Ehrgeizig und erfolgreich: Die Florettfechterin Zsofia Posgay Foto: Baumann

Florettfechterin Zsofia Posgay (16) ist eines der großen Talente des Polizeisportvereins Stuttgart (PSV). „Das kann eine ganz Große werden“, sagt Trainer Michael Kühner anerkennend.

Stuttgart - Ein, zwei schnelle Schritte macht die junge Fechterin nach vorne. Kurz täuscht sie an, wartet einen Abwehrversuch ihres Gegners ab. Dann zwei schnelle, scheppernde Stöße von schräg unten. Zsofia Posgay zieht sich die silbern glänzende Maske vom Gesicht, schüttelt ihre langen Haare aus und wischt sich mit dem Arm über die feuchte Stirn. Die 16-Jährige ist Florettfechterin beim Polizeisportverein (PSV) Stuttgart – und das größte Nachwuchstalent der Abteilung. „Das kann eine ganz Große werden“, sagt Trainer Michael Kühner anerkennend.

Dreimal pro Woche trainiert Zsofia Posgay in der Fechthalle des PSV in der Stuttgarter Scharrena. „Man braucht Ehrgeiz und Ausdauer“, sagt die gebürtige Ungarin. Und eine gewisse Faszination für die Sportart: „Fechten ist nicht nur Technik, sondern auch viel Kopfsache. Man muss konzentriert sein, permanent auf der Hut. Das gefällt mir“, erklärt Posgay. Schon früh begann sie in Ungarn mit dem Sport. Seit vier Jahren ist sie in Deutschland – fast ebenso lange ficht sie nun beim PSV. Und das erfolgreich: Im Frühjahr wurde sie deutsche Vizemeisterin bei den A-Jugendlichen. Fast hätte es in der vergangenen Saison auch zur Qualifikation für die EM gereicht – das will sie in der neuen nun erreichen. Am vergangenen Wochenende kam sie beim ersten Ranglistenturnier unter die besten 16 – beim Weltcup-Turnier Ende Oktober in Bochum will sie einen Schritt Richtung Nationalkader machen.

Fechten beim PSV Stuttgartist eine Sache der Familie Kühner

Der Erfolg seiner Nachwuchsfechter sei nicht nur Talent, sagt Michael Kühner. Dahinter steckt vor allem intensives Training – und das Engagement des Trainers. „Es kommt nicht darauf an, besonders sportlich zu sein“, sagt Kühner, „sondern auch auf den Ehrgeiz und die Nervenstärke.“ Für den ehemaligen Leiter der Stuttgarter Mordkommission ist Fechten eine Willensschule, gerade für Jüngere: „Man muss die Situation aushalten. Dem Gegner gegenüberzustehen, ihn auszuforschen, keinen zitternden Arm zu bekommen, und dann den Treffer zu setzen“, beschreibt Kühner den Sport.

Zum Fechten kam Kühner über seinen Vater. Statt zum Fußball wurde er als Kind lieber zum Fechten geschickt – nicht unbedingt immer freiwillig. Mit den Jahren wurde das Fechten nicht nur zur Leidenschaft von Kühner – es bestimmt schon lange sein Leben. Und das seiner Familie. Über das Fechten lernte er seine Frau Bettina kennen. Klar, dass dann auch die Kinder mit dem Sport in Berührung kamen, selbst fochten und sich später zu Trainern ausbilden ließen. Und so ist Fechten beim Polizeisportverein heute zur Familiensache der Kühners geworden.

„Das Zusammenarbeiten im Verein ist insgesamt sehr familiär“, sagt Anna Kühner, während sie zwei jüngeren, eifrigen Fechtern genau auf die Klingen schaut. Die intensive Nachwuchsarbeit zahlt sich aus: Zum Zentrum für Nachwuchsleistungssport wurde die Fechthalle des PSV vom Deutschen Fechterbund erkoren, regelmäßig belegen die Nachwuchstalente vordere Ränge auf Landes- und Bundesebene. Um das zu fördern, kooperiert Kühner auch mit Stuttgarter Schulen, macht dort Werbung und bietet Interessierten Schnuppertraining – Fechten ist eben trotz allem eine eher unbekannte Sportart. „Für Schüler sind das erst einmal komplett neue Bewegungen beim Fechten“, sagt Kühner. „Aber wenn man ein Gefühl hat für die Klinge, kann man die Bewegungen und die Beinarbeit lernen.“

Zsofia Posgay beherrscht diese Techniken inzwischen fast blind. Und schnell. Ein paar Schritte trippelt sie auf ihrer ein Meter langen Bahn – oder Planche – vor, dann wieder zurück. Permanente Beinarbeit. Ein kurzer Angriff, ein schneller Stoß über den Kopf. Und dabei immer elegant. „Es gibt noch viel, woran ich arbeiten muss“, sagt die Schülerin. Trainer Kühner bringt das zum Schmunzeln: Etwas selbstbewusster könnte sie manchmal sein, sagt er. Und wundert sich, dass Posgay trotzdem so erfolgreich ist.