Ob Christ oder Muslim, ob Bibel oder Koran – Aiman Mazyek plädiert für ein friedliches Miteinander. Foto: Godong

Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, warnt vor Stigmatisierung. Intelligent und souverän stellte er sich den Fragen des Fellbacher Publikums.

Fellbach - Keine Frage, der Islam ist in aller Munde. Und das nicht erst seit dem Terroranschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris. „In der öffentlichen Debatte wird seit dem 11. September 2001 nicht mehr die Trennschärfe zwischen dem friedfertigen Islam und dem Extremismus gewahrt“, sagt Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD). Und das habe Folgen: „Die Muslime leiden, weil sie sich unter Generalverdacht gestellt sehen.“

Aiman Mazyek. Foto: Sascha Sauer
Nicht nur Mazyek weiß, dass dies nicht förderlich für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland ist. Es gibt also Gesprächsbedarf, deshalb war er am Montag auch der Einladung der Evangelischen Kirchengemeinde Fellbach ins Paul-Gerhardt-Haus gefolgt. „Gespräche wie heute bringen die Leute zusammen“, sagte Mazyek. Sozialen Kitt, nennt er das.

Der Referent betont, dass die Auseinandersetzung mit dem Islam kein neues Phänomen in Deutschland ist

Fast 200 Zuhörer folgten seinem Vortrag unter dem Thema „Gefährdete Freiheit? Islam und Islamismus“. Der Referent betonte, dass die Auseinandersetzung mit dem Islam kein neues Phänomen in Deutschland sei. Schon Goethe hatte in seiner Gedichtsammlung „ West-östlicher Diwan“ vom Orient berichtet. „Seine Lyrik ist gekennzeichnet vom gegenseitigen Respekt der Religionen“, sagte Mazyek.

Anschläge wie in Paris schüren aber das Misstrauen zwischen Christen und Muslimen. „Die Extremisten wollen damit einen Keil zwischen die Religionen und Menschen schieben“, erklärte Mazyek. Man dürfe sich aber nicht auf Scharlatane und Heißsporne einlassen, die über Angst Aufmerksamkeit erzeugen wollen. Das gelte ebenso für Neo-Salafisten wie für rechte Organisationen wie die Pegida.

Mazyek ist der Sohn eines Syrers und einer Deutschen. „Ich bin Moslem mit Migrationshintergrund“, sagte er. Im anschließenden Gespräch, das Pfarrer Jürgen Bossert moderierte, betonte der 46-Jährige, dass ein fruchtbarer Austausch der Religionen sehr wichtig ist. „Bricht der Dialog ab, bedeutet das Krieg, Gewalt und Blutvergießen.“

Intelligent und souverän stellte sich Mazyek den Fragen des Publikums

Intelligent und souverän stellte sich Mazyek den Fragen des Publikums. Das war allerdings nicht immer einfach, weil die Sichtweisen teilweise doch sehr verschieden sind. „Man darf sich austauschen und streiten, so lange Achtung voreinander vorhanden ist“, sagte Mazyek. Zu Fragen über die Religionsfreiheit in islamischen Ländern sagte er etwa: „Ich bin für das verantwortlich, was in Deutschland passiert und nicht auf der ganzen Welt.“ Ruhig antworte er auch auf die Frage, ob er sich als Muslim nicht stärker vom Extremismus distanzieren müsse. Er sagte: „Ich muss mich nicht distanzieren, weil ich nie eine Nähe zum Terror hatte.“

Doch nicht immer blieb Mazyek gelassen. Die Aussage eines Zuhörers, dass zwar nicht alle Muslime Terroristen seien, aber fast alle Terroristen Muslime, brachte ihn für einen Moment aus der Fassung. „Terror hat keine Religion“, sagte er und warnte im gleichen Atemzug vor Stigmatisierung. „Ein Muslim ist nicht automatisch ein Teppichhändler oder Terrorist.“ Einige Fellbacher äußerten ihre Ängste gegenüber den Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Mazyek drückte sein Bedauern aus, dass in die Scheinwerfer der Aufmerksamkeit immer die Muslime geraten würden, die nicht „funktionieren“.