Der Wolf gehört zu den nicht unumstrittenen Rückkehrern nach Baden-Württemberg. Foto: dpa

Das Spektrum der Arten im Südwesten verändert sich. Doch die meisten kämpfen noch ums Überleben.

Stuttgart - Luchs und Lachs, sie waren im Südwesten über Jahrtausende heimisch, viel länger übrigens als der Homo sapiens – bis dieser sie nach und nach ausgelöscht hat. Das ging vielen Tieren so, ganz langsam kommen nun manche Arten zurück. In dieser Ausgabe stellen wir Stelle sechs tierische Rückkehrer vor – in einem weiteren Artikel geht es um neue Tierarten, um Einwanderer. Nicht alle von ihnen sind willkommen.

 

Die wenigsten Rückkehrer schaffen es allerdings aus eigener Kraft; dazu gehören im Südwesten vor allem Wildkatze und Biber. Die meisten benötigen eine lange und aufwendige Unterstützung des Menschen; Wanderfalke (2017 waren es 239 Brutpaare im Südwesten, die Zahl ist seit fünf Jahren aber rückläufig) oder Uhu (224 Brutpaare) wären ohne ihn nicht im Aufwind. Bisher hat es kaum einer der hier vorgestellten Rückkehrer geschafft, sich uneingeschränkt zu etablieren; Biber und Storch sind aber auf gutem Weg. Manche Arten, wie der Fischotter, breiten sich in Deutschland aus, haben sich aber noch nicht zu uns durchgekämpft. Geier suchen hier wieder nach Nahrung, brüten aber noch nicht.

Meist ist die Rückkehr eine Erfolgsgeschichte des Naturschutzes. Um 1970 war zum Beispiel der Wanderfalke im Südwesten fast ausgestorben – das Pestizid DDT hatte dazu geführt, dass die Eierschalen des Vogels so dünn waren, dass sie oft zerbrachen. Das Verbot von DDT und das jahrzehntelange Aufpäppeln der Population lassen den Trend nun wieder nach oben zeigen. Bei der Rückkehr von Wolf oder Luchs ist die Sachlage anders. Hier muss die Politik die Konflikte moderieren; die Naturschützer greifen nicht aktiv ein, sondern müssen für Akzeptanz werben. Wölfe stellen übrigens wenig Ansprüche an ihren Lebensraum; ihre Rückkehr ist deshalb kein Indiz für eine intakte Umwelt.

Der Wolf

Vorkommen: Schwarzwald

seit: 2015

Zahl der Tiere: 1-3

Vor allem im Schwarzwald, aber auch bei Merklingen auf der Alb oder bei Heilbronn hat man in den vergangenen drei Jahren schon einen Wolf gesichtet. Zuletzt hat ein Tier viele Schlagzeilen ausgelöst, als es im April dieses Jahres bei Bad Wildbad mehr als 40 Schafe direkt oder indirekt getötet hat. Bad Wildbad wurde daraufhin zum ersten offiziellen Wolfsgebiet im Südwesten erklärt; Schäfer können jetzt Fördergelder zum Schutz ihrer Herden erhalten. Ob sich noch mehr Wölfe im Südwesten aufhalten, ist unklar – es gab einige weitere Sichtungen und Risse, doch konnte die Identität vieler Angreifer bisher nicht geklärt werden. Der Wolf war 1866 in Baden-Württemberg ausgerottet worden.

Der Luchs

Vorkommen: Schwarzwald und Alb

seit: gesichert seit 1998

Zahl: bis zu 7

Die jüngste bekannte Sichtung eines neu eingewanderten Luchses stammt vom April dieses Jahres: Im Donautal tappte ein Luchs in eine Fotofalle; er konnte zuvor am Genfer See nachgewiesen werden, war also mehr als 300 Kilometer gewandert. Wie viele Luchse es derzeit im Südwesten gibt, ist nicht ganz klar, da nicht jedes Tier eindeutig identifiziert werden konnte. Es handelt sich aber immer um männliche Tiere. Da Weibchen selten wandern, ist es vorerst auch sehr unwahrscheinlich, dass sich der Luchs dauerhaft im Südwesten niederlässt und vermehrt. Eine aktive Wiederansiedlung wie jüngst in der Pfalz oder wie früher im Harz oder im Bayerischen Wald will die Landesregierung nicht. Der letzte Luchs in Baden-Württemberg war 1846 bei Wiesenstieg getötet worden.

Der Storch

Vorkommen: Rheinebene, Oberschwaben

seit: Aufwärtstrend seit 1980er Jahren

Zahl: 1055 Brutpaare

Ganz ausgestorben war der Weißstorch in Baden-Württemberg nie – aber so gut wie: Laut dem BUND gab es 1972 noch zwölf Brutpaare im Land. Im Jahr 2017 waren es wieder, so die Angaben der Landeskoordinatorin für den Schutz des Storches, Ute Reinhard, 1055 Storchenpaare. Aufgrund des anhaltend schönen Wetters geht sie auch in diesem Jahr von einem guten Bruterfolg aus. Jahrzehntelang haben Naturschützer Störche, die sich mehr von Mäusen als von Fröschen ernähren, aktiv ausgewildert und bei frei lebenden Störchen zugefüttert. Es seien weiter Artenschutzmaßnahmen notwendig, sagt der BUND-Experte Thomas Giesinger: Denn der Lebensraum der Störche, vor allem extensiv genutztes Grünland, schwinde weiter.

Der Biber

Vorkommen: in weiten Teilen des Landes

seit: nach 2000

Zahl: 3500-4000

Von der bayerischen Donau aus hat sich der Biber mittlerweile an vielen Flüssen und Seen niedergelassen. Da zweijährige Biber von ihren Eltern vertrieben werden, müssen sie sich ein eigenes Revier suchen – die Ausbreitung wird also weitergehen. Konflikte gibt es, weil wegen der Biber manchmal Felder überschwemmt werden und sie Bäume fällen. Einen Ausgleichsfonds wie bei Wolf und Luchs gibt es nicht. In einer Landtagsanfrage konnte das Umweltministerium die Höhe des tatsächlichen Schadens aber nicht beziffern. Das Agrarministerium befürwortet eine Aufnahme ins Jagdrecht. Zwei häufige Irrtümer zum Biber: Die Tiere bauen meistens keine Burgen, sondern graben Höhlen in die Uferböschungen; und Bäume nagen die Biber meist nur im Winter an, um sich von der Rinde zu ernähren, im Sommer bevorzugen sie andere vegetarische Kost. Der letzte Biber in Baden-Württemberg war 1846 geschossen worden.

Die Wildkatze

Vorkommen: unter anderem Westschwarzwald, Stromberg, Schwäbisch-Fränkischer Wald

seit: 2006

Zahl: niederer dreistelliger Bereich

Sie ist die unproblematischste Art unter unseren Rückkehrern: Die Wildkatze reißt keine Nutztiere und bleibt auch sonst weitgehend unsichtbar. Der BUND engagiert sich seit 30 Jahren für den Schutz der scheuen Tiere – das Wichtigste sei die Vernetzung der Lebensräume, sagt der BUND-Experte Axel Wieland. Allein in den letzten sechs Jahren haben Ehrenamtliche mehr als 9000 Büsche und Bäume gepflanzt, um den Wildkatzen Schutz beim Wandern zu bieten. 2014 entstand bei Herrenberg der erste Wildtierkorridor im Südwesten, jetzt soll im Kreis Ludwigsburg ein zweiter entstehen. Die Wildkatze galt in Baden-Württemberg seit 1912 als ausgestorben.

Der Lachs

Vorkommen: Rhein und Nebenflüsse

seit: etwa 1995

Zahl: unbekannt

Der Rhein war einmal der größte Lachsfluss in Europa, doch etwa 1950 verschwand der Fisch aus Baden-Württemberg. Zwei dafür verantwortlichen Probleme sind seit 1986, als das Projekt „Lachs 2000“ startete, fast gelöst worden: Die Wasserqualität ist für den Lachs wieder in Ordnung, und es wurden viele Fischtreppen gebaut. Seit 2010 betreibt der Fischereiverband in Oberwolfach im Schwarzwald eine eigene Lachszucht. Am Rhein und den Nebenflüssen werden jährlich bis zu zwei Millionen Jungfische ausgesetzt. Nur ein Bruchteil kehrt aber bisher in die Laichgebiete zurück. Am Fischpass bei Iffezheim wurden von 2014 bis 2017 rund 650 Lachse gezählt. Erste natürliche Laichplätze gibt es mittlerweile an mehreren Flüssen; aber von selbst kann sich der Lachs noch nicht erhalten.