Das E-Auto könnte die Autoindustrie durcheinanderwirbeln – besonders die Zulieferer. Foto: dpa

Viele Mittelständler behandeln den möglicherweise aufziehenden Sturm des Technologiewandels wie ein Sommergewitter. Die IG Metall schlägt deshalb zu Recht Alarm, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Wie es um die Kräfteverhältnisse in der Autobranche bestellt ist, zeigt sich jedes Frühjahr, wenn die Unternehmen wieder die Gewinnbeteiligung für ihre Belegschaften veröffentlichen. Die Daimlers und Porsches glänzen dann mit satten vierstelligen Zuschlägen auf das oft bereits ordentliche Jahresgehalt – während die Mitarbeiter der Zulieferer, die an den gleichen Autos mitgewirkt haben, entweder leer ausgehen oder sich mit deutlich geringeren Summen zufriedengeben müssen. Von knapp zweistelligen Umsatzrenditen, wie sie sich etwa die Pkw-Sparte von Daimler zum Ziel gesetzt hat, können viele Zulieferer nur träumen.

Es geht nicht um Besitzstände

Während die großen Hersteller den Wechsel von den arbeitsintensiven Verbrennungsautos hin zu weniger aufwendig zu produzierenden E-Fahrzeugen zumindest teilweise werden abfedern können, müssen sich Zulieferer, die oft stark auf bestimmte Produkte spezialisiert sind, teilweise geradezu neu erfinden. Viele werden ihr Glück nun auch außerhalb der Autobranche suchen und eine Reise ins Ungewisse antreten müssen.

Es ist bemerkenswert, dass die Gewerkschaft IG Metall nun Alarm schlägt und vor allem mittelständischen Firmen vorwirft, den Wandel nicht entschlossen genug anzugehen. Das zeigt, dass die Gewerkschaft sich heute weit von der Rolle entfernt hat, lediglich Besitzstände zu verteidigen. Denn in einer Zeit, in der bestehende Technologien durch Neues entwertet zu werden drohen, gibt es nicht einmal mehr einen Adressaten, bei dem Besitzstände geltend gemacht werden könnten. Das Drängen der IG Metall, den Wandel endlich anzugehen, ist somit im Grunde eine Steilvorlage für die Firmen. Denn die Gewerkschaft signalisiert damit die Unterstützung für Projekte, die auch für ihre Mitglieder unangenehm werden könnten. Doch den technologischen Wandel mitzumachen und ihn im besten Fall voranzubringen ist allemal besser als den möglicherweise aufziehenden Sturm zu behandeln wie ein Sommergewitter.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de