Verhandelt für die FDP die Themen Geld und Europa mit: Michael Theurer Foto: dpa

Das FDP-Präsidiumsmitglied Theurer sendet den Grünen ein klares Signal: Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist für die FDP nicht verhandelbar.

Berlin - Soli weg, Zweifel an der Mütterrente, ein Bekenntnis zum Verbrennungsmotor: Der Liberale Michael Theurer hat bei den Verhandlungen mit Union und Grünen klare Vorstellungen davon, wo aus seiner Sicht Jamaika liegt.

Herr Theurer, haben die Verhandlungen über die Finanzpolitik so etwas wie einen Durchbruch gebracht?
Das ist ein ganz wichtiger Meilenstein, weil alle Beteiligten die Bereitschaft gezeigt haben, über Entlastungen zu sprechen. Ich nenne nur die Soli-Abschaffung und eine Entlastung bei der Einkommensteuer und den Sozialabgaben. Auch das nun gemeinsam angestrebte Ziel der steuerlichen Förderung von Forschungsvorhaben ist uns sehr wichtig.
Aber das Kleingedruckte ist noch nicht beschrieben, und von einer kompletten Abschaffung des Solidaritätszuschlags steht im Konsenspapier nichts – nur etwas von „Abbau“. Dies lässt fast alle Fragen offen.
Es ist völlig klar, dass das Gesamtpaket mit den konkreten Details erst am Ende einer Koalitionsvereinbarung geschnürt werden kann. Wir befinden uns noch in Sondierungsgesprächen, das darf man nicht vergessen. Aber diese Sondierungen wären bereits zu Ende, wenn es keine Bereitschaft vor allen Dingen auch der Grünen gegeben hätte, über einen Abbau des Solis zu sprechen. Unser Ziel ist der Abbau auf Null, also die Abschaffung.
Ohne die Abschaffung keine Koalition?
Das ist nun mal eines unserer Hauptanliegen, wobei wir uns mit den Grünen schon auf eine Diskussion darüber einlassen, wie man dabei in einem ersten Schritt zunächst die unteren und mittleren Einkommen entlasten kann. Aber bis zum Ende der Legislaturperiode muss der Soli für alle fallen.
Was kostet der Spaß?
Das ist nicht abschließend geklärt worden, denn nach Lesart der FDP geht es ja nicht nur um Entlastungen, sondern auch um Investitionen und Ausgabenwünsche aller Parteien. Über die haben wir kaum geredet.
Haben Sie schon über die von der CSU geforderte Ausweitung der Mütterrente gesprochen? Allein die soll in den nächsten vier Jahren 28 Milliarden Euro kosten.
Die Mütterrente ist ein Anliegen der Union, das wie alle anderen Ausgabenwünsche auch mit Blick auf den ausgeglichenen Haushalt unter Finanzierungsvorbehalt steht. Ich kann dazu nur so viel sagen: Den Freien Demokraten geht es eben nicht um eine Fortsetzung der Politik der großen Koalition mit einer anderen Mehrheit. Das bedeutet, dass auch Beschlüsse der großen Koalition in Frage gestellt werden. Das gilt für die Mütterrente, aber auch für die Subventionierung von Elektroautos, die wir abschaffen wollen, weil sie unter anderem dem US-amerikanischen Autohersteller Tesla zugutekommt. Deshalb bestehen wir ja auch auf einen echten Kassensturz. Wir müssen im Einzelfall auch teure Beschlüsse aus der jetzt zu Ende gehenden Zeit der großen Koalition auf den Prüfstand stellen.
Ist überhaupt genug Geld in der Kasse? Das Bundesfinanzministerium geht von einem vergleichsweise bescheidenen Spielraum von 30 Milliarden in diesem Zeitraum aus.
Das Finanzministerium und die Steuerschätzer haben im Mai noch geschätzt, dass die Steuereinnahmen in Deutschland bis 2020 um über hundert Milliarden steigen. Wir gehen davon aus, dass das Ministerium damals seriös gearbeitet hat und werden die neuen Zahlen deshalb äußerst kritisch prüfen. Ich bin mir sicher: der Spielraum ist viel größer als 30 Milliarden Euro. Die Konjunkturforscher ermitteln im aktuellen Herbstgutachten einen Budgetüberschuss von 37 Milliarden für 2018 und für 2019 sogar 44 Milliarden Euro. Da ist im Finanzministerium offensichtlich der politische Rechenschieber ein wenig verrutscht.
An diesem Donnerstag geht es erneut rund – unter anderem um Umwelt und Migration. Bekommt die CSU ihre Obergrenze und dürfen die Grünen auf den Ausstieg aus der Kohle sowie auf einen Kalendereintrag für ein Verbot des Verbrennungsmotors hoffen?
Unsere Position ist klar: Ein Verbot des Verbrennungsmotors kann es mit uns nicht geben, aber wir teilen das Ziel der Grünen, möglichst bald emissionsfreie Mobilität zu erreichen. Wir setzen dabei aber auf Technologieoffenheit.
Und was ist mit der Obergrenze?
Klar ist: Wir brauchen eine Zuwanderungssteuerung und eine Zuwanderungsbegrenzung. Eine starre Obergrenze ist verfassungsrechtlich nicht möglich.
Anfangs hieß es, die Chancen auf Jamaika stünden fifty-fifty. Wie ist es jetzt?
An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Wir stehen in wesentlichen Fragen immer noch am Anfang.

Das Gespräch führte Thomas Maron.