Feinstaubalarm am Neckartor: Wer ist politisch für den Vergleich mit den Anwohnern verantowrtlich? Darüber gibt es Streit. Foto: dpa

Im Juli 2016 schloß das Land den Vergleich, wegen der Feinstaubbelastung den Autoverkehr zu reduzieren. Dafür war die grün-rote Landesregierung verantwortlich, sagt CDU-Kreischef Stefan Kaufmann. Doch stimmt das?

Stuttgart - Stefan Kaufmann ist sichtlich zufrieden mit sich. „Ja“, sagt der Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete der CDU, „ich habe sehr viel Zustimmung bekommen“. Im Interview mit dieser Zeitung hatte er sich am Montag gegen die Blaue Plakette und Fahrverbote für ältere Diesel ausgesprochen und statt dessen neue Straßen und den Rückbau von Radwegen gefordert. Das habe ihm zwar Proteste der Radfahrerlobby eingebracht, bilanziert Kaufmann, doch insgesamt überwiege das Lob, „dass endlich einer gesagt hat, dass es in die falsche Richtung geht.“

Allerdings wird das Wohlwollen nicht von allen geteilt. Thomas Leipnitz, Verkehrsexperte und SPD-Vorsitzender in der Region Stuttgart, stößt ein Satz Kaufmanns ziemlich sauer auf, der da lautet: „Und den juristischen Vergleich mit den Anwohnern des Neckartors, der besagt, dass dort der Verkehr um 20 Prozent reduziert werden muss, hat die alte grün-rote Landesregierung geschlossen. Damit hat sich die Politik in Zugzwang gebracht.“

SPD kritisiert Darstellung Kaufmanns

„Das weise ich aufs Schärfste zurück“, sagt Leipnitz, „Kaufmann präsentiert hier alternative Fakten zum Feinstaubvergleich des Landes“. Und in der Tat wirft der Ablauf zumindest Fragen auf, ob die Darstellung des CDU-Mannes der Realität entspricht. Am 26. April 2016 war der Vergleich vor dem Verwaltungsgericht geschlossen worden – da war die Landtagswahl schon fast sechs Wochen her, Grün und Schwarz bastelten am Koalitionsvertrag, und die grün-rote Vorgängerregierung war zwar noch im Amt, wenngleich nur verwaltend tätig. Allerdings war dem Land vom Gericht eine Frist bis Juni 2016 gesetzt worden, dem Vergleich zuzustimmen. Das passierte am 21. Juni 2016 im Kabinett, in dem Minister der Grünen und der CDU saßen, „knapp eineinhalb Monate, nachdem die grün-schwarze Landesregierung ihr Amt angetreten hat“, so Leipnitz fest. Die Verantwortung für die Fahrverbote liege „ausschließlich bei den Grünen, assistiert von einer CDU, die ihre Wahlversprechen bezüglich des Themas Feinstaub sang- und klanglos gebrochen hat“, schlussfolgert der Genosse: „Davon versucht Herr Kaufmann offensichtlich abzulenken, indem er alternative Fakten zu den Vorgängen präsentiert“.

CDU habe nichts mehr ändern können

Den Ablauf bewertet Kaufmann ganz anders, auch wenn die zeitliche Abfolge so sei wie von Leipnitz angegeben. Politisch sei aber bereits Ende April festgestanden, dass der Vergleich vom Land akzeptiert werde – und da sei noch die SPD im Kabinett gesessen, auch wenn Kaufmann einräumt, dass „das grün geführte Verkehrsministerium die Vorbereitung des Vergleichs, die einen längeren Zeitraum benötigte, federführend bearbeitete“. Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion hätten ihm versichert, dass da für den neuen kleinen Koalitionspartner später nichts mehr zu machen gewesen sei.

So könnten sich Schwarz und Rot auf dem kleinsten Nenner treffen: Grün war’s auf jeden Fall. Auch das wird Kaufmann Recht sein, der die Stuttgarter CDU als Fahrverbotsgegner positionieren will, obwohl die CDU im Kabinett und im Landtag die Maßnahmen billigte. Anträge, dies zu korrigieren, wurden auf dem jüngsten Landesparteitag aus Zeitgründen an den Vorstand verwiesen.