Mit Blumenstrauß für die Frau und gerahmtem Trikot: Der FC sagte beim letzten Heimspiel Danke an Pierre Fees (vorne, Mitte). Foto: privat

Pierre Fees (35), Urgestein des FC Marbach, beendet seine Aktivenzeit. Sie soll in der Relegation mit einem echten Höhepunkt enden.

Er ist seit Jahren das Gesicht des Fußballclubs Marbach und hielt dem Verein auch nach dem bitteren Absturz in die Kreisliga A die Treue: Pierre Fees ist das Urgestein des FC. Wendig, ballsicher, technisch versiert, treffsicher – so kennt man den Kapitän am Leiselstein. Beziehungsweise: kannte. Denn der 35-Jährige beendet seine Laufbahn. Vor dem letzten Heimspiel vor zwei Wochen wurde er feierlich verabschiedet. „Ich war vor dem Anpfiff komischerweise auch sehr nervös. Auf der Hinfahrt hatte ich mir schon überlegt, wie oft ich diese Strecke zum Sportplatz gefahren bin. Zu einer Lösung bin ich aber nicht gekommen“, sagt er lachend. Klar ist: Es war sehr oft. 20  Jahre lang kickte er insgesamt für den Verein.

Je nach Ausgang könnte es sein, dass der Offensivspieler am Sonntag um 15  Uhr das letzte Mal das gelb-blaue Dress überstreift. Dann trifft sein Team in der Relegation in Hochberg auf Bezirksligist TASV Hessigheim. Gewinnt der FC, erreicht er das Aufstiegsfinale am darauffolgenden Samstag, 18  Uhr, in Gebersheim gegen die A-Ligisten SpVgg Besigheim oder TSC Kornwestheim. Die Bezirksliga-Rückkehr nach drei Jahren, sie ist das große Ziel.

Doppelt motiviert in die Relegation

Und für Pierre Fees wäre es der perfekte Abschluss. „Ich werde natürlich doppelt motiviert sein“, sagt er. Für ihn gibt es nur noch die 50/50-Möglichkeit, seine Aktivenzeit zu beenden. Entweder mit dem Aufstieg oder dem Nicht-Aufstieg. Dazu kommt: Für ihn wäre es trotz all der Jahre der erste wirkliche Aufstieg. „Ausgerechnet in dem Jahr, als Marbach in die Landesliga aufgestiegen ist, habe ich in Frankreich studiert. Das wäre jetzt zum Abschluss also ein echter Traum.“

In der C-Jugend war Fees vom TSG Steinheim nach Marbach gewechselt. Seitdem folgten nur zwei Unterbrechungen. Das zweite B-Jugendjahr bestritt er beim SGV  Freiberg. Und 2011 wechselte er zu Landesligist FV Ingersheim, gefolgt vom besagten Jahr in Frankreich. 2013, wieder zurück, schnürte er die Böller nur noch für den FC. In der Landes-, Bezirks und in der Kreisliga.

„Jeder weiß: Es geht um alles.“

Als größten Erfolg nennt Fees, der 2003 als A-Jugendlicher erste Aktivenluft geschnuppert hatte, den Bezirkspokalsieg 2017 unter Trainer Chris Seeber oder auch, als er mit seinem Team im Pokal höherklassige Mannschaften besiegte. Ebenso würden die sechs Relegationsspiele, die er mit drei Siegen und drei Niederlagen abschloss, herausstechen. „Das sind einfach immer ganz besondere Spiele. Jeder weiß: Es geht um alles. Und es sind richtig viele Zuschauer da.“

Was er seinen Mitspielern für Sonntag also mit auf den Weg geben kann? „Ein Patentrezept gibt es da nicht“, wiegelt er ab. Die Schwierigkeit bestehe darin, trotz der besonderen Umstände die Partie ganz normal anzugehen. „Man darf nicht verkrampfen oder sich verstellen. Man braucht ein Maß an Lockerheit und darf auch genießen. Wer weiß, ob man so etwas noch mal erlebt.“

Gute Erinnerung an TASV Hessigheim

Die Chancen für Sonntag ordnet Fees als „nicht schlecht“ ein. Denn am letzten Ligaspieltag gastierte der FC ausgerechnet bei der SGM  Hochberg/Hochdorf. Er gewann nicht nur 5:1, sondern hat dadurch die Stätte des Relegationsspiels schon in den Beinen. Auch an den Gegner Hessigheim, den wie so oft eine große Fanschar begleiten dürfte, hat Marbach gute Erinnerungen: Ihn kegelte man im Winter mit 3:2 aus dem Pokal-Achtelfinale. Dazu kommt, dass der TASV seit dem 2:2 im Februar in Benningen auf fremdem Platz ohne Punkt blieb. Der letzte Auswärtsdreier datiert von Anfang November.

Damals hatte sich parallel beim FC bereits abgezeichnet, dass für Fees im Sommer Schluss sein würde. Kind Nummer zwei war unterwegs. „Dass ich dann noch weiterspielen konnte, war nur dem Zugeständnis von Matteo zu verdanken.“ Denn Coach Battista hatte grünes Licht zum verringerten Trainingspensum gegeben. „Sonst wäre das bei zwei Kindern plus Hund nicht mehr gegangen“, so Fees. Eigentlich hatte er sich schon früher mit dem Aufstieg verabschieden wollen. Da waren aber Corona und der Saisonabbruch in die Quere gekommen.

Erst mal Pause – dann Trainer?

Wie es für ihn sportlich weitergeht? Erst einmal werde er Abstand nehmen. „Ich höre ja nicht auf, weil ich zu viel Zeit habe“, sagt er lachend. Mittelfristig dürfte es für ihn aber beim FC weitergehen. „Der Verein hat viele Ideen, und ich kann mir viel vorstellen. Aber erst in ein paar Jahren. Erst einmal werde ich nichts Verpflichtendes machen.“ Später könnte das Trainerdasein locken, auch in der Jugend. Die B-Lizenz hat Fees in der Tasche. Sich vorstellen, bei einem anderen Verein als Marbach an der Seitenlinie zu stehen, kann er erst einmal sowieso nicht.

Dass er am Leiselstein willkommen wäre, weiß er spätestens seit seiner Verabschiedung. „Nach dem Spiel kamen Weggefährten zu mir und haben sich persönlich bedankt.“ Unter anderem sein erster Aktiventrainer Günther Michelfelder. „Das alles hat mir viel bedeutet.“ Denn zwischenzeitlich habe es ja Jahre mit hoher Spielerfluktuation gegeben, „in denen man plötzlich niemand mehr kannte“. Jetzt mitzubekommen, wie sehr es geschätzt wurde, dass er stets geblieben ist, sei besonders. Sowieso sei der FC ein Stück Heimat. „Ich habe ja fast mein komplettes Leben nach ihm ausgerichtet, etwa beim Urlaub.“ Eingebracht hatte er sich auch neben dem Platz: Er half mit, Trainer und Sponsoren zu suchen. Zuletzt arrangierte er für den Gesamtverein ein Stickeralbum.

Vor allem das Menschliche bleibt

Es sei vor allem das Menschliche, das jetzt bleibe, sagt Pierre Fees. So auch die Erinnerung an sein emotionalstes Tor, einem Siegtreffer in der Liga. „Wir sind nach dem Tor alle mit entsprechenden T-Shirts unter dem Trikot zur Familie von unserem Betreuer Winfried Roeder gerannt, der zuvor gestorben war. Da flossen dann auch Tränen.“

An was er sich gerne erinnert, ist, dass man als Team abseits des Platzes viel unternommen hatte, als er ein junger Spieler war. Die Kontakte bestehen bis heute. Auch die A-Jugendzeit mit Trainer Jürgen Schmiedel sei besonders gewesen. „So gesehen hätte mein späterer Wechsel nach Ingersheim nicht sein müssen. Danach war der Zusammenhalt nie wieder so intensiv.“ Und so spricht Fees aus Erfahrung, wenn er jungen Spielern folgende Empfehlung mit auf den Weg gibt: „Wenn klar ist, dass es nicht fürs Profitum reicht, bleib’ bei dem Verein, bei dem du dich wohlfühlst.“