Die Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis will die Pannen am Wahlsonntag aufarbeiten. Foto: dpa/Christoph Soeder

Wahlchaos in der Hauptstadt: Die Landeswahlleiterin sieht die Verantwortung bei den örtlichen Wahlämtern – und schließt eine Wahlwiederholung in einzelnen Bezirken nicht aus.

Berlin - Fehlende Stimmzettel, stundenlange Wartezeiten, Stimmabgaben weit nach 18 Uhr – die Liste der Pannen war lang am Superwahlsonntag in Berlin. Nun hat die Aufarbeitung in der Hauptstadt begonnen, und längst sind noch nicht alle Fragen beantwortet. Die langen Schlangen vor vielen Wahllokalen erklärte die Landeswahlleiterin Petra Michaelis auf einer Pressekonferenz am Montag durch die Vielzahl gleichzeitiger Wahlen. Bundestag, Abgeordnetenhaus, Bezirksparlamente, Volksentscheid – die Berliner machten ihr Kreuz am Sonntag auf mehreren Stimmzetteln.

Lesen Sie aus unserem Angebot: So hat Baden-Württemberg gewählt

„Viele Wahlberechtigte waren deutlich länger als gewöhnlich in der Wahlkabine“, sagte Michaelis. Die Zahl der Wahllokale sei daher im Vorfeld um rund 500 erhöht worden auf insgesamt 2257. Auch habe man spontan zusätzliche Wahlkabinen eingerichtet, sei hier aber aufgrund der Corona-Beschränkungen schnell an logistische Grenzen gestoßen.

Dass vielerorts die Stimmzettel ausgegangen waren, konnte sich die Landeswahlleiterin dagegen nicht erklären. Man habe Zettel im Umfang von 110 bis 120 Prozent der Wahlberechtigten drucken lassen, die dann wohl von den hierfür verantwortlichen Bezirkswahlämtern ungleich oder falsch auf die Wahllokale verteilt worden seien.

Stimmabgabe nach 18 Uhr wohl rechtmäßig

Nach Einschätzung von Geert Baasen, dem Leiter der Geschäftsstelle der Berliner Landeswahlleitung, lag die Zahl der Wahllokale mit Problemen im oberen zweistelligen bis unteren dreistelligen Bereich. Schwierigkeiten seien vor allem in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg aufgetreten.

Ob die Wahl in Berlin erfolgreich angefochten werden kann, ist derzeit noch nicht absehbar. Dass viele Wahlberechtigte ihre Stimme erst nach 18 Uhr abgeben konnten und so durch erste Prognosen beeinflusst worden sein könnten, dürfte allerdings kein zulässiger Klagebestand sein. „Personen, die vor Ablauf der Wahlzeit erschienen sind und sich im Wahlraum oder aus Platzgründen davor befinden, sind zur Stimmabgabe zugelassen“, schrieb der Bundeswahlleiter Georg Thiel auf Twitter unter Verweis auf die Bundeswahlordnung. Eine Beeinflussung lasse sich in solchen Fällen nicht völlig vermeiden, ergänzte Michaelis: „Das nimmt das Gesetz an dieser Stelle in Kauf.“

Wahlwiederholung in einzelnen Berliner Bezirken?

Anders könnte es mit Blick auf die Nicht-Aushändigung von Wahlzetteln aussehen: Mehrere Berliner Wahllokale hatten aufgrund fehlender Stimmzettel vorübergehend schließen und Wahlberechtigte abweisen müssen. „Jeder und jede muss die Möglichkeit haben, seine Stimme abzugeben“, sagte Michaelis. Sie wolle in den nächsten Tagen im Austausch mit den Bezirkswahlämtern klären, ob das überall der Fall gewesen sei. Eine Wahlwiederholung in einzelnen Bezirken könne sie bis zur vollständigen Klärung dieser Fragen nicht kategorisch ausschließen. Bundeswahlleiter Thiel hat jedenfalls schon einen detaillierten Bericht von der Landeswahlleitung zu den Pannen in Berlin angefordert. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.