VfB-Spieler Daniel Ginczek rollt aus dem „frei geangelten“ Thunfisch, den das japanische Restaurant Mikôto an der Tübinger Straße von den Malediven einfliegen ließ, Sushi. Foto: Thomas Niedermüller

Mit 56 Kilo hat ein Raubfisch von den Malediven Stuttgarter Promis in den Schatten gestellt. Ins Mikôto, in ein Stammlokal von VfB-Spielern, kamen bekannte Gesichter und durften Sushi rollen. Der Thunfisch aber war der Größte.

Stuttgart - Die Stuttgarter Sängerin Jenny Marsala wiegt 49 Kilo. Gern würde sie ein bisschen zunehmen – doch im Probenstress vor ihrem Tourstart am 18. Februar im Theaterhaus dürfte dies kaum gelingen. Der Thunfisch, auf den alle Augen, Handys und Kameras an diesem Abend gerichtet sind, bringt sieben Kilo mehr auf die Waage als sie.

Gut, singen kann der 56 Kilo schwere Prachtkerl nicht, zumindest nicht mehr. Und obendrein nimmt er ruck, zuck ab – so gut schmeckt er den Gästen roh im Restaurant Mikôto im Geschäftskomplex Caleido an der Fahrradstraße, wenige Meter vom Straßenzug unter der Paulinenbrücke entfernt, dem man einst die unschöne Bezeichnung „Schmuddelecke“ gab. Nun ist das Quartier herausgeputzt und brummt.

1400 Euro plus Reisekosten von den Malediven hat der Gegenentwurf zum Fischstäbchen gekostet – der Marktwert des Youtube-Stars im roten Kleid hingegen ist noch unklar, aber er steigt gerade beständig.

Jenny Marsala, die charismatische Sängerin mit türkischen und italienischen Wurzeln, hat einen kurzen, leidenschaftlichen Auftritt mit einer gefühlvollen Stimme, die Großes verheißt. Mit ihrem „Schlob“, ihrer Mischung aus Schlager und Pop, schwimmt die 29-Jährige auf der Erfolgswelle. Jetzt feiert sie mit den VfB-Profis Ron-Robert Zieler, Daniel Ginczek , Matthias Zimmermann und Holger Badstuber , den Musicalstars Trevor Jackson
und Hannes Staffler, SWR-3-Moderator Ben Streubel, den Sängern Almklausi und Yahya Salman, dem Möbelwagen-Präsidenten Thomas Klingenberg und dem Schönheitsdoc Christian Fitz die deutsch-japanische Freundschaft, wie stets im Januar am Mikôto- Geburtstag.

Die VfB-Spieler trinken nur Wasser

Der große Fisch, sagt die Wirtin, wurde frei und nachhaltig geangelt, nicht ökoverwerflich im Schleppnetz aus dem Meer geholt. Hier wird er wertgeschätzt. Bewundernd schauen die Gäste zu, während der gigantische Fang außerhalb der Küche im Lokal feierlich zerlegt wird. Manche mögen’s ein wenig befremdlich finden, weil man im Supermarkt oft nur Thunfisch in Dosen findet – aber dieser ungewohnte Anblick mitten in einer nur vom Meer träumenden Großstadt fasziniert alle.

Offensivspieler Daniel Ginczek ist Sushi-Fan, wie er sagt, und mit seiner Frau oft im Mikôto. An diesem Abend darf er selber ran und vorführen, wie man rohen Fisch rollt. Er kann’s gut. Im Trainingslager in Spanien, erzählt Ginczek, sei es zeitweise kalt gewesen, nicht nur sonnig. Mit den VfB-Kollegen trinkt er nur Wasser, während die Frauen mit Sekt anstoßen. Kurz vor 22 Uhr treten die Spieler den Heimweg an – am nächsten Tag ist um 10.30 Uhr Training. Das Ziel ist klar: Hertha Berlin darf verlieren.

Fotos vom Mikôto-Riesenfisch sorgen bei Facebook für Kommentare wie „Kir Royal lässt grüßen“. Doch der Vergleich hinkt, wie man nicht nur an der Disziplin der Sushi liebenden VfB-Profis sieht. In Stuttgart schlägt man unter der Woche nicht über die Stränge – hat aber trotzdem viel Spaß am Leben, an der Musik, an gutem Essen.

Yahya Salman kam vor fünf Jahren als Flüchtling aus dem Irak

Ein Garant für gute Laune ist der Sänger Yahya Salman, der 2015 bei Dieter Bohlen in „DSDS“ so weit gekommen ist, dass die Münchner Band Smile auf ihn aufmerksam wurde und ihn engagierte. Erst vor fünf Jahren zog der irakische Flüchtling nach Deutschland und spricht so perfekt unsere Sprache, als sei sie mit Arabisch verwandt.

Dass die AfD an Stimmen gewinnt, merkt der in Bagdad geborene Yahya nicht. Nein, ausländerfeindliches Verhalten habe er noch nie gespürt. „Aber ich lebe in Stuttgart“, sagt er, „nicht in einem kleinen Dorf auf dem Land.“ Würden sich aber alle wie in einem Dorf kennen und wissen, wie nett einer wie Yahya ist – der Fremdenhass hätte vielleicht keine Chance mehr.

Wie ein Wirbelwind fegt der junge Mann mit dem Käppi, auf dem „#Yahya“ steht, durchs Mikôto. Mit voller Wucht singt er wie einer, der Tote aufweckt. Der Thunfisch aber ist gegessen. Yahya (deutsch: er lebt) wird am 18. Februar bei der Tourpremiere mit Jenny Marsala auf der Bühne stehen – ausgerechnet am selben Tag feiert das Musical „Der Glöckner von Notre Dame“ im Apollo-Theater Premiere. Großstadt eben. Da ist manchmal mehr los am selben Abend. Und manchmal beendet hier ein eisgekühlter Thunfisch, der mehr wiegt als eine begabte Sängerin, seinen Langstreckenflug.