Jan „Monchi“ Gorkow von Feine Sahne Fischfilet hat einiges zu sagen. Foto: dpa

Jan „Monchi“ Gorkow, der Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet, spricht über die Dessauer Konzertabsage, seine Sorgen um das Erstarken der AfD und das politische Klima im Land.

Stuttgart - Vor zwei Wochen hat die Bauhausstiftung Dessau ein für den 6. November geplantes Konzert der Band Feine Sahne Fischfilet in ihren Räumen abgesagt. Die Empörung war groß: Teile der Öffentlichkeit mutmaßten, dass der Auftritt aus Angst vor rechtsextremistischen Protesten in vorauseilendem Gehorsam abgeblasen worden sei. Die Verantwortlichen, unter anderem Rainer Robra, der Stiftungsvorsitzende und CDU-Kulturminister Sachsen-Anhalts, dementierten dies. Der Sänger der Band, die nach vielen Querelen statt dessen im Dessauer Brauhaus auftreten wird, hat eindeutige Ansichten.

Herr Gorkow, bevor wir über das Unvermeidliche reden, zunächst die Frage: wie ist es eigentlich zu dem ulkigen Bandnamen gekommen?

Im Discounter gibt es Feine Sahne Heringsfilet zu kaufen, das war unsere Ableitung davon. Aber in einem Land, in dem die Ärzte oder die Toten Hosen große Bandnamen sind, hat man mit bekloppten Bandnamen keinen schlechten Stand.

Dann sprechen wir über die Konzertabsage in Dessau und die Folgen. Wie hat sich das alles aus Ihrer Sicht dargestellt?

Wir fanden das Statement vom Bauhaus sehr erbärmlich. Wir haben uns dann aber auf uns selbst konzentriert und haben mit den coolen Leute vor Ort dann einfach ein eigenes Ding aufgezogen, unser Konzert im Dessauer Brauhaus.

Ausgestanden ist die Debatte noch längst nicht. Zuletzt wurde die Pressesprecherin des Bauhauses ihres Postens enthoben.

Wir kriegen gar nicht mit, wer da überhaupt alles was macht. Ich finde, dass alles, was das Bauhaus Dessau von Anfang an gemacht hat, peinlich ist. Da reiht sich für mich die Entlassung der Pressesprecherin, die für mich ein Bauernopfer ist, einfach ein. Wenn das Bauhaus es ernst meinen würde, hätten sie uns nochmals eingeladen und wären nicht einfach vor den Nazis eingeknickt. Jetzt Alibis zu suchen empfinde ich dem Bauhaus unwürdig.

War Ihre Band von der Debatte genervt oder fanden Sie es gut, dass über solche Dinge jetzt gezwungenermaßen in Deutschland diskutiert wurde?

Naja, zweierlei. Wir hätten uns sehr über ein bisschen Urlaubsruhe gefreut, weil wir dieses Jahr viel gemacht haben – ein neues Album, der Kinofilm über uns, der anlief, eine Hallentournee, die Festivalsaison und die Vorbereitungen für unsere jetzt anstehende Tour. Aber eine Debatte über dieses Thema kann nichts Schlechtes sein. Für uns war es auch beeindruckend zu sehen, dass sich sehr viele Leute klar positioniert haben und tolle Aktionen gestartet haben: der Flashmob der Dessauer Studenten, Unterschriftensammlungen oder Einladungen, die uns von anderswo erreicht haben. Das war natürlich toll.

Glauben Sie, dass die Debatte über Ihre Band symptomatisch ist für die Stimmung, die derzeit in Deutschland herrscht?

Ich denke, es ist ein Wink mit dem Zaunpfahl für die Zukunft. Dass die CDU immer weiter mit der AfD paktieren wird und dass sich ganz offensichtlich organisierte, militante Neonazis mit der AfD und der CDU in Dessau gegenseitig bespielt haben und es geschafft haben, so eine Konzertabsage herbeizuführen: das ist ein Zustandsbeschreibung. Und ich denke, dass die Zeiten da definitiv noch härter werden. Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht. Es ist meiner Meinung nach selbstverständlich nur noch eine Frage der Zeit, bis die CDU mit der AfD koaliert. Denn inhaltlich sind die beiden nicht so weit auseinander. Da geht es höchsten noch um Machtfragen, die Angst um Machtverlust. Wenn man die kommenden Wahlen betrachtet, unter anderem die Kommunalwahlen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, dann werden sich einige Leute noch umschauen, denn da werden definitiv die ersten AfD-Bürgermeister ins Amt kommen. Da wird die AfD noch stärker. Umso wichtiger ist, dass sich die richtigen Leute positionieren, zusammenstehen und sich nicht von dieser Volksfront von rechts einschüchtern lassen.

In Dessau wurde der Vorwurf erhoben, dass Sie nicht im Bauhaus spielen sollten, weil Feine Sahne Fischfilet eine linksextreme Band sei. Wie stehen Sie dazu?

Uns gibt es seit 12 Jahren, ich glaube, wir tauchen seit einigen Jahren gar nicht mehr im Verfassungsschutzbericht auf. Und ich möchte nicht wissen, wie oft etwa Bob Marley auf sein Lied „I shot the Sheriff“ angesprochen wurde. So hart singen wir ja nicht einmal. An unserer Vergangenheit können sich Leute meinethalben gerne hochziehen. Aber wenn man sich anguckt, was wir seit Jahren musikalisch machen und wie wir uns engagieren, dann sagen unsere Taten mehr als Worte. Was einige unserer frühen Texte betrifft: Lieder sind selbstverständlich keine Magisterarbeiten. Für uns gibt es ohnehin keinen Grund zur Klage. Wir erleben eine wunderbare Zeit, wir werden eine riesige Tour vor teilweise bis zu 7500 Zuschauern spielen, und da ist es ja nicht so, dass es bei uns nur um Politik geht. Wer sich unser neues Album anhört, wird da von lauten bis leisen Tönen viel hören, auch viel persönliche Gefühle.

In der Debatte wurden Sie mehrmals nur auf einen einzelnen Songtext reduziert, in dem es „,Die Bullenhelme, die sollen fliegen, eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein“ heißt. Wäre es Ihnen lieb, dass dieses Lied endlich mal als Schnee von gestern betrachtet wird?

Der Verfassungsschutz hat in einem Jahr mehr über uns geschrieben als über den NSU. Ich sitze hier gerade in Rostock, ein paar Straßen weiter hat der NSU Mehmet Turgut abgeknallt. Der Verfassungsschutz schreibt über uns mehr als über alle Nazibands zusammen, die es in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Das sagt doch alles. Wenn sich da jemand ernsthaft immer noch an irgendwelchen uralten Texten hochziehen will, dann soll er es machen. Diskussionen im Netz und in den Medien sind völlig okay, sollen die Menschen doch diskutieren, aber darum ging es uns ja gar nicht. Wir haben uns auf uns konzentriert und nicht auf irgendwelche Debatten. Wenn man sich anguckt, wie sehr die Nazis, AfD und CDU gefeiert haben, dass sie unser Konzert verhindert haben, dann war es für uns wichtig zu zeigen, dass sie mit ihren Allmachtsfantasien noch nicht ganz richtig liegen. Dann hätte ich die ganze Zeit nur vor dem Rechner gesessen und irgendwelche Sachen geschrieben. Aber wir haben innerhalb kürzester Zeit mit coolen Leuten vor Ort eine neue Location gefunden, die fünfmal so groß ist wie der Bauhaussaal. Das, denke ich, ist das richtige Zeichen. So lassen wir in Dessau die Taten sprechen.

War das gute PR für Sie? Und wer hat sich diesmal den Präsentkorb verdient, den Sie nach der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht damals an das Landesamt schickten?

Klar, wir bedanken uns für die Promotion. Wir sind wohlerzogen, kommen aus mittelständischen Verhältnissen und wissen, dass man sich zu bedanken hat. Den Präsentkorb würde selbstverständlich das Bauhaus bekommen. Die Pressesprecherin scheinbar nicht mehr, aber die Direktorin Claudia Perren hätte ihn sicher verdient.