Eine Umstellung der Straßennamen ist nicht gewünscht. Foto: Patricia Sigerist

Bei einer Info-Veranstaltung haben Fellbacher Bürger über Straßennamen rund um Heinkel und Hindenburg diskutiert. Die Mehrzahl spricht sich aus Kostengründen gegen eine Umbenennung aus.

Fellbach - Natürlich würde er lieber in der „Mutter-Teresa-Straße“ wohnen, sagte Stefan Schwarz, der in der Hindenburgstraße lebt, und er wundere sich über die offensichtlich klare Mehrheit im Gemeinderat dagegen ist, die Straßen neu zu bezeichnen. „Aber wenn die Mehrheit will, dass es so bleibt, füge ich mich.“ Anwohner, Räte und Verwaltung sprachen am Montag in der Oeffinger Turn- und Festhalle über Paul von Hindenburg, Ernst Heinkel und August Lämmle sowie über Pro und Kontra einer Umbenennung der Straßen mit ihren Namen.

Dieter Keller vom DGB Ortsverband Fellbach, der die öffentliche Diskussion um die Straßennamen angeregt hatte, bat, die „unsäglichen Namen aus unserem Stadtbild zu tilgen“. Dem Ansehen Fellbachs als weltoffene Stadt käme es zugute, wenn auf diese Weise nicht Vertreter eines menschenverachtenden Systems geehrt würden. „Ehre wem Ehre gebührt, die Sonne wird auch über die neu benannten Straßen scheinen, aber der braune Schatten ist weg.“

Die Entscheidung wird im Gemeinderat gefällt

Die Entscheidung, ob die Hindenburgstraße und die Ernst-Heinkel-Straße einen anderen Namen bekommen, wird in der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 14. April, fallen. Zuvor durften die Betroffenen reden, und die Bürgervertreter hörten zu. Es gehe um neue Aspekte, die eine Entscheidung auf fundierter Basis ermöglichten, sagte Oberbürgermeister Christoph Palm.

Gut 80 Interessierte kamen nach Oeffingen, und alle waren sich einig, dass die drei Namensgeber nicht als Vorbilder taugen. Über die Konsequenzen wurde lebhaft diskutiert. Beim Mundartdichter August Lämmle, den Stadtarchivar Ralf Beckmann einen „naiven Mitläufer“ nannte, zeichnete sich rasch ab, dass seine Bedeutung als gering eingeschätzt wurde. Die Straße, die ihren Namen 1968 erhielt, umzubenennen, sei fast zu viel der Ehre, sagte der Oeffinger Konrad Pflug von der Landeszentrale für politische Bildung, der als Sprecher derjenigen auftrat, die die alten Namen belassen wollen, weil auf diese Weise die warnende Erinnerung an das dunkle Kapitel der deutschen Vergangenheit lebendig bleibe. „Die Straßennamen stehen auch für 70 Jahre Nachkriegsgeschichte.“

Ernst Heinkel sei Profiteur der Aufrüstung gewesen

Beckmann zitierte aus der Biografie des Historikers Wolfgang Pyta von 2007 über Hindenburg , die zeige, dass hier kein „alter Mann als Spielball der Geschichte“ auftrat, sondern „ein zielgerichteter und herrschaftsbewusster Militär und Politiker“. Hindenburg habe entsprechend seiner politischen Haltung, die Nationalsozialisten installiert und bis zum Tod deren Tun gutgeheißen, so sein Fazit. Der Unternehmer Ernst Heinkel sei Profiteur der Aufrüstung gewesen und schuld am Tod von hunderten KZ-Häftlingen. „Er betrieb Hitlers Vernichtung durch Arbeit mit gehöriger persönlicher Skrupellosigkeit.“ Später habe Heinkel alles abgestritten, sei sogar als Gegner der Nationalsozialisten eingestuft worden und in der Wirtschaftswunderzeit hoch angesehen gewesen. Sind eine Hindenburgstraße oder eine Ernst-Heinkel-Straße also ein Zeichen einer ehrlichen Erinnerungskultur? Bedeuten sie, dass wir zu unseren Irrtümern stehen? Sind andere Bezeichnungen nur oberflächliche Retusche, oder ein Signal, dass wir aus der Geschichte gelernt haben? Das waren die Fragen, die sich die Bürger stellten. Aber die Kosten einer geänderten Adresse fürchteten die Anwohner. Etwa 3000 Euro werde jeden eine Umstellung kosten, erklärten betroffene Firmeninhaber. Diese Aspekte sehe er, sagte OB Palm. „Aber sie stehen für mich nicht im Vordergrund.“

Sie habe nicht gewusst, wer Heinkel war, bevor sie in die Straße gezogen sei, sagte Sandra Dillinger. „Ich habe im Internet nachgeschaut. Ich identifiziere mich nicht mit dem Namen, möchte ihn aber gerne belassen.“ Finanzielle Gründe spielten dafür eine Rolle. Außerdem könne es in einer Stadt auch nicht nur Straßen mit Blümchennamen geben. Gerhard Moosmann, Anwohner in der Hindenburgstraße, sieht Straßennamen „prinzipiell als Erinnerungen an Zeitgeschichte“. Für einen seiner Nachbarn indes wären neue Namen ein Signal für eine „Ausrichtung auf Frieden“, die er mit Hinweisen auf die alten Namen dokumentieren würde.

Das Fazit von Ulrich Lenk (FW/FD) war, „dass wir die Straßen heute nicht mehr so benennen würden“, aber er sei „ausgesprochen zurückhaltend“, wenn es um eine Umbenennung gehe. Hans-Ulrich Spieth (CDU) wollte keinen „Schildersturm“. Harald Raß (SPD) hätte eine „Reihe von Gründen“ für andere Namen, warnte aber, dass Anwohner gegen Abwägungsfehler im Gemeinderat klagen könnten.