Britta Heidmann in voller Montur – das war einmal. Foto: dpa

Die Olympiasiegerin 2008 im Degenfechten, Britta Heidemann, beendet ihre sportliche Laufbahn – und hat in der Zukunft sehr viel vor.

Stuttgart - Ach ja, da war doch noch was: Wie im Vorbeigehen hat Britta Heidemannihre Karriere beendet. Bei all den Aufgaben, die sich die 35 Jahre alte Fecht-Olympiasiegerin von 2008 so aufhalst, kann man durchaus mal den Überblick verlieren. Sie ist Mitglied der IOC-Athletenkommission, sitzt im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds, ist Sport-Botschafterin der Bundesregierung, hält vor verunsicherten Unternehmern Motivationsreferate und hockt auch noch im Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln.

Wenn jemand die hohe Kunst des Multi-Tasking beherrscht, dann wohl Britta Heidemann, die einstmals große Dame des Degenfechtens. Zeitgleich war sie Weltmeisterin, Olympiasiegerin und Europameisterin, das so genannte „Golden Triple“ hat sie exklusiv. Das Ende ihrer beachtlichen sportlichen Laufbahn zeichnete sich allerdings schon ab, als sie die Qualifikation für die Sommerspiele 2016 in Rio verpasste. Vielleicht hatte sie sich damals schon auf zu vielen Hochzeiten getanzt, womöglich wurde das Aus aber auch einkalkuliert, weil Heidemann immer schon eine Sportlerin war, die mehr an die Zukunft dachte als an das Jetzt.

Heidemann bringt alles unter einen Hut

Sich alle Möglichkeiten offen zu lassen und Neues zu erkunden, war schon immer ihr Ding. Deshalb sitzt Heidemann auch in allen möglichen Gremien und ist so fleißig, dass sie sich am Flughafen fast schon selbst begegnet. „Auch wenn die eine Karriere jetzt vorbei ist, geht die zweite Laufbahn gerade erst richtig los“, sagt Heidemann, aber so ganz der Wahrheit entspricht das nicht, denn im Prinzip hat sie schon seit Jahren ihre zweite Karriere eingeschlagen: als Funktionärin, als Sport-Botschafterin, als Beraterin – und bei der Fußball-WM in Brasilien sogar als Fernsehreporterin aus dem Mannschaftsquartier der deutschen Elf.

Britta Heidemann ist, salopp formuliert, ein Tausendsassa. Dass sie alle dies unter einen Hut bringt, darüber wundern sich ihr nahestehende Personen nicht. „Sie ist ein toller Typ, eloquent und intelligent“, sagt der Fellbacher Sportmanager Klaus Kärcher, der für Heidemann als guter Freund und Ratgeber stets erreichbar ist. Und die Karriereleiter ist für Kärcher auch noch lange nicht erklommen. „Sie wäre prädestiniert dafür, beispielsweise im IOC auch höhere Aufgaben zu übernehmen“, sagt er. Frischer Wind tue in den gehobenen Funktionärskreisen des Sports ohnehin ganz gut. „Wir brauchen Athleten, die was in der Birne haben“, sagt Kärcher, außerdem schade es der Frauenquote keineswegs, wenn ehemalige Sportlerinnen in den Hierarchien nach vorn marschieren.

In China ein Star

Dass Britta Heidemann die unbequemen Wege nicht scheut, ist spätestens klar geworden, als sie chinesische Regionalwissenschaften studierte, sie spricht einwandfrei Mandarin. In China wurde sie so zu einem echten Superstar – als Fechterin. Sie war als erste ausländische Athletin in der chinesischen Version des Aktuellen Sportstudios zu Gast. Und als die Spiele 2008 in Peking die Regime-Kritiker auf den Plan riefen, stellte sich Heidemann mutterseelenallein vor das Riesenreich, bat um einen diplomatischen Umgang mit China und war damit der Gegenentwurf zu Aktiven wie ihrer Degengenossin Imke Duplitzer, die die Machthaber Chinas kritisiert und die Eröffnungsfeier wütend boykottiert hatten.

Für ihre Pro-China-Haltung bekam Heidemann Gegenwind. „Ich wurde ins kalte Wasser geschmissen und hatte von heute auf morgen viele Interviews“, erinnert sie sich. Dabei habe sie die Erfahrung macht, „dass man mitunter sehr schnell und sehr persönlich angegriffen wird“. Doch wen jemand das aushält, dann Heidemann, die Frau, die nichts dem Zufall überlässt. „Sie ist fleißig und ein echter Kontrollfreak, auch wenn sie sich damit manchmal im Weg steht“, sagt Klaus Kärcher und nennt einkleines Beispiel mitten aus dem Leben: „Sie geht gerne auf Partys, hat aber auch dort immer alles unter Kontrolle – ganz im Gegensatz zu mir“, sagt Kärcher und lacht.

Die Chinesen nennen ihren Star made in Germany einfach nur „kleiner Mond“. Doch wenn derlei Verniedlichungen auf jemanden nicht zutreffen, dann auf die resolute und selbstbewusste Kölnerin Britta Heidemann.