Hakan Sükür beim Länderspiel gegen Deutschland 1999 in München. Foto: Baumann

Hakan Sükür hat einen weiten Weg hinter sich, vom wohl bedeutendsten türkischen Fußballer aller Zeiten zum Uber-Fahrer in den Vereinigten Staaten. Der ehemalige Nationalspieler ist pleite. Das hat er insbesondere seiner Feindschaft mit dem türkischen Präsidenten Erdogan zu verdanken.

Ankara - Zur Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea ist Hakan Sükür etwas gelungen, das vor ihm keiner erreicht hat. Er hat im Spiel um den dritten Platz gegen Südkorea in nur elf Sekunden das schnellste Tor der WM-Geschichte geschossen und damit seinen Ruf als „Bulle vom Bosporus“ weiter gestärkt. Er gilt bis heute als der wohl bedeutendste türkische Fußballspieler aller Zeiten, das machte er damals bei dem Turnier deutlich.

Sükür ist pleite

Viel Zeit ist seitdem vergangen und Sükür tief gefallen. Heute lebt der 48-Jährige in den USA, weil in der Türkei ein Haftbefehl gegen ihn vorliegt wegen des Verdachts der Terrorunterstützung. Seinen Unterhalt verdient er als Uber-Fahrer. Das erzählt er in einem Interview, das er der Welt am Sonntag gab. Davor hatte er noch versucht, mit einem eigenen Café Fuß zu fassen und ist damit gescheitert. Viele Kunden wussten nicht, dass es ein türkischer Nationalheld war, der ihnen Kaffee und Kuchen servierte. „Ich habe nichts mehr, nirgendwo auf der Welt. Denjenigen, die behaupten, ich würde irgendwo irgendetwas besitzen, bin ich bereit, es zu schenken, wenn sie es ausfindig machen“, sagte er der Zeitung in dem Interview.

Ehemaliger Abgeordneter der AKP

Dass der ehemalige Nationalspieler pleite ist, hat er keinem ausschweifenden Lebensstil zu verdanken, sondern seiner Feindschaft zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Nach seiner Karriere als Fußballer begab er sich noch vertrauensvoll in die Obhut des konservativen Politikers und war von 2011 zwei Jahre als Abgeordneter der konservativen AK-Partei im türkischen Parlament.

Das Verhältnis zum Präsidenten war zunächst gut, Erdogan wurde sogar die Ehre zuteil als Standesbeamter Sükür bei seiner Hochzeit zu trauen. Im Jahr 2015 ist die Fußballer-Legende dann dennoch aus der Partei ausgetreten. In seinem Gespräch mit der Zeitung spricht er davon, dass seine Zeit in der Politik seine Ansicht über die Regierung Erdogans verändert habe. Mit seinem Austritt leitete er jedoch seinen persönlichen Untergang ein. Er und seine Familie wurden angefeindet und mussten daher die Türkei verlassen. Unter anderem sei die Boutique seiner Frau mit Steinen beworfen worden. Inzwischen verlor er in der Türkei seine Besitztümer und seine Konten wurden ebenfalls gesperrt.

Verbindung zur Gülen-Bewegung

Das ist jedoch nicht der einzige Grund, dass Sükür den Hass vieler Menschen in der Türkei auf sich zog. Zu seiner Hochzeit war nämlich noch eine weitere Person zu Gast und sogar Trauzeuge: Der türkische Prediger Fethullah Gülen. Dieser gilt inzwischen als Staatsfeind Nummer 1, nachdem Erdogan ihn für den Putschversuch in der Türkei im Jahr 2016 verantwortlich gemacht hat. Gülen lebt seit 1999 ebenfalls in den Vereinigten Staaten, wird jedoch trotz Druck der Türkei von den Vereinigten Staaten nicht ausgeliefert.

Sükür gibt in seinem Interview mit der Welt am Sonntag an, dass er heute keinen Kontakt mehr zu Gülen habe, sich auch nicht zu seinen Anhängern zähle und erst recht nicht mit an dem Putschversuch 2016 mitgewirkt habe. Dennoch wird ihm noch immer eine Verbindung zu Gülens als in der Türkei terroristisch eingestuften Organisation unterstellt. Das macht Sükür damit zum Terrorhelfer.

Kommentator auf Youtube

Sükür lässt sich nicht unterkriegen und baut sich seine neue Existenz in den USA auf. Er bleibt trotz seines Exkurses in die Politik auch weiterhin dem Fußball treu. Auf sozialen Netzwerken kommentiert er inzwischen in Videos und Beiträgen aktuelle Fußballereignisse oder postet Videos von seinen ruhmreichen Zeiten, als er sich mit 51 Toren zum Rekordtorschützen der türkischen Nationalmannschaft hocharbeitete. Es gibt immerhin noch Hunderttausende Menschen, die ihm folgen.

Hin und wieder kann Sükür es doch nicht lassen und es schleicht sich eine politische Botschaft in seinen Channel ein und sei es nur als versteckte Metapher. Beispielsweise hat er vor Kurzem ein Video gepostet, in dem sich ein kleiner Vogel in seine Wohnung verirrte. Er fängt ihn ein und spricht in die Kamera, als er ihn wieder im Garten freilässt. „Möge jeder für sich seine Freiheit erlangen“, sagt er. Der Vogel ist frei, Sükür lebt noch immer im amerikanischen Exil.