Die Pragschule liegt nur wenige Meter von der Heilbronner Straße entfernt. Deshalb misst sie die Feinstaubbelastung jetzt selbst. Foto: privat

Die Pragschule in Stuttgart-Nord liegt direkt an der Heilbronner Straße. Ist die Luft deshalb besonders schlecht? Das will die Schule herausfinden und misst seit einigen Wochen selbst – mit einem Gerät unserer Zeitung.

Stuttgart - Man könnte die Luft in Ute Buschs Büro als würzig umschreiben. Die Leiterin des Schülerhauses an der Pragschule hat am Schreibtisch ihr ganz eigenes Reizklima, das in dem Fall von der nahen Heilbronner Straße geprägt ist. Die kann Busch von ihrem Arbeitsplatz aus sehen, hören und riechen. „Deshalb ist mein Fenster meistens zu“, sagt Busch, „gelüftet wird nur, wenn ich einen Außentermin habe“.

Das Schülerhaus der Jugendhausgesellschaft liegt einige Schritte vom Straßenrand entfernt und schirmt die Pragschule zusätzlich von der B27 ab. Nach allem, was man über die Feinstaubkonzentration entlang viel befahrener Straßen weiß, müsste die Luft, die die Schüler einatmen, innerhalb der Grenzwerte liegen. Doch man weiß es eben nicht genau, sondern kann nur die Bundesstraße riechen. Weil die Pragschule 2018 zur Ganztagsschule wird, stehen Bauarbeiten an. Das Schülerhaus wird um ein Stockwerk aufgestockt. „Und dafür hätten wir gern ein Belüftungssystem, das Schadstoffe wie Feinstaub herausfiltert“, sagt die Lehrerin Isabelle Hagel.

Sie hat vom Feinstaubradar gehört. So heißt das Datenprojekt, mit dem unsere Zeitung seit Anfang November die Feinstaubkonzentration in der Fläche misst. Die Aktion stützt sich auf wichtige Vorarbeiten der Gruppe Ok Lab, die ein günstiges Feinstaubmessgerät entwickelt und verbreitet hat. Privatleute können sich die Bauteile im Internet bestellen, die Geräte nachbauen und straßenseitig aufhängen. Über eine Wlan-Verbindung werden die Messdaten im Minutentakt an eine zentrale Datenbank gesendet – aus der sich wiederum das Feinstaubradar speist.

In der Region hängen mehr als 750 Geräte

Mehr als 750 Geräte hängen mittlerweile in der Region Stuttgart, davon neun in Stuttgart-Nord – eines davon hängt an der Pragschule. Anfang März wurde das Gerät an Buschs Bürofenster angebracht. Seither misst es in der Regel um die 20 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter Luft. Das liegt nahe der Belastung, die von der Weltgesundheitsorganisation als gerade noch unbedenklich eingestuft wird und die mittlerweile europaweit gelten würde, hätten die EU-Staaten nicht vor Jahren einen Rückzieher gemacht – weil die Werte absehbar in Europa nicht einzuhalten wären. Kurz vor Ostern näherten sich die Werte an der Pragschule dem tatsächlich gültigen EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm.

Hier geht es zu unserem Feinstaubradar

Die Schule an der Heilbronner Straße ist also kein zweites Neckartor, die Werte eher solider Stuttgarter Durchschnitt – nicht wirklich gut, aber irgendwie im gesetzlich erlaubten Rahmen. „Ich hätte eigentlich nocht mit höheren Werten gerechnet. Aber wir messen ja auch erst seit wenigen Wochen“, sagt Ute Busch vom Schülerhaus. Man müsse auch daran denken, dass diese Luft vor allem von ihren fünf- bis zehnjährigen Schülern eingeatmet werde. Für die wiederum könnte die Feinstaubmessung ein interessantes Projekt sein – die Bauteile für ein Messgerät kosten 30 Euro und sind relativ einfach zu installieren.

Die aktuellen Messwerte des Pragschule-Sensors finden Sie hier.

Die Feinstaubbelastung in der Region Stuttgart bereiten wir in unserem Feinstaubradar auf. Dort gibt es auch Informationen zum Zusammenbau der Geräte.