Kerngesund und zuckersüß: Die Lese hat schon längst begonnen. Foto: Patricia Sigerist

Die drei Fellbacher Weingüter Aldinger, Heid und Schnaitmann sind bei der Ernte der Trauben bereits vorgeprescht. In dieser Woche steigen aber auch Johannes Bauerle, Markus Rienth und die Fellbacher Weingärtner in die Lese 2018 ein.

Fellbach - Es kommt Leben in die Weinberge. Schlepper und kleine Transporter stehen auf den Wegen am Kappelberg. Die Rebstöcke hängen prall voll, die Trauben sind goldgelb und tief blau gefärbt. Dass die Lese-Teams ausströmen, ist in den letzten Augusttagen ein eher ungewöhnliches Bild. Die Helfer sind morgens schon früh unterwegs. Teils zücken die Teams bereits um 7 Uhr die Rebschere und hören um die Mittagszeit mit ihrer Arbeit auf. Dann wird es nämlich zu warm – Temperaturen über 30 Grad tun dem Lesegut nicht gut.

Er ist mit dem Ergebnis der Ernte bisher mehr als zufrieden

Beim Weingut Aldinger begann die Lese dieses Jahr schon am 21. August. „So früh wie noch nie“, sagt Junior Matthias Aldinger, der in den Annalen nachgeschaut hat. Er ist mit dem Ergebnis der Ernte bisher mehr als zufrieden. Begonnen hatte sie mit der Sektgrundweinlese in Untertürkheim. „Für Sekt brauchen wir Trauben mit mehr Säure und weniger Zucker“, erklärt er

Das könnte ein „kurzer, knackiger Herbst“ werden, prophezeit Markus Rienth vom gleichnamigen Weingut im Fellbacher Hasentanz. Er beginnt an diesem Montag mit der Lese und will in den nächsten Tagen unter anderem Rivaner und Spätburgunder ernten, eventuell auch schon die ersten Riesling-Trauben. Auch Johannes Bauerle hat letzte Woche alles für die Lese vorbereitet und will an diesem Montag starten. Der Sommer sei intensiv gewesen, sagt er, das Potenzial der Trauben sehr gut.

Die drei Fellbacher Renommierweingüter Aldinger, Heid und Schnaitmann haben den Anfang bei der Weinlese gemacht – auch weil die Entwicklung der Säure und das Aroma letztlich wichtiger sind als hohe Oechslegrade. Markus Heid etwa hat am Freitag Grauburgunder gelesen, der schon weit über 90 Oechsle hatte. „Die Beeren haben dieses Jahr eine Farbe, wie wir sie normalerweise vom Spätburgunder kennen“, sagt er und zeigt einen Trauben mit weißen und roten Beeren. „Da hat er Stock durch den Klimawandel umgeschwenkt“, lautet seine Erklärung.

Auch in Kernen kommt die Weinlese jetzt richtig in Schwung

Rainer Schnaitmann hat seine Lesemannschaft ebenfalls noch im August einbestellt. Er reagiert auf die hohen Temperaturen nicht nur durch veränderte Lesezeiten in den Morgenstunden, sondern hat sich einen Kühlcontainer besorgt. Der steht im Weinberg, so dass die gelesenen Trauben direkt vor Ort ins Schutzklima kommen – und bei der Anlieferung im Weingut nicht mehr so warm sind.

Entspannt ist Tom Seibold, der Vorstandsvorsitzende der Fellbacher Weingärtner. „Die Trauben sind top-gesund“, sagt er. Am Dienstag beginnt die Genossenschaft mit der Lese 2018. Acolon, Dorn-felder und Portugieser werden am Dienstag und Mittwoch in der Kelter angenommen. Und gelesen werden auch die Trauben, aus denen der erste „Neue Süße“ für das traditionelle Weinerlebnis am Kappelberg am kommenden Wochenende gemacht wird Tom Seibold will nicht den Superlativ vom „frühesten Lesebeginn aller Zeiten“ strapazieren. Er erinnert an das Jahr 2011.„Damals sind wir auch am 12. September schon in die Weinlese gestartet“, sagt er und vergleicht: „Wenn wir in der kommenden Woche, nach dem Weinerlebnis, dann auch richtig durchstarten, sind wir vom 2011er Datum nicht mehr allzu weit entfernt.“ Seine Devise lautet: „Wir hetzen nicht.“ Trotzdem sei das Weinjahr 2018 singulär. „Die Trockenheit hat die Beerenhaut robuster gemacht“, beobachtet Thomas Seibold. Der Zustand der Trauben und die Oechslegrade seien „absolut überzeugend und erfreulich“, sagt er.

Es gebe keinerlei Grund zur Klage oder Besorgnis – „wenn das Wetter jetzt nicht verrückt spielt.“ Die Fellbacher Weingärtner rechnen damit, dass die Lese wahrscheinlich vor dem Fellbacher Herbst abgeschlossen sein wird. „Aber dieses Jahr findet Erntedank ja auch am spätestmög-lichen Datum statt“, relativiert Seibold. Auch in Kernen kommt die Weinlese jetzt richtig in Schwung. Zum Beispiel beim VDP-Weingut Karl Haidle, hier wird ähnlich wie bei Aldinger in Fellbach schon seit der vorletzten Augustwoche gelesen. Auch beim Stettener Aushängeschild wurden in den Rebhängen zunächst die ersten Sorten für den Sektgrundwein geholt. Bald komme der Riesling dran, freut sich Junior Moritz Haidle. Im Weingut Jochen Beurer startet die Lese diese Woche, wie bei vielen anderen Betrieben im Remstal.