Das Angebot der SSB mit dem Pendelverkehr am Wasen ist ein Ladenhüter. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Betrieb der während des Feinstaubalarms ganztägig eingesetzten Stadtbahn-Sonderlinie U 11 kostet die hoch defizitäre Stuttgarter Straßenbahnen AG täglich rund 10 000 Euro. Obwohl fast niemand mitfährt, soll das Angebot beibehalten werden.

Stuttgart - Nach dem Feinstaubalarm ist vor dem Feinstaubalarm: Bereits zum Anfang der kommenden Woche wird die Wetterlage nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes in Stuttgart (DWD) in Sachen Luftverschmutzung erneut zum Umstiegsappell führen. Die Entscheidung dazu fällt an diesem Samstag. Am Freitag lag der Tagesmittelwert für den Feinstaub erneut erheblich über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) will ihre Sonderlinie U 11, die ansonsten über den Hauptbahnhof und den Charlottenplatz zum Veranstaltungszentrum auf dem Wasen pendelt, weiterhin einsetzen. Dabei nutzen den Shuttleservice vom riesigen Wasen-Parkplatz aus seit Januar nur eine Handvoll Umsteiger.

SSB räumt ein: Wir haben wenig Fahrgäste

„Wir haben nicht vor, am Angebot etwas zu ändern“, sagt SSB-Sprecherin Birte Schaper am Freitag. Die schlechte Nachfrage räumt sie ein: „Wir haben relativ wenig Fahrgäste.“ Der Sonderverkehr startet erst um 8.30 Uhr und fährt bis 11 und dann wieder von 16 bis 18.30 Uhr im 15-Minuten-Takt. Dazwischen pendeln die insgesamt drei Einfachzüge (40 Meter Länge) im 20-Minuten-Takt.

Das Thema Feinstaub sei nicht allein Sache des Nahverkehrsbetriebs, deutet Schaper das politische Drängen auf den besonderen Einsatz der SSB an. Auf der Innenstadtschleife würden die Züge besser genutzt, absolute Zahlen würden aber nicht erhoben. Allerdings fährt die U 11 in der Stadt auf weiten Strecken parallel zu den Linien U 2, U 4, U 9 und U 14.

Vor 8.30 Uhr stehen keine Wagen zur Verfügung

Insgesamt kostet jeder Einsatztag die SSB rund 10 000 Euro. Um die drei Kurse leisten zu können sind fünf Fahrer im Einsatz. Weil Wagen knapp sind, kann erst von 8.30 Uhr an gefahren werden. „Zuvor haben wir keine Wagen frei“, begründet Schaper die vielkritisierten Einsatzzeiten. Die SSB haben seit September 2013 20 neue Stadtbahnen im Einsatz und 20 weitere bestellt – zum Stückpreis von rund 3,7 Millionen Euro. Zuschüsse gibt es dafür keine. Das Defizit des städtischen Nahverkehrsbetriebs wird in den nächsten Jahren voraussichtlich jährlich wieder bei rund 20 Millionen Euro liegen und könnte dann weiter steigen. Es durch Geldanlagen auf früheren Aktienverkäufen (EnBW, Neckarwerke) auszugleichen wird wegen der sinkenden Zinsen immer schwieriger.

Der Appell an die Autofahrer in der Metropolregion Stuttgart, das Auto stehen zu lassen, blieb wie bereits an den vorangegangenen Alarmtagen am Freitag weitgehend ohne Wirkung. Völlig unbekannt ist zudem, wie viele Bürger auf den Betrieb sogenannter Komfortkamine als zusätzliche Wärmequelle während des Feinstaubalarms verzichtet haben. Darüber gibt es laut Stadt und Land keine belastbaren Daten.

Im vergangenen Jahr lagen die Feinstaubwerte am Neckartor an 72 Tagen über dem von der EU festgelegten Grenzwert. Erlaubt sind 35 Überschreitungstage. Wenn der freiwillige Appell, das Auto an kritischen Tagen stehen zu lassen, nicht ausreicht, soll es von 2018 an laut Angaben des Stuttgarter Verkehrsministeriums auch Fahrverbote geben. Sollte es bis dahin keine neue blaue Plakette geben, dann könnte das Fahrverbot wechselweise die Halter von Fahrzeugen mit geraden und ungeraden Endziffern auf dem Kennzeichen treffen.