Ein verschworener Haufen: Kerber, Petkovic und Rittner (v.li.) Foto: Baumann

Von wegen nicht in Form: Die deutschen Tennisdamen haben sich in der Stuttgarter Porsche-Arena in einen Rausch gespielt – allen voran Andrea Petkovic.

Stuttgart - Ulrich Klaus ist erst seit drei Monaten im Amt. Doch schon das erste Quartal ist nicht spurlos an dem neuen Präsidenten des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) vorbeigegangen. Zwölf Kilogramm hat der ehemalige Gymnasial-Direktor seither abgenommen – und seit dem Wochenende so manch’ graues Haar hinzubekommen. „Ich war die ganze Zeit aufgeregt. Das waren Dramatik und Emotionen pur, und ich hatte auch Tränen in den Augen“, gab Klaus nach dem 4:1-Erfolg der deutschen Damen in der ersten Fedcup-Runde gegen Australien zu.

Vor allem Andrea Petkovic hatte ihren Verbands-Chef so einiges auf der Tribüne der Stuttgarter Porsche-Arena abverlangt. Das Gute daran: Die deutsche Nummer zwei hatte am Samstag zunächst die Auftaktniederlage von Angelique Kerber gegen Jarmila Gajdosova (6:4, 2:6, 4:6) wettgemacht. Das Schlechte: Bei ihrem knappen 6:4, 3:6, 12:10 gegen Samantha Stosur, US-Open-Siegerin von 2011, musste die 27 Jahre alte Petkovic im dritten Satz sogar einen Matchball abwehren und brauchte in den 3:16 Stunden Spielzeit viele Nerven. „Jetzt weiß ich, dass ich diese blöden Meditations-Übungen zuvor nicht umsonst gemacht habe“, scherzte die Weltranglistenzwölfte nach dem Tennis-Krimi gegen Australiens Nummer eins.

Nur unwesentlich entspannter verlief der zweite Tag für die Vorjahresfinalistinnen. Ulrich Klaus drückte jedenfalls seine Daumen, bis sie fast blau waren. Auch wenn Angelique Kerber vor 3950 Zuschauern im Vergleich zu ihrem schwachen Auftritt vom Vortag groß aufspielte. Die Spitzenspielerin bezwang Samantha Stosur glatt mit 6:2, 6:4 und jubelte danach befreit auf: „Ich habe heute Nacht nur wenig schlafen können. Dafür habe ich nun gegen mich selbst und Sam gewonnen“, sagte die Weltranglistenzehnte.

Den entscheidenden Punkt holte aber ausgerechnet Andrea Petkovic, die vor dem Fedcup-Wochenende in 2015 nicht ein einziges Spiel auf der WTA-Tour gewonnen hatte. Und wieder einmal legte sie ein dramatisches Match hin. Australiens Nummer zwei, Jarmila Gajdosova, rang sie nach 1:56 Stunden mit 6:3, 3:6, 8:6 nieder. „Ich war komischerweise ein bisschen müde von gestern“, witzelte die Hessin nach ihrem Matchball, um dann die Party in der Arena zu eröffnen. „Ich hoffe, es gibt Champagner“, rief sie unter großem Gelächter ins Publikum: „Bier wäre aber auch okay.“ Schnell in den Feiermodus schaltete auch Barbara Rittner: „Ich kann gar nicht ausdrücken, wie stolz ich bin“, betonte die Kapitänin, die seit 2005 im Amt ist. Den Schlusspunkt setzte das Doppel Sabine Lisicki/Julia Görges, das Olivia Rogowska/Casey Dellacqua 6:7, 7:6, 10:6 besiegten.

Dennoch: In die Freudentänzchen der deutschen Tennis-Ladys mischte sich auch Ärger. Denn das Halbfinale findet in Russland statt. Die Russinnen um Spitzenspielerin Maria Scharapowa gewannen in Polen 4:0. Am 18. und 19. April geht’s deshalb nach Moskau. Was die deutschen Damen so amüsant finden wie eine 0:6-, 0:6-Niederlage in einem Grand-Slam-Endspiel. Denn direkt nach dem Fedcup-Semifinale findet in Stuttgart der Porsche Tennis Grand Prix (18. bis 26. April) statt. „Diese Reise ärgert uns unglaublich“, knurrte Andrea Petkovic, „wir haben ja nur wenige Turniere in Deutschland, um Werbung für uns und unseren tollen Sport zu machen – und dann kommen wir wieder völlig erschöpft zurück.“

Die Darmstädterin spielte auf den Halbfinal-Ausflug nach Australien im vergangenen Jahr an, als nach dem 3:1-Sieg in Brisbane die deutschen Spielerinnen beim WTA-Turnier in Stuttgart ihre Auftaktmatches verloren. „Aber wir wollen unbedingt diesen Cup gewinnen, daran kann auch diese Reise nichts ändern“, fügte Petkovic an.

Immerhin: Zur Entschädigung würde der DTB-Truppe ein Finale daheim winken. Für Barbara Rittner steht auch schon fest wo. „Ich weiß nicht, wie wir jemals woanders spielen könnten als hier“, meinte die Teamchefin und applaudierte in Richtung der feiernden Stuttgarter Tennisfans. Ulrich Klaus hatte sich in diesem Moment mal hingesetzt, um kräftig durchzuschnaufen.