Nele Bosl (vorne rechts) probt in Stuttgart. Foto: Christoph Kalscheuer

Nele Bosl spielt eine Doppelrolle im Stück „Rattenfänger von Hameln“ an der Jungen Oper Stuttgart. Für die Proben hat die zehnjährige Fellbacherin ihre Pfingstferien geopfert.

Fellbach - Manche Kinder möchten gerne tanzen oder Tennis spielen, andere singen lieber im Chor oder gehen reiten. Bei der zehn Jahre alten Nele Bosl aus Fellbach sieht die Sache ganz anders aus: Sie wollte schon immer einmal als Statistin auf der Bühne der Oper stehen. Nun hat es endlich geklappt. Aus mehr als 100 Kindern wurde sie ausgewählt und spielt nun mit beim Stück „Into the little hill, Der Rattenfänger von Hameln“ an der Jungen Oper Stuttgart. Eine normale Statistin ist sie allerdings mitnichten. „Wir spielen die Kinder und Ratten in dem Stück und sind während der gesamten Zeit in Bewegung“, erzählt Nele.

Für die Proben die Pfingstferien geopfert

Unzählige Proben hat sie seit Februar mitgemacht, gemeinsam mit 18 weiteren Kindern zwischen acht und zwölf Jahren hat sie außerdem ihre gesamten Pfingstferien für die Proben geopfert. Als Opfer würde die quirlige Nele ihren Einsatz allerdings nicht bezeichnen. „Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, auch wenn es natürlich anstrengend war“, betont sie. Denn die so genannte Bewegungsgruppe muss Spagatsprünge machen, leise kriechen, geheimnisvoll schauen, klettern und rutschen, einen Wagen schieben oder auch einmal die Arme genau fünf Minuten lang in die Höhe recken. Das kann nicht jedes Kind leisten, ein gewisses Maß an Bewegungsfähigkeit und Fitness ist da schon nötig. Doch Nele macht seit ihrem dritten Lebensjahr Jazztanz und ist daher bestens geeignet für den Job.

Kinder brauchen mehr Zeit zum Üben

„Die Kinder der Bewegungsgruppe müssen körperlich sehr beweglich und stark und zudem schauspielerisch konzentriert und ausdrucksstark sein“, sagt Barbara Tacchini, die Leiterin der Jungen Oper Stuttgart. Das Einstudieren eines Stückes sei mit Kindern natürlich immer auch anders als mit Erwachsenen. „Kinder brauchen idealerweise Training über einen längeren Zeitraum und auch mehr Übezeit, um sich Abläufe einzuprägen.“

Neben der körperlichen Anstrengung ist zudem ein hohes Maß an Konzentration gefordert – vor allem bei der modernen Inszenierung des „Rattenfängers“. „Die Aufführung dauert 45 Minuten, während dieses Zeitraums müssen die Kinder sehr aufmerksam und wach sein, sie sind dauernd auf der Bühne, und viele Bewegungsabläufe sind sehr langsam“, erklärt Barbara Tacchini. Einen Fehltritt zu korrigieren, sei nur in den seltensten Fällen möglich. Wenn es etwa darum gehe, einen Wagen zu schieben, müsse das Kind schnell seine Position korrigieren, um den anderen zu helfen. „Ansonsten bleibt es dort stehen und korrigiert nicht.“

Keiner der Profis ist hochnäsig

Das hat sich auch Nele eingeprägt. „Dass wir während der Aufführung nicht korrigieren sollen, haben sie uns mindestens 500 mal eingeschärft“, sagt sie und lacht. Im Übrigen sei das Verhältnis zur Choreografin und zu den beiden professionellen Sängern toll gewesen. „Keiner von den Profis hat uns hochnäsig behandelt, alle waren nett zu uns“, berichtet sie. Dass sie den gesamten Ablauf nach der langen Probenphase nun während der Aufführungen endlich am Stück zeigen dürfe, gefalle ihr am besten. Und, klar, der Applaus am Ende, das sei natürlich auch etwas Tolles. „Am Schönsten finde ich, wenn es den Leuten gut gefallen hat und unsere Arbeit mit viel Beifall belohnt wird.“