sitzung: „Vor ein paar Jahren hätte man sich über diese Themen noch keine Gedanken gemacht.“ Aber „dass Fahrzeuge in Menschenmengen reinfahren, gehört mittlerweile zur Gefahrenlage.“ Fellbacher Großveranstaltungen sollen deshalb künftig „gegen das Grundrisiko ,eindringende externe Fahrzeuge’ abgesichert werden“, wie es die Verwaltung formuliert.

Fellbachs Erster Bürgermeister Johannes Berner erklärte, es gebe ein „signifikant gestiegenes Risiko, dass vor allem Veranstaltungen mit Ausstrahlwirkung von solchen Attentaten heimgesucht werden“. Die Zusage des im Rathaus fürs Thema Sicherheit zuständigen Dezernenten: „Wir begegnen dem maßvoll, aber professionell.“ Man werde aber „nicht jede Veranstaltung schützen können, da spielt auch die jeweilige Personenzahl eine Rolle“.

Weil bundesweit „der Markt an Schutzmaterial wirbelt“, wie Berner es ausdrückt, und somit für die diversen Events sehr hohe Mietkosten anfallen würden, habe man sich entschlossen, „dass wir die Anlagen selbst anschaffen“.

Stadt gibt eine Viertelmillion aus

Konkret beschlossen wurde durch das einstimmige Votum des Gremiums, dass die Stadt Fellbach einen Grundbestand an Schutzvorrichtungen kauft, also „Absperrpoller sowie öffenbare Durchlasseinrichtungen“. Die Investitionskosten hierfür liegen bei circa 250 000 Euro.

Mit dem Betrieb dieser Schutzeinrichtungen wurde die Fellbacher Event & Location GmbH (Feel) beauftragt, die in Fellbach die Schwabenlandhalle betreibt und die öffentlichen Feste organisiert und nach Berners Angaben auch beim Sicherheitsthema „die nötige Kompetenz besitzt“.

Andreas Dietmann, Prokurist und Technischer Gesamtleiter der Feel-Gesellschaft, stellte in der Sitzung die anvisierten zertifizierten technischen Zufahrtssperren „für unbeschwerte und sichere Veranstaltungen“ vor.

So werden 18 statische Poller für die Fuß- und Radwege gekauft. Öffentliche Durchfahrtssperren etwa für die Rettungszufahrten haben Überfahrrampen mit einem Mechanismus, der die Sperrvorrichtung hoch und runterklappen lässt – hier sind drei mal zwei Stück vorgesehen. Am auffälligsten sind die großen, mit Wasser befüllten und mit einer schwarzen Folie umhüllten Kunststoff-Container (Fachbegriff: Indutainer IBC Tanks); von diesen Tanks sind in Fellbach bereits 40 Stück vorhanden.

Vereine müssen nichts zahlen

Festgelegt wurde zudem, dass Fellbacher Vereine oder gemeinnützige Institutionen die Schutzvorrichtungen jeweils mietfrei für Veranstaltungen im Stadtgebiet erhalten. Es dürfe nicht sein, dass Vereinsfeste wegen derartiger Vorkehrungen aus wirtschaftlichen Gründen abgesagt werden müssten, so der Tenor in Gremium und Verwaltung.

Im Übrigen wurde die Feel Gesellschaft ermächtigt, die Schutzeinrichtungen „gegen ein marktübliches Entgelt“ zur Verfügung zu stellen – gedacht ist hierbei vor allem im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit an andere Städte und Gemeinden, und zwar nicht nur im Remstal.