Der Betrieb läuft in Fellbach vorerst unverändert weiter. Die Mitarbeiter sind nicht gekündigt und erhalten bis Ende Januar Insolvenzgeld. Foto: Roland Böckeler

Der individuelle Anlagenbau hat Stambera weltweit bekannt gemacht – und genau das wird nun zum Problem: Millionenschwere Großprojekte, die zunehmend verlangt werden, kann das Fellbacher Unternehmen nicht stemmen. Die Chefin kämpft.

Fellbach - Mehr als 50 Jahre Erfahrung im Verpackungsmaschinenbau machen es möglich, mit neuen Ideen und der Anwendung von neuen Technologien immer vorn zu sein“, heißt es auf der Homepage der Fellbacher Stambera Verpackungsmaschinen GmbH. Wie lange dieser Satz noch gilt, ist offen. Ende der vergangenen Woche hat das Familienunternehmen, das mit 15 Mitarbeitern in der Erich-Herion-Straße agiert, Insolvenz angemeldet. Am Montag wurde die Belegschaft darüber informiert.

Der Betrieb läuft in Fellbach vorerst unverändert weiter

Endverbraucher haben mit den Produkten der Firma Stambera keine direkte Verbindung. Sie stellt Anlagen her, mit denen Waren vollautomatisch auf Paletten gestapelt und für den Transport sicher verpackt werden. Wer etwa Lebensmittel bei einem Discounter kauft, hat im Einkaufswagen sicher Dinge, die schon einmal eine Stambera-Maschine durchlaufen haben. Das gilt auch für Waschmittel, Tiernahrung, Katzenstreu oder Materialien aus dem Baumarkt.

Der Betrieb läuft in Fellbach vorerst unverändert weiter. Die Mitarbeiter sind nicht gekündigt und erhalten bis Ende Januar Insolvenzgeld. Bis dahin muss sich herauskristallisieren, ob es einen Käufer oder einen Geldgeber für das Unternehmen gibt. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist in Fellbach bekannt: Ilkin Bananyarli von der Pluta-Rechtsanwaltsgesellschaft hat voriges Jahr die Investorenlösung für den Gewa-Tower eingefädelt.

Zwölf Tonnen Material gingen dann auf den mehrwöchigen Seeweg

Die Firma Stambera ist 1974 in Bad Cannstatt gegründet worden und seit 1993 in Fellbach. Seit jenem Jahr ist Steffi Stambera die Geschäftsführerin. Sie löste ihren Vater ab, der „Konstrukteur, Tüftler, Ideengeber und Verkäufer“ in einer Person war, wie die 48-Jährige sagt.

Steffi Stambera wirbelt weiter und kämpft für eine Zukunft der Firma Foto: Böckeler

Verpackungs- und Spezialmaschinen wie Fördertechnik für die Verpackungsindustrie gehören zum Leistungsspektrum, aber die sogenannten Palettierer sind die Maschinen, die Stambera nahezu weltweit bekannt gemacht haben. Sie stehen außer in Deutschland und Österreich in der Schweiz, in Frankreich, Bulgarien, Ungarn, Tschechien und Polen ebenso wie in Russland, Brasilien und sogar in Australien. Während Vor-Ort-Termine die Regel bei der Planung sind, gab es für Australien eine unkonventionelle Lösung. „Wir haben damals viel per Skype erledigt“, sagt Steffi Stambera, die australischen Firmenräume mit Säulen wurden in Fellbach mit Holzbalken nachgestellt, um die Palettier-Maschine passgenau zu fertigen. Zwölf Tonnen Material gingen dann auf den mehrwöchigen Seeweg, erst für die Installation reisten dann die Mitarbeiter an. Ein Folgeauftrag lies nicht lange auf sich warten.

Die individuelle und solide Fertigung hat Stambera bekannt gemacht

So treu viele der Angestellten seit Jahrzehnten sind, so solide sind die ausgelieferten raumfüllenden Anlagen. „1990“ fällt der Chefin das Produktionsdatum von einer ein, die noch immer ihren Dienst versehe. Und weil in Fellbach die Unterlagen aller gefertigten Maschinen greifbar sind, ist der Service mit Ersatzteilen auch nach Jahren kein Problem.

Die individuelle und solide Fertigung hat Stambera bekannt gemacht – und ist jetzt ein Teil der Probleme, die zur Insolvenz führten. Kunden verlangten zunehmend keine Einzelmaschine mehr sondern über Generalunternehmer millionenschwere komplette Verpackungsstrecken. Zwar kostet auch ein kleiner Palettierer bei Stambera rund 250 000 Euro, aber bei einem Jahresumsatz von in der Regel zwei Millionen kann das kleine Unternehmen riesige Vorfinanzierungen, wie sie dafür nötig wären, nicht stemmen.

Steffi Stambera wirbelt weiter und kämpft für eine Zukunft der Firma

Der Mangel an Fachkräften und politische Rahmenbedingungen machten das Rekrutieren neuer Aufträge nicht leichter. Währungsproblematiken, Sanktionen gegen Russland und die Debatte über Plastikmüll nennt Steffi Stambera als Beispiele. „Viele Firmen sind verunsichert und stellen Projekte zurück.“ Und sie schauten nicht auf langfristige Kosten: Palettierer aus der Serienproduktion aus Tschechien, Slowenien oder Italien seien zunächst günstiger als die speziell für die Bedürfnisse der Kunden gefertigten Anlagen.

So sehr sich Steffi Stambera einen Namen im In- und Ausland erarbeitet hat, so verwurzelt und engagiert ist sie in Fellbach. Sie stand als Gemeinderätin zu Wahl, machte mit anderen Chefs im Gremium Wirbel wegen langsamer Internetverbindungen, ist Delegierte im Gleichstellungsbeirat der Stadt, bringt sich bei der Jugendtechnikschule ein und ist auch bei der Industrie- und Handelskammer aktiv – in den Arbeitskreisen Russland und Unternehmerinnen. Und am Donnerstag trifft sich die Industrievereinigung Fellbach, bei der sie Ausschussmitglied ist, in ihren Räumen.

Steffi Stambera wirbelt weiter und kämpft für eine Zukunft der Firma. Derzeit führt sie gemeinsam mit Ilkin Bananyarli Gespräche mit Kunden und Lieferanten. Der Anwalt sagt, es sei noch zu früh für eine Einschätzung, wie es weitergeht. „Er klingt positiv“, gibt sich Steffi Stambera optimistisch.