Im Verkehrsausschuss des Gemeinderats entwickelte sich rasch eine hitzige Diskussion über Tempolimits. Foto:  

Ein großer Rundumschlag über die Verkehrsentwicklung endet wieder beim Lieblings-Streitthema der Stadträte.

Fellbach - Tempo 30 auf den Durchgangsstraßen in Fellbach, das ist für die einen der verkehrspolitische Durchbruch, für andere ein Rotes Tuch. Das zeigte sich einmal wieder im Verkehrsausschuss des Gemeinderats am Donnerstag. Im wohlklimatisierten kleinen Sitzungssaal berichtete die Planungsamtsleiterin Barbara Neumann-Landwehr über den aktuellen Sachstand von ein paar Dutzend Vorhaben aus dem Verkehrsentwicklungsplan, „superviele Projekte, aber wir sind in vielen Dingen schon weiter gekommen“. Dennoch entwickelte sich rasch eine hitzige Diskussion über Tempolimits.

Unfallträchtige Gemengelage

Vor allem für die nördliche Bahnhofstraße gilt Tempo 30 als Voraussetzung, um die unfallträchtige Gemengelage von Radfahrern, Fußgängern, parkenden Autos, Werbeschildern und Mülltonnen zu entschärfen. Radfahrer sollen auf der Fahrbahn fahren. Demnächst will die Stadtverwaltung mit Anwohnern und Einzelhändlern vor Ort einen Stadtspaziergang machen, um nach Defiziten und Verbesserungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.

„Tempo 30 ist eine Frage der Ruhe“

Immerhin kann die Stadtverwaltung in der nördlichen Bahnhofstraße ein Tempolimit selbst festsetzen, wenn es dem Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen dient, sagte der Leiter des Ordnungsamts Werner Rögele. Im Fall der Rommelshauser Straße und der Burgstraße, wo ebenfalls Wünsche nach Tempolimits geäußert wurden, muss die Stadt das Regierungspräsidium fragen. „Tempo 30 ist eine Frage der Ruhe“, sagte der CDU-Stadtrat Erich Theile, der in der Bahnhofstraße wohnt. Die SPD-Stadträtin Ulrike Dreßler-Uetz monierte, dass auch die Oeffinger Straße in Schmiden und die Hauptstraße in Oeffingen seit Jahren ein Thema seien. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Agata Ilmurzynska berichtete von einer an der Hauptstraße wohnenden Familie, die den Lärm schrecklich finde. Der FW/FD-Stadtrat Rainer Seeger, der auch an der Hauptstraße wohnt, meinte dagegen, bis auf gelegentliche Raser sei es auszuhalten. Insgesamt könne seine Fraktion Tempo 30 in den Durchgangsstraßen „nicht so euphorisch mittragen“.

Für den AfD-Stadtrat Heiner Merz ist die Tempo-30-Diskussion sowieso ideologisch motiviert: „Es gibt bessere Mittel, als den Verkehr zu bremsen.“ Das Problem seien tatsächlich „die vier bis fünf Idioten in der Nacht“, die mit ihren röhrenden Maschinen die Sau raus lassen. Klaus Auer, der Leiter des Fellbacher Polizeireviers, hinterfragte generell die Wirkung von Tempo 30 auf die Lärmwerte: „Das wird nicht gemessen, sondern theoretisch errechnet.“ Verkehrslärm sei von vielen Faktoren abhängig. Der CDU-Stadtrat Jörg Schiller dagegen warb auch im Interesse der Einzelhändler und Anwohner für Tempo 30 in der Bahnhofstraße: „Das nimmt das Tempo raus und beruhigt das Verkehrsgeschehen“, für die Aufenthaltsqualität sei das gut.

Tempo 30 in der nördlichen Bahnhofstraße als Versuch?

Nicht so ganz überzeugt zeigt sich der Erste Bürgermeister Günter Geyer. „Es ist Abwägungssache“, sagte er. Werner Rögele erinnerte daran, dass Tempolimits auch kontrolliert werden müssten, dazu brauche die Stadt Personal. Möglicherweise könnte die Stadt mit Tempo 30 in der nördlichen Bahnhofstraße einen Versuch starten. Rainer Seeger platzte angesichts dieser Perspektive der Kragen: „Die Feuerwehrleute fahren ehrenamtlich mit Privatauto zum Feuerwehrhaus“, polterte der Stadtbrandmeister, in einer Nachbarkommune seien sechs Kameraden geblitzt worden, die jetzt mit Fahrverbot rechnen müssten. „Das interessiert in solchen Gremien keinen“, schimpfte Seeger, aber es gebe auch vorgegebene Ausrückzeiten. „Das betrifft alle Blaulichtfraktionen“, ergänzte Auer.

Mit einer weisen Mahnung meldete sich daraufhin FW/FD-Stadtrat Martin Tete zu Wort: „Wenn das Rathaus brennt und die Feuerwehrleute schleichen zum Dienst, ist das nicht gut.“