Viele Wengerter haben darauf verzichtet, Trauben für Eiswein hängen zu lassen. Foto: dpa

Das warme Wetter macht den Wengertern beim Eiswein einen Strich durch die Rechnung. Dafür gibt es nach Jahren wieder eine Trockenbeerenauslese.

Fellbach - Ohne seherische Fähigkeiten zu besitzen, haben die Fellbacher Weingärtner im Herbst keine Trauben für den Eiswein an den Reben hängen lassen. Eine glückliche Entscheidung, wie sich jetzt herausstellt. Eiswein kann erst bei Temperaturen von mindestens minus 7 Grad Celsius gelesen werden – davon ist das Wetter momentan weit entfernt.

Andere Wengerter haben den Versuch gewagt – und sind gescheitert. Das Strümpfelbacher Weingut Kuhnle hat beispielsweise die für den Eiswein vorgesehenen Trauben am Montag vom Stock genommen. Die Kälteperiode Anfang Dezember mit minus 4 bis minus 5 Grad hatte für eine Ernte nicht ausgereicht.

Fellbacher Weingärtner haben sich gegen Eiswein entschieden

Thomas Seibold, der Vorstandsvorsitzende der Fellbacher Weingärtner, ist froh, dass er sich frühzeitig gegen den Eiswein entschieden hat: „Die Ernte 2013 war sowieso nicht so üppig, da konnten wir diese Trauben gut gebrauchen.“ In den vergangenen Jahren waren stets kleine Flächen mit den Sorten Spätburgunder und Riesling für den Eiswein reserviert. Dieses Mal hat man darauf verzichtet, auch weil zum Ende der Ernte die Stiele der Trauben nicht mehr so stabil waren. Stattdessen wurden eingeschrumpelte Beeren bei der Lese ausgezupft und diese für eine Trockenbeerenauslese verwendet. „Das ist eigentlich die Krone der Weinschöpfung und viel mühsamer, als Eiswein zu machen“, sagt Seibold.

So sieht es auch Rainer Schnaitmann. „Für mich bleibt Eiswein ein Zufallsprodukt“, sagt der Chef vom gleichnamigen Weingut. Eine Trockenbeerenauslese sei viel spannender. Und so freut es ihn, dass dies erstmals seit dem Jahr 2005 wieder möglich war. „Mit 40 Leuten haben wir im Weinberg gestanden und die ausgewählten Beeren in extra Eimern gesammelt“, sagt Schnaitmann. Schlussendlich habe man rund 120 Liter solcher Beeren aussortiert.

Eine Trockenbeerenauslese wird aus Trauben gekeltert, die an der Rebe von Grauschimmelfäule, der so genannten Botrytis cinerea, befallen wurden. Der Pilz ruft im Herbst besonders bei Nebel und feuchtwarmem Wetter die so genannte Edelfäule hervor. Durch den Pilzbefall wird die Haut der Trauben durchlässig, so dass sie austrocknen können, wodurch der Zucker auf natürliche Weise stark konzentriert wird.

Optimale Bedingungen für eine Trockenbeerenauslese

Auch das Weingut Aldinger hat dieses Jahr keine Trauben für die Eisweinerzeugung stehen lassen. „Wegen des nassen Wetters hatten wir sowieso schon viele faulige Beeren“, sagt Matthias Aldinger. Dafür kam dem Kellermeister aber eine Seltenheit zu pass: Die Rieslingtrauben waren ausschließlich und in hohem Ausmaß mit dem Botrytis-Pilz befallen – optimale Bedingungen für eine Trockenbeerenauslese.

Beim Weingut Rienth hat Eiswein Tradition. Trotzdem hat man sich dieses Jahr dagegen entschieden. „Das Risiko war uns einfach zu hoch, weil die Struktur der Beeren nicht optimal war“, erklärt der Junior-Chef Markus Rienth. „Es ist jedes Jahr ein Lotteriespiel.“

Das Weingut Heid hat in Sachen Eiswein bereits im November die Reißleine gezogen. „Mir war das Risiko zu hoch, weil die Ernte sowieso schon relativ klein ausgefallen ist“, sagt Markus Heid.