Schnee in Stuttgart? Das war im Februar nur ein ganz kurzes Vergnügen. Foto: 7aktuell/Oskar Eyb

Für Schneeromantiker waren der Februar und auch der gesamte Winter in Stuttgart nur eines – ein meist windiger Totalausfall. Der Wetterdienst verzeichnete null Schneetage.

Stuttgart - Am vorigen Donnerstag wurden auf Stuttgarts Höhenlagen die Handykameras gezückt. Ungewohnt orange angestrichene Lastwagen fuhren mit Blinklicht zum Beispiel durch Degerloch, am Kräherwald, auf der Rohrer Höhe oder in Sillenbuch. Vornedran hatten sie Schaufeln, hinten sprühten sie Tausalz auf das Weiß. Eltern erklärten ihren Kindern auf dem Nachhauseweg von der Kita, dass es so was einst öfter gegeben habe und dass man mit der komischen Holzliege mit den rostigen Kufen unten dran aus dem Keller auf dem weißen Zeug sogar rumschlittern könnte.

Männer nahmen einen halben Tag frei und suchten nach dem Karbon-Schneeschieber oder sogar der Schneefräse, die man sich im letzten krachenden Winter 2009/2010 gekauft hatte. Dann schob man den nassen Pappschnee zu Haufen zusammen und freute sich, wenn der eigene höher war als der des Nachbarn. Man musste sich mit dem Schippen und den Fotos aber beeilen, denn tags darauf war schon wieder alles weg. Kurzum – der Schneewinter 2019/2020 fiel in Stuttgart auf den 27. Februar.

Winter mit null Schneetagen

Statistisch gab es ihn sogar gar nicht. Da an der Station des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Schnarrenberg Schnee immer um 7 Uhr morgens gemessen wird, geht der Winter 2019/20 mit null Schneetagen in die Historie ein. Das gab es seit Beginn der Aufzeichnungen 1951 erst zweimal (1975, 2014). Und vor allem gab es das auch schon ganz anders – zum Beispiel genau vor zehn Jahren: So lag im Winter 2009/2010 rund um die Universität Hohenheim vom 18. Dezember an 65 Tage lang eine geschlossene Schneedecke. Aus dieser Zeit stammt auch ein bis heute gültiger Fußballrekord. Am 19. Dezember 2009 wurden bei der Partie VfB Stuttgart gegen 1899 Hoffenheim im Stadion minus 17 Grad über dem Boden gemessen. Stuttgart war der Kältepol der Bundesliga. Der Vollständigkeit halber – der VfB gewann das kälteste Erstligaspiel der Geschichte 3:1.

Nun zum aktuellen meteorologischen Winter, den man für Stuttgart, obwohl er durch das Schaltjahr sogar einen Tag länger war, mit einem Wort beschreiben kann: Totalausfall. Außer an besagtem Donnerstag in der vergangenen Woche war zumindest in Sachen Schnee nichts los. „Der Winter 2020 war mit einer Mitteltemperatur von 5,1 Grad um 3,8 Grad zu warm“ sagt dazu DWD-Meteorologe Andreas Pfaffenzeller. „Das ist Platz drei. Den wärmsten Winter hatten wir 2007 mit 5,4, gefolgt von 2016 mit 5,2 Grad.“ Insgesamt war es der sechste zu warme Winter nacheinander.

Am 16. Februar gab es stolze 20, 5 Grad

An dieser Bilanz konnte auch der Februar nichts mehr ändern. Auch der war 4,8 Grad wärmer als der langjährige Durchschnitt (1,9 Grad). Es gab gerade mal fünf Tage, an denen Minustemperaturen gemessen wurden, und die lagen am Anfang. Zwischen dem 9. und 29. Februar sank das Thermometer nur einmal ganz knapp unter null - eben an jenem besagten Donnerstag, als es für ein paar Stündchen am Kesselrand weiß wurde.

Der ausgefallene Winter hatte allerdings auch ganz gute Seiten – zumindest für alle, die meinen, Klimawandel sei doch eigentlich nicht so übel. Am 16. Februar gab es stolze 20,5 Grad im Städtle, das ist nur ein Grad unter dem bisherigen Februar-Rekord von 1990. Und auch die Sonne war nicht faul. Im Februar wurden knapp 105 Sonnenstunden registriert, das entspricht etwa 132 Prozent. Der gesamte Winter war mit 299 Sonnenstunden (153 Prozent) der zweithellste seit 1951. Für Freunde eines weißen Postkartenwinters ist das nur ein kleiner Trost.

Der Winter war aber auch nass

Aber es gab meteorologisch auch Positives. Nachdem es in den vergangenen Jahren oft viel zu trocken war, weinte dieser Winter bitterlich. Allein im Februar wurden 80 Liter Regen am Schnarrenberg gemessen, das sind stolze 231 Prozent des langjährigen Durchschnitts. Auch der gesamte Winter war trotz eines zu trockenen Januars in Stuttgart mit 137 Litern (124 Prozent) sehr nass. Den Böden und dem Grundwasser tut das nur gut.

Jetzt ist der Winter vorbei – wobei: 1974 gab es nach grünen Wintermonaten noch einmal sechs Schneetage im März. Ob das wieder so kommt? Zumindest nicht, solange warmer und oft heftiger Südwestwind das Vordringen kalter Luftmassen aus dem Norden blockiert. Und das manchmal mit Macht. Sturmtief Sabine ließ am 10. Februar eine orkanartige Böe mit 109 Sachen über Stuttgart brausen. Auch das gibt es nicht so oft, braucht aber kein Mensch.