FDP-Chef Christian Lindner geht selbstbewusst in das Wahljahr 2017. Foto: dpa

Der Bundesparteitag der FDP verlief unfallfrei. Für die Liberalen beginnt mit der Verabschiedung des Wahlprogramms der Endspurt hin zur Bundestagswahl. Das sind die Ziele.

Berlin/Stuttgart - Mit Blick auf die im September anstehende Bundestagswahl hielt die FDP in Berlin ihren 68. Bundesparteitag ab. Dabei verabschiedeten die Delegierten das Wahlprogramm, mit dem die Liberalen um Parteichef Christian Lindner im September punkten wollen. Das sind die Ziele.

Bildung: Bildung wird als „Mondfahrtprojekt“ beworben. Deutschland müsse bei den Bildungsinvestitionen mindestens zu den fünf besten OECD-Staaten aufschließen. Was die FDP sich das kosten lassen will, bleibt offen. Weil Länder und Kommunen davon überfordert wären, soll die Schulpolitik eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ werden, was Lindner als Legitimation dafür deutet, das Kooperationsverbot zu kippen. Dieses untersagt dem Bund, die Länder dauerhaft in Bildungsangelegenheiten finanziell zu unterstützen. Gefordert werden außerdem bundesweite Bildungsstandards und mehr Autonomie für die Schulen.

Die Finanzierung soll fundamental verändert werden. Die FDP will Bildungsgutscheine an Eltern für jedes Kind ausgeben, die diese an die Bildungseinrichtung weitergeben, für die sie sich entscheiden. Auch die Hochschulen sollen stärker für die Zahl der Studierenden belohnt werden, die deren Angebot schätzen. Außerdem sollen Stipendien ausgeweitet und Studiengebühren erhoben werden, die im späteren Berufsleben bezahlt werden können. Auch soll es eine elternunabhängige Ausbildungsförderung für Schüler, Auszubildende und Studierende geben. Diese soll aus einem Zuschuss von 300 Euro sowie einem Darlehensangebot bestehen. Zur Teilfinanzierung von Schulen, Kindergärten und Kitas setzt die FDP auf Bildungsgutscheine, die Eltern an die Einrichtung ihrer Wahl weitergeben.

Digitales: Die FDP fordert die Schaffung eines Digitalministeriums. Die Lebens- und Arbeitswelt sowie des Verkehrssektors müssten weitgehend digitalisiert und die digitale Infrastruktur müsse möglichst schnell ausgebaut werden. Lehrer dürften nicht als „digitale Amateure“ den Schüler gegenüber treten. Staatsbeteiligungen an Unternehmen wie der Post und der Telekom sollen verkauft werden. Den Erlös will die Partei in den Ausbau des Glasfasernetzes für schnelles Internet investiert werden. Die Bürger sollen die Kontrolle über ihre digitalen Daten behalten, zugleich sollen aber „datenbezogene Geschäftsmodelle“ nicht ausgebremst werden.

Steuern: Um mindestens 30 Milliarde Euro will die FDP bis 2021 die Bürger entlasten. Der Soli soll 2019 weg. Die Gesamtbelastung durch Steuern und Sozialabgaben soll die Hälfte des Einkommens nicht mehr überschreiten, so soll es im Grundgesetz stehen. Die FDP will den Einkommensteuertarif so ändern, dass der Staat nicht länger von heimlichen Steuererhöhungen profitiert. Bei der Grunderwerbsteuer will die FDP einen Freibetrag von bis zu 500000 Euro für selbst genutztes Wohneigentum. Eine „Schuldenbremse 2.0“ soll festschreiben, dass versicherungsfremde Leistungen aus dem Bundeshaushalt und nicht mehr aus den Kassen der Sozialversicherungen finanziert werden.

Flüchtlinge und Einwanderung: Die FDP will ein „geordnetes Einwanderungsrecht“. Die Einwanderung qualifizierter Menschen hält die FDP angesichts einer alternden Gesellschaft für notwendig, will aber, dass mit einem Punktesystem klare Kriterien geschaffen werden, die festlegen, wer bleiben kann und wer nicht. Damit soll zwischen Einwanderern und Asylbewerbern oder Flüchtlingen unterschieden werden. Für Kriegsflüchtlinge soll es eigens einen nationalen vorübergehenden humanitären Schutz geben, begrenzt auf die Dauer des Krieges. Die doppelte Staatsbürgerschaft wird im Prinzip akzeptiert, soll aber in der dritten Generation nicht mehr möglich sein.

Rente und Arbeitsmarkt: Älteren soll ein flexibler Übergang in den Ruhestand ermöglicht werden. Ein politisch festgelegtes Renteneintrittsalter und Hinzuverdienstgrenzen sollen wegfallen. Auch in der Arbeitswelt will die FDP mehr Flexibilität, beispielsweise bei der Regulierung von Arbeitszeitmodellen. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei Hartz-IV-Empfängern sollen verbessert werden. Zudem fordert die Partei betriebsunabhängige Langzeitkonten für Arbeitszeiten.

Innere Sicherheit: Die FDP will keine schärfere Gesetze sondern mehr Personal für Polizei und Justiz. Außerdem müsse die Sicherheitsarchitektur dringend reformiert werden, da zu viele Behörden in Bunde und Länder für die Sicherheit zuständig seien. Auch die internationale Kooperation zur Terrorismusbekämpfung müsse verbessert werden. Anstatt die Verbindungsdaten von Millionen von Bürgern anlasslos zu speichern, tritt die FDP für eine Sicherung im konkreten Verdachtsfall ein.

Außenpolitik: Die Kommission der Europäischen Union soll sich auf jene Aufgaben konzentrieren, die nur international auf europäischer Ebene geregelt werden können. Was national geregelt werden könne, solle nicht in Brüssel landen. Deutschland soll sein Engagement in der Nato ausbauen, wenn es sein müsse, auch mit mehr Geld und einer Ausweitung der Einsätze. Für Diplomatie, Verteidigung und Entwicklung zusammen wollen die Liberalen drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgeben. Hart ins Gericht gehen die Liberalen mit der Türkei. Angesichts des autokratischen Kurses des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verlangen sie einen sofortigen Stopp der EU-Beitrittsgespräche. Die Liberalen machen sich für die transatlantische Partnerschaft stark: Berechtigte Kritik an der neuen US-Regierung dürfe nicht zu Antiamerikanismus mutieren. EURO Die FDP hat Griechenland besonders auf dem Kicker. Mit Blick auf die Lage dort will sich die FDP dafür einsetzen, dass Staaten sollten nach einem geregelten Verfahren aus dem Euro-Währungsgebiet austreten können, ohne ihre EU-Mitgliedschaft zu verlieren. Außerdem soll der Weg für „geordnete Staatsinsolvenzen in der Euro-Zone“ eröffnet werden.

Ehe und Familie: Die FDP fordert die Öffnung der Ehe für alle. Alle kindesbezogenen Leistungen des Staates sollen zu einem „Kindergeld 2.0“ zusammengefasst werden.