Vorreiter in Sachen City-Maut: London bittet die Autofahrer schon seit dem Jahr 2003 zur Kasse. Foto:  

Verkehrsminister Hermann steht ziemlich allein da: CDU, Städte und Wirtschaft halten nichts von seinem Vorschlag einer Nahverkehrsabgabe. Stuttgart verweist auf Landeskompetenz.

Stuttgart - Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat sich mit seinem Vorstoß für eine Nahverkehrsabgabe in staubelasteten Innenstädten beim CDU-Koalitionspartner, aber er auch bei den Kommunen eine Abfuhr geholt. „Eine City-Maut steht nicht zur Debatte. Es wird sie mit der CDU-Landtagsfraktion nicht geben“, reagierte Fraktionschef Wolfgang Reinhart auf den Vorschlag Hermanns in unserer Zeitung, den Kommunen neue Einnahmemöglichkeiten zu verschaffen. Dieser stehe auch nicht auf der Grundlage des grün-schwarzen Koalitionsvertrags. Zwangsabgaben seien in der heutigen Zeit ohnehin keine Lösung.

Auch beim Städtetag Baden-Württemberg reagierte man reserviert. „Wo will man die Grenzen ziehen, damit nicht der innerstädtische Handel den Eindruck gewinnt, seine Kunden würden ausgesperrt?“, fragte das geschäftsführende Vorstandsmitglied Gudrun Heute-Bluhm. Mehr noch als bei der Feinstaubdiskussion entzweie das Thema City-Maut die Menschen innerhalb und außerhalb der Städte. Das Land würde „das Pferd vom Schwanz her aufzäumen“, wenn es den Kommunen eine Handhabe einräumte, höhere Abgaben für den ÖPNV zu erheben. Hier seien Land und Bund vielmehr in der Pflicht, die Kommunen zu unterstützen, sagte Heute-Bluhm unserer Zeitung: „Ich empfehle uns, jetzt erst einmal gemeinsam für eine blaue Plakette einzutreten.“

„Gedankliche Stadtmauern“

Die IHK Region Stuttgart hat sich schon mehrfach – zuletzt im Sommer vergangenen Jahres – gegen eine City-Maut ausgesprochen. Eine solche Maßnahme würde den Standort „Innenstadt“ gegenüber der „grünen Wiese“ weiter schwächen, heißt es in den Positionen zur Kommunal- und Regionalpolitik. Eine Umfrage zu diesem Thema habe ergeben, dass deutlich weniger als ein Viertel aller Unternehmen eine City-Maut mit verkehrslenkender Wirkung befürworten würden. Auch die Landtags-AfD sprach sich gegen eine solche Maßnahme aus.

„Pendlerströme gehören schon immer zu unserer mobilen und dynamischen Welt und auch zur Zentralitätsfunktion unserer Städte. Dies haben wir anzuerkennen, aber vor allem positiv und kreativer zu gestalten“, sagte CDU-Fraktionschef Reinhart. „Gedankliche Stadtmauern“ hochzuziehen sei nicht zukunftsträchtig. Man könne nicht einfach an der Lebenswirklichkeit zigtausender Familien und Berufspendler vorbeigehen. Reinhart: „Deshalb ist es wichtig, zum Beispiel durch einen Maßnahmen-Mix aus Straße, Schiene, Stärkung des ÖPNV sowie – gerade in der Zeit der Digitalisierung – durch moderne Verkehrsleitsysteme die Verkehrssituation in den Städten intelligenter zu verbessern.“

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) setzt sich hingegen seit jeher für eine Nahverkehrsabgabe ein. Dabei weist er aber stets darauf hin, die Grundlage dafür müsste vom Land Baden-Württemberg geschaffen werden. Das liege nicht in der Zuständigkeit der Landeshauptstadt. Reserviert zeigte er sich in der Vergangenheit gegenüber der Idee einer City-Maut. Dafür gebe es bisher keinerlei Rechtsgrundlage. Wenn man diese wollte, wäre der Bund gefragt.

Kuhn zeigt kein Interesse an City-Maut

Kuhn stützt sich unter anderem auf eine Sondierung der Stadtverwaltung. Die hatte im Juli 2016 geurteilt, das Kommunalabgabengesetz sei keine ausreichende Basis für die Einführung einer Nahverkehrsabgabe zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Und mit der Landesregierung fühlte sie sich einig im Urteil, dass Vergleichbares auch für die City-Maut zu sagen sei. Die Landesregierung sei der Meinung, dass die City-Maut für Stuttgart nur durch eine vom Landtag zu schaffende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage möglich wäre. Das Land hätte aber nur Zuständigkeit für die Straßen in seiner oder in kommunaler Baulast, aber nicht für Straßen, die der Bund unterhalten muss. Sprich: Gerade die wichtigsten Ein- und Ausfallstraßen könnten nur mit Zustimmung des Bundes mit einer City-Maut belegt werden.

Kuhn zeigte seit seinem Amtsantritt 2013 aber auch keine Lust, sich politisch für die City-Maut einzusetzen. Das könnte daran liegen, dass diese Straßenbenutzungsgebühr schon im OB-Wahlkampf von den Christdemokraten und dem von ihnen unterstützten parteilosen Kandidaten Sebastian Turner wie eine Art Keule gegen ihn verwendet worden war.