„Acht plus X“, sei das Wahlziel, sagt FDP-Landeschef Michael Theurer Foto: dpa

Der FDP-Landeschef Michael Theurer wettert beim Landesparteitag gegen staatliche Gängelung. Für ein Lob an die Polizei erhält er den meisten Applaus.

Fellbach - Mit großem Selbstbewusstsein starten die baden-württembergischen Liberalen ins Wahljahr 2017. Ihr Landesvorsitzender Michael Theurer wies am Donnerstag in einer kämpferischen Rede vor 400 Delegierten beim Landesparteitag in Fellbach daraufhin, dass nur mit einem überdurchschnittlichen Abschneiden im liberalen Stammland der Wiedereinzug in den Bundestag zu schaffen sei. Bei der Landtagswahl 2013 hatten die Südwest-Liberalen 446 000 Stimmen – das entspricht 8,3 Prozent – erzielt. Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, in dem die FDP seit der Nachkriegszeit ständig im Landtag vertreten war. Theurer bezeichnete die gewählten FDP-Landtagsabgeordneten als „zwölf Apostel der Freiheit“, das Wahlziel im Südwesten müsse „acht plus X“ lauten.

Der EU-Parlamentarier warf der Bundes- und der Stuttgarter Landesregierung Staatsinterventionismus, staatliche Bevormundung und Gängelung sowie einen „Reformstau in allen Lebensbereichen“ vor. Wenn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die „Mutti“ der Nation sei, dann sei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) der „Opi“ des Landes: Auf Zukunftsfragen wie die digitale Revolution hätten weder Berlin noch Stuttgart eine Antwort. Der Breitband-Ausbau fürs Internet sei verschlafen worden – was mache eigentlich Infrastrukturminister Dobrindt, fragte Theurer. Auch würden junge Start-Ups nicht genügend gefördert. Beim Gründungsmonitor der KfW-Bank sei Baden-Württemberg auf dem vorletzten Platz aller Länder. Die FDP aber sei die „Fortschrittspartei“.

Innere Sicherheit dominiert den Landesparteitag

Weitgehend dominiert wurde der Parteitag vom Thema Innere Sicherheit und dem „Staatsversagen“ in der Flüchtlingspolitik und bei der Prävention von Anschlägen. Den stärksten Beifall erhielt Michael Theurer, als er „Rückendeckung für die Polizei“ forderte, „die jeden Tag im Einsatz ihre Knochen hinhalten“. Die FDP wolle den Staat in ihren Kernaufgaben stärken – der inneren und äußeren Sicherheit. Man benötige mehr Polizeibeamte sowie eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr. Andererseits forderte Theurer eine bessere Koordination der Bundesbehörden, „bevor jetzt wieder die Gesetzesverschärfungsmaschine angeworfen wird“. Dass der polizeibekannte Attentäter von Berlin den Behörden entgangen sei, das sei der eigentliche Skandal. „Wir müssen die Gefährder überwachen anstatt unbescholtene Bürger.“ Die FDP werde weiterhin eintreten gegen die anlasslose Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen und für den liberalen Rechtsstaat. Die bürgerlichen Freiheiten müssten gesichert werden. „Es macht doch keinen Sinn, aus Angst vor einem Beinbruch das Bein zu amputieren!“

Kritik an der überbordenden Bürokratie

Als große Unbekannte im Wahljahr wird die AfD gesehen. Theurer ordnete sie ein unter jene europäische Parteien, „die Europa zerstören wollen“. Da müsse man wachsam sein, Deutschland profitiere wie kein anderes Land von der EU. Dem FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke dankte Theurer für seinen „fast übermenschlichen Einsatz im Landtagswahlkampf“. Als „Team Baden-Württemberg“ werde man gemeinsam in den Wahlkampf gehen und „die Mitte stark machen“. Der Landesvorsitzende der Jungliberalen, Marcel Aulila, kritisierte die „überbordende Bürokratie“ in Deutschland, die sich am Mindestlohngesetz, im Erbrecht und im Zeiterfassungsgesetz zeige. Über einen von der FDP-Generalsekretärin Judith Skudelny begründeten Leitantrag, der „die Mitte der Gesellschaft“ durch Maßnahmen stärken soll, wurde debattiert. Die Mitte sei nicht an Einkommensgrenzen zu definieren, so Skudelny. Sie umfasse diejenigen, die „Leistung erbringen und Verantwortung“ tragen. Nachträglich aufgenommen wurde ein Passus, wonach der FDP daran gelegen sei, dass die Gewerkschaften „ein starker Sozialpartner“ bleiben. Man sei nicht die „Partei der Unternehmer“, sagte ein Delegierter.