Kremlchef Wladimir Putin ist am Donnerstagabend von Frankreichs Präsident François Hollande im Élysée-Palast empfangen worden. Foto: Getty Images Europe

Auf den Schlachtfeldern an Frankreichs Kanalküste soll es klärende Gespräche mit Russlands Präsident Putin geben. Es geht immerhin um Europas schwerste Sicherheitskrise seit Ende des Kalten Krieges.

Auf den Schlachtfeldern an Frankreichs Kanalküste soll es klärende Gespräche mit Russlands Präsident Putin geben. Es geht immerhin um Europas schwerste Sicherheitskrise seit Ende des Kalten Krieges.

Ouistreham - 70 Jahre nach der Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg kommen die Staats- und Regierungschefs aus rund 20 Ländern zur zentralen Feier in die Normandie. Besondere Aufmerksamkeit gilt am Freitag dem ersten Auftritt von Russlands Präsident Wladimir Putin im Kreis westlicher Politiker seit der Eskalation der Ukraine-Krise Mitte März.

Bei einem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Putin im französischen Deauville soll nach russischen Angaben ein Plan auf dem Tisch liegen, um die schwerste Sicherheitskrise in Europa nach Ende des Kalten Krieges zu entschärfen. Auch Merkel hatte sich seit der international scharf kritisierten Annektierung der Krim durch Russland vor knapp drei Monaten nicht mehr mit Putin getroffen.

Sollte die diplomatische Initiative scheitern, drohen die führenden westlichen Industriestaaten Russland schärfere Wirtschaftssanktionen an. Das kündigten die G7-Staaten auf ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel an.

Ob es am Rande der D-Day-Feierlichkeiten auch zu einem Treffen des Kremlchefs mit US-Präsident Barack Obama kommen wird, war im Vorfeld noch unklar. Obama, der Putin während seiner Europa-Reise immer wieder hart kritisiert hatte, schloss ein direktes Gespräch mit dem russischen Präsidenten nicht aus. „Sollten wir die Gelegenheit zum Reden haben, werde ich ihm dieselbe Botschaft wiederholen, die ich ihm während der Krise gesagt habe. Wir werden sehen, was Putin in den nächsten zwei, drei, vier Wochen macht“, sagte Obama. Bleibe Putin auf seinem Kurs, müsse er mit weiteren Strafmaßnahmen rechnen.

Am Donnerstagabend hatte Putin bereits in Paris den britischen Premier David Cameron getroffen. Cameron übermittelte dem Kremlchef nach Angaben einer Sprecherin „einige sehr klare und sehr deutliche Botschaften“. Die beiden Politiker kamen auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle zusammen. Die russische Agentur Interfax meldete, bei der Begrüßung hätten beide Politiker einen Handschlag vermieden. Im Anschluss wurde Putin von Frankreichs Präsident François Hollande im Élysée-Palast empfangen.

Steinmeier reist am Dienstag nach Russland

Außenminister Frank-Walter Steinmeier reist nach Angaben aus Moskau am Dienstag nach Russland. Der SPD-Politiker berate in St. Petersburg mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow sowie dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski über die Lage in der Ukraine.

Laut einer Umfrage sind 89 Prozent der Deutschen der Meinung, dass die westlichen Staaten weiterhin im Gespräch mit Russland bleiben sollen. Nur 9 Prozent hätten die Überzeugung geäußert, dass man Russland so weit wie möglich isolieren sollte. Das ergab eine Umfrage des ARD-DeutschlandTrends.

US-Botschafter John B. Emerson lobte die Ukraine-Politik Merkels. „Die Bundeskanzlerin und Präsident Obama arbeiten in der Ukraine-Krise sehr gut und sehr eng zusammen - von Anfang an“, sagte Emerson der „Berliner Morgenpost“ (Freitag-Ausgabe). Merkel sei in der Ukraine-Politik der wichtigste Verbündete der USA, so Emerson.

Zum Jahrestag der Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg haben in mehreren Orten der Normandie die Feierlichkeiten begonnen. Aus Anlass des Jahrestages sind etwa 1000 Veteranen in die Normandie zurückgekehrt. Die größte Landungsoperation der Geschichte markierte am 6. Juni 1944 den Anfang der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus.

Merkel schrieb in einem Beitrag für die französische Zeitung „Ouest France“ anlässlich der Feiern: „Frieden und Freiheit können schnell infrage gestellt werden. Der Konflikt in der Ukraine zeigt uns das. Die Sorge ist groß zu sehen, dass neue Gräben und Trennlinien entstehen.“

Die Anwesenheit eines hochrangigen deutschen Vertreters war bei den Feierlichkeiten lange Zeit tabu, zweimal lehnte der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) eine Einladung ab. Sein Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) war 2004 beim 60. Jahrestag der Landung der erste Regierungschef, der Nachkriegsdeutschland in der Normandie vertrat. Zehn Jahre später nimmt nun Merkel teil.