Bleiben umstritten: Umweltzonen mit ihren Einschränkungen für Autofahrer. Foto: dpa

Für den in Stuttgart beheimateten Auto Club Europa (ACE) sind Umweltzonen und die mit diesen verbundene Plakettenpflicht „Bürokratiemonster“. Sie hätten sich angesichts immer weniger schadstoffträchtiger Autos überlebt. Die Kommunen sehen das anders.

Für den in Stuttgart beheimateten Auto Club Europa (ACE) sind Umweltzonen und die mit diesen verbundene Plakettenpflicht „Bürokratiemonster“. Sie hätten sich angesichts immer weniger schadstoffträchtiger Autos überlebt. Die Kommunen sehen das anders.

 

Stuttgart - Der Auto Club Europa sieht in der 2007 eingeführten Feinstaubverordnung und den darauf aufbauenden Umweltzonen, die die Einfahrt von Autos in die Städte regeln, eine Erfolgsgeschichte. Die Zonen hätten zu einer „günstigen Entwicklung in punkto schadstoffverminderter Autos“ geführt – und seien daher nun sehr zu überdenken. In der Republik gebe es nur noch einen „weiter sinkenden Restbestand von etwa 1,5 Millionen älteren Autos“, lässt sich ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner zitieren.

Die Umweltzone als Auslaufmodell? auch der um Kunden konkurrierende ADAC in München sieht das so. Die Zonen seien „weder wirksam noch sinnvoll“ und hätte nicht dazu geführt, dass sich die Fahrzeugflotte schneller erneuere, sagt Christian Laberer von der Verkehrsabteilung: „Die Abschaffung wäre der richtige Schritt.“

Die Kommunen sehen das anders. In der Landeshauptstadt wurden von April bis Dezember 2013 genau 10.103 Plakettensünder erwischt. Nach Stuttgart darf nur noch, wer eine grüne Feinstaubplakette an der Scheibe kleben hat. „Die hohe Zahl der Verstöße hat uns überrascht“, sagt Joachim Elser, Leiter der städtischen Verkehrsüberwachung. Ohne grünen Aufkleber werden 40 Euro und ein Punkt fällig. Weil der Aufwand – es muss eine Anzeige geschrieben werden – hoch ist, sei das Bußgeld „nicht kostendeckend“, sagt Elser. Auch die ab 1. Mai fälligen 80 Euro (dann gibt es keinen Punkt mehr) würden den Aufwand kaum völlig aufwiegen.

Die These des ACE, dass sich der letzet Rest stark luftverschmutzender Fahrzeuge bald erledige kann Elser nicht unterstützen. Die Monatszahlen der Verstöße zeigten eine relativ gleichwertige Verteilung mit dem Tiefstand im Juni (709) und dem Höchststand im Ferienmonat August (1598).

Die Stuttgarter Zahlen werden von der Kfz-Innung ähnlich bewertet. Die Kontrollen zeigten, „das es Bedarf an der Umweltzone gibt“, sagt Geschäftsführer Christian Reher. In Zusammenarbeit mit der Stadt hatte die Innung alle Autohalter angeschrieben, um für Filter-Nachrüstungen zu werben. Allein in Stuttgart waren Ende 2013 285.135 Autos zugelassen. Reher spricht von einer positiven Resonanz. Bis Mitte 2013 gab es Fördergeld für die Nachrüstung, insgesamt 30 Millionen Euro. Autofahrer in Baden-Württemberg zeigten sich besonders willig und schöpften mit 72 393 Anträgen den größten Anteil ab, dann folgte Nordrhein-Westfalen (33.799).

Im Verkehrsentwicklungskonzept der Stadt soll die Umweltzone unter dem Punkt „Verkehrsbeschränkung“ auch weiterhin eine Rolle spielen. Das muss sie auch. Denn die Stadt ist keine Insel. „Feinstaub und Stickoxid müssen reduziert werden, die EU hat Grenzwerte festgeschrieben, die einzuhalten sind“, sagt Robert Hamm, Sprecher des Regierungspräsidiums Stuttgart (RP). Strafzahlung seien bisher nicht fällig geworden, weil Land und RP mit und in den Umweltzonen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen hätten.

Die Bußgeldbilanz in den Umweltzonen der Region fällt unterschiedlich aus. Während die Stadt Leonberg im vergangenen Jahr immerhin 395 Strafzettel wegen einer falschen oder fehlenden Plakette ausgestellt hat, bekamen in Markgröningen gerade mal zwei Autofahrer einen Bußgeldbescheid aufgebrummt. „Wir werden uns aber in diesem Jahr verstärkt um das Thema kümmern“, kündigt Bettina Glasbrenner, Leiterin des Fachgebiets Bürgerdienste im Rathaus der Schäferlaufstadt an. Auch in der Gemeinde Pleidelsheim fällt die Bilanz mit insgesamt fünf Bußgeldbescheiden im Jahr 2013 laut Kristin Beck vom Ordnungsamt relativ bescheiden aus.

Dass die Kontrolle der Umweltzone der Stadt Leonberg fast 16 000 Euro in die Kasse spülte, hängt laut Rathaussprecherin Undine Binder-Farr mit der veränderten Rechtslage zusammen. Für die Überwachung des fließenden Verkehrs ist weiterhin allein die Polizei zuständig. Die Kommunen aber haben seit April 2013 Rechtssicherheit, was die Ausstellung von Bußgeldern für parkende Feinstaub-Sünder anbelangt. Zuvor konnten diese praktisch nicht belangt werden. In Leonberg verdreifachte sich die Zahl der Strafzettel deshalb. 2012 hatte die Stadt nur 130 Plaketten-Strafzettel verschickt.

Auch in Stuttgart war die Zahl der Verstöße wegen der bis dahin anderen rechtlichen Bewertung mit 30 Verwarnungen von Januar bis März 2013 niedrig. In Herrenberg wurden 2012 bereits 281 Verstöße gegen die Plakettenpflicht geahndet. Vom Landkreis Ludwigsburg wurden 2013 genau 268 Strafzettel verschickt.