Dichter Smog verhüllt am 17. Februar 2017 die Innenstadt von Shanghai (China). Foto: Wang Gang/SIPA Asia/dpa

Der Smog ist zum Politikum geworden, die Regierung steht unter Druck, die Lage zu bessern. Aber es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die Luft in China wirklich besser wird.

Peking. - Mitte Februar hat die chinesische Regierung ihre jüngste Salve von Anweisungen zur Luftreinhaltung abgefeuert. Hersteller von Stahl und Aluminium in 28 Städten müssen ihre Produktion drosseln. Wohnanlagen müssen Strafe zahlen, wenn die Umstellung von Kohleheizungen auf Fernwärme oder Gas nicht vorankommt. Der Transport von Kohle mit Lastwagen ist in Teilen Nordchinas verboten, es sollen Güterzüge fahren. Allein diese neuen Anweisungen umfassen 26 Seiten. Chinas Kommunistische Partei kämpft gegen den Smog. Sie steht unter Beschuss, jahrzehntelang den Umweltschutz zugunsten des Wachstums vernachlässigt zu haben. „Smog ist zum Politikum geworden“, sagt Hu Xingdou, Sozialwissenschaftler am Beijing Institute of Technology. „Chinesische Politiker machen derzeit große Versprechungen zur Luftreinhaltung und stehen jetzt unter Druck zu liefern.“

Luft wird nur minimal besser

Die Luft in China ist trotz aller Anstrengungen in den vergangenen fünf Jahren nur minimal besser geworden. Wie in Deutschland soll ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft nicht überschritten werden. Neun von zehn Städten reißen Jahr für Jahr diese Latte, Peking mit 108 Mikrogramm. „Es sieht weiter düster aus“, sagt Zhang Kai von Greenpeace East Asia.

Vor allem aber sind die schlechten Tage so richtig schlecht: Während in Stuttgart durch den Feinstaubalarm das Leben bei einem Tagesmittelwert von mehr als 50 Mikrogramm durcheinanderkommt, sieht Peking regelmäßig Ablesungen von 200, 500 oder 800 Mikrogramm. Alles unter 100 gilt den Menschen notgedrungen als akzeptabel. Das Zwischenziel für Peking ist eine Senkung des Jahresmittels unter 60 Mikrogramm. Selbst das gilt derzeit als utopisch.

Tauziehen in Regierung

In China läuft ein Tauziehen zwischen verschiedenen Regierungsstellen: Die einen wollen möglichst schnell die Luft besser machen, die anderen sorgen sich um die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Provinzen Shanxi und Hebei beispielsweise leben von ihren Kohlevorkommen – und sie beliefern die Metropolregion Peking mit Energie. Die örtlichen Regierungen sperren sich gegen geplante Schließungen von Kohlekraftwerken und Stahlhütten.

Die Behörden der stark betroffenen Städte ohne Kohlearbeitsplätze werden derweil kreativ, um den Feinstaub zu verringern. In Peking ist beispielsweise Grillen verboten. Die zahllosen Stände, die am Straßenrand Fleischspieße anbieten, haben regelmäßig Schwierigkeiten mit dem Ordnungsamt. Die Strafe für einen Verstoß liegt bei umgerechnet 700 Euro, einem Vermögen für die Miniunternehmer.

Firmen werden geschlossen

Doch es laufen auch ernst zu nehmende Anstrengungen. 2016 haben die Behörden 2500 Firmen geschlossen, die sie als Luftsünder identifiziert haben. Wenn „roter Alarm“ wegen hoher Feinstaubwerte herrscht, greifen Fahrverbote und weitere Fabrikschließungen. Baustellen stehen still. Das Gleiche gilt vor politischen Großereignissen wie Militärparaden oder Parteitagen der regierenden Kommunisten. Die radikalen Schließungen kosten viel Geld. Fabriken machen Verluste, das Bruttoinlandsprodukt sinkt, die Städte nehmen weniger Steuern ein, müssen jedoch Entschädigungen zahlen. Über einen Dreijahreszeitraum geben Chinas Großstädte so 16 Milliarden Euro für den Kampf gegen den Smog aus.