Foto: dpa

Lehrer, Schüler und Eltern freier Schulen aus dem ganzen Land treffen sich am Dienstag in Stuttgart zu einer Demonstration. Sie fordern angemessene Zuschüsse von der Landesregierung.

Stuttgart - Lehrer, Schüler und Eltern freier Schulen aus dem ganzen Land treffen sich am Dienstag in Stuttgart zu einer Demonstration. Sie fordern angemessene Zuschüsse von der Landesregierung. Auch Stuttgarter Schulen sind auf der Kundgebung vertreten. Sie bekommen künftig weniger Geld von der Stadt.

26.400 Schüler, 4000 mehr als vor fünf Jahren, haben sich in diesem Schuljahr auf Privatschulen im Regierungsbezirk Stuttgart eingeschrieben. Deren Angebote stehen und fallen mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung, doch um die müssen die freien Schulen kämpfen angesichts leerer Kassen beim Land.

"Wir nehmen dem Land und der Stadt Stuttgart ja Aufgaben ab", sagt Martin Polster, "das können wir in Zukunft aber nur tun, wenn die Personal- und Sachkosten vernünftig bezuschusst werden." Andernfalls müsste das Schulgeld, das die Eltern bezahlen, erhöht werden, und die Sozialermäßigungen fielen "weniger großzügig" aus.

Das ist weder im Sinn der Evangelischen Schulstiftung in Stuttgart, deren Vorsitzender Polster ist, noch im Sinn der Familien, die ihre Kinder auf die Johannes-Brenz-Schule, das Mörike- und das Heidehof-Gymnasium schicken. Für sie wäre es die zweite Gebührenerhöhung innerhalb eines halben Jahres. Bereits im August wurde das Schulgeld von 60 auf 100 Euro pro Monat erhöht. Nun befürchten die Eltern, aus Schulen, "die für alle Einkommensverhältnisse offen sind", könnten Eliteschulen werden.

In der Koalitionsvereinbarung 2006 haben CDU und FDP im Land den Schulen in freier Trägerschaft zugesichert, die finanzielle Förderung bis 2011 auf 80 Prozent der Kosten eines staatlichen Schülers stufenweise anzuheben. Noch liegt dieser Prozentsatz deutlich darunter, für manche Schulen hat er sich seit 2005 gar verschlechtert.

"Wir als Gymnasium sind mit einem Kostendeckungsgrad von 76 Prozent vergleichsweise gut dran", sagt Harald Häupler, Rektor des Albertus-Magnus-Gymnasiums, wie das St.-Agnes-Gymnasium unter katholischer Trägerschaft. Nach den Berechnungen der Landesregierung liege der Kostendeckungsgrad für Fachschulen bei lediglich 53,3 Prozent, der für Grund- und Hauptschulen bei 62 und 64 Prozent, und Technische Gymnasien müssen sich mit 62 Prozent abfinden.

Trotzdem fehlen dem Albertus-Magnus-Gymnasium 160.000 Euro pro Jahr, die Harald Häupler keinesfalls über höhere Elterngebühren decken will oder kann. "Wir verlangen 50 Euro pro Monat von den Familien, egal, wie viele Kinder sie zu uns schicken. Wir wollen nicht Reichen eine besondere Schule bieten, sondern der Gesellschaft Bildung und eine christliche Erziehung anbieten. Das darf keine Frage des Geldes sein", so Häupler.

Bei diesem guten Vorsatz zu bleiben, fällt freien Schulen immer schwerer. Denn auch die Stadt zieht sich ein Stück aus der Förderung zurück. Bisher gewährt sie als eine der wenigen Städte im Regierungsbezirk pro Schüler 60 Prozent der Sachkosten, die ein Schüler im Jahr 2002 an einer öffentlichen Schule verursachte. Vom kommenden Schuljahr an gibt es angesichts der Haushaltssanierung allerdings nur noch 45 Prozent. Von der Kürzung betroffen sind 16 Prozent oder 7400 Stuttgarter Schüler.

Außerdem mussten die Träger der freien Schulen zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, dass die Stadt das Geld aus dem Konjunkturpaket II nur an öffentliche Schulen ausgeschüttet hat. "Unser Schulträger hat in den vergangenen Jahren viel in die Instandhaltung investiert", sagt Rektor Harald Häupler, "jetzt bekommen wir zu hören, dass Sanierungen an den öffentlichen Schulen viel dringender wären." Doch in dieser Sache sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Stiftung katholischer freier Schulen hat Widerspruch eingelegt und wird vermutlich eine Sammelklage gegen die Stadt einreichen; die Michael-Bauer-Schule, eine Waldorfschule, klagt bereits, die Waldschule Degerloch hat eine entsprechende Absicht bekundet.

Denn insgesamt geht es für jede Schule um viel Geld: Dem Albertus-Magnus-Gymnasium beispielsweise fehlen nicht nur besagte 160.000 Euro Landesförderung, sondern ihm gehen durch die städtischen Sparmaßnahmen 32000 Euro pro Jahr und durch die verweigerte Konjunkturspritze weitere 247.000 Euro verloren. "Es sind keine riesigen Einzelposten, aber es läppert sich", sagt Harald Häupler.

Mittelfristig will die Evangelische Schulstiftung mit Stiftungskapital ein weiteres Standbein zur finanziellen Absicherung ihrer Bildungseinrichtungen schaffen. "Wir arbeiten an einem Alumni-Konzept, laden Ehemalige zu Veranstaltungen ein und hoffen auf Spenden", sagt Martin Polster. Die Idee, ehemalige Zöglinge (lateinisch Alumni) als Förderer zu gewinnen, hat in den USA eine lange Tradition.

Zunächst soll mit der Demonstration die Öffentlichkeit auf die Misere aufmerksam gemacht werden. Auch die Eltern, Lehrer und Schüler der Freien Waldorfschule am Kräherwald sind gut gerüstet für Dienstag. "Schüler der zwölften Klasse haben Protestplakate gemalt", sagt Christian Sommerlad vom Schulbüro. Damit werden sie das Land an seine Zuschussversprechen erinnern.

Die landesweite Demonstration beginnt um 10 Uhr in der Lautenschlagerstraße beim Hauptbahnhof. Über die Schillerstraße, Konrad-Adenauer-Straße und die Planie führt die Route zum Schlossplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfindet.