Frauke Hunfeld, Alexander Kauschanski und Max Avdeev gewinnen mit „Das Lager“
Hansel Mieth, aufgewachsen in Fellbach, kämpfte zeitlebens für soziale Gerechtigkeit – als Fotografin, Journalistin und mutige Stimme gegen gesellschaftliche Missstände. Die 1909 geborene und später in die USA emigrierte Reporterin arbeitete unter anderem für das renommierte Magazin Life und wurde für ihr Engagement und ihre eindrücklichen Bildreportagen bekannt. Ihr zu Ehren vergibt die Agentur Zeitenspiegel Reportagen seit vielen Jahren den Hansel-Mieth-Preis – eine Auszeichnung für journalistische Arbeiten, die mit Text und Bild Missstände sichtbar machen und dabei Haltung zeigen. Durch die Verbundenheit zu Fellbach kam es, dass die Preisverleihung regelmäßig im Fellbacher Rathaus stattfindet und auch in diesem Jahr war Hausherrin Gabriele Zull gerne Gastgeberin der feierlichen Veranstaltung.
Der Hansel-Mieth-Preis 2025 geht an Frauke Hunfeld und Alexander Kauschanski für den Text sowie an Max Avdeev für die Fotos der Reportage „Das Lager“, erschienen im Spiegel. Die Autoren dokumentieren eindrucksvoll die Zustände in Deutschlands größter Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Tegel – einem Ort, an dem Tausende Geflüchtete unter schwierigen, oft menschenunwürdigen Bedingungen leben. Gleichzeitig zeigt die Reportage auf, wie sich rund um diese humanitäre Notlage ein profitables Geschäftsmodell für verschiedene Firmen entwickelt hat. Dass beispielsweise mit den Kosten, die pro Tag und pro Bewohner in manchen Phasen angefallen waren, die Menschen auch in Luxusunterkünften wohnen könnten, entlockte den Gästen mitunter heftiges Kopfschütteln der Verwunderung.
Durch den Abend der Preisverleihung führte SWR-Moderator Jochen Stöckle. Die Festrede hielt Spiegel-Reporter und langjähriges Jurymitglied Alexander Smoltczyk. Mit seiner amüsanten Betrachtung der sich entwickelnden KI machte er am Ende auch noch der schreibenden Zunft Hoffnung, dass nicht alles durch Maschinen ersetzt werden kann, denn der Kern von Reportagen sei „sich von der Wirklichkeit überraschen zu lassen“. Ob die Liedfolge für den Abend wirklich von einer KI erstellt wurde, ließen die Künstler Eva Laticia (Gesang) und Dany (Gitarre) schmunzelnd im Unklaren.
Die Laudatio übernahm Gesa Gottschalk (GEO). Ihre Worte klangen wie eine kleine Reportage über die Klausur der Jury und die Ermittlung der Sieger. In der Begründung der Jury hieß es: „Die Tiefe der Recherche hat uns beeindruckt“, so Gottschalk. Besonders lebendig werde die Reportage durch Begriffe wie „Schlafwaben“, die beim Lesen ein eindringliches Bild der Zustände im Lager entstehen lassen. „Wer den Text liest, merkt, wie wir mit Menschen umgehen, die unsere Hilfe brauchen“, sagte Gottschalk weiter. Die Reportage ist unter www.zeitenspiegel.de nachzulesen.
Preisträgerin Frauke Hunfeld sagte zur Motivation für die Recherche: „Man sieht es (das Lager) nicht, aber man bekommt es mit. Und wir wollten mal ganz genau hinsehen.“
„Herzlichen Glückwunsch zu diesem Preis. Ein Preis, der die engagierte, mutige und für unser Zusammenleben auf diesem Planeten so wichtige Arbeit der Journalistinnen und Journalisten auszeichnet“, sagte Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull. Sie gratulierte auch allen weiteren Reportern, deren Beiträge in das diesjährige Hansel-Mieth-Preis-Jahrbuch aufgenommen wurden – einer Sammlung lebendiger Reportagen, die seit 25 Jahren ein Stück Zeitgeschichte dokumentiert.
Der Hansel-Mieth-Preis ist mit 6.000 Euro dotiert. Er zeichnet jeweils den vollständigen Beitrag aus – Text und Fotos werden dabei gleichwertig beurteilt. Ausschlaggebend sind neben der handwerklichen Qualität vor allem gesellschaftliche Relevanz und persönliches Engagement.
Abschließend dankte Oberbürgermeisterin Zull den Preisträgern und Zeitenspiegel Reportagen für ihren traditionellen Besuch an einer Fellbacher Schule: „Der direkte Austausch mit Schülerinnen und Schülern über journalistische Arbeit und Recherchen ist ein wertvoller Beitrag zur politischen Bildung.“
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