An Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit: Seit 1983 lädt die evangelische Kirche hierzulande zur Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ ein. Foto: dpa

Heute beginnt die christliche Fastenzeit. Kreativ und vielfältig sind die Aktionen der Kirchen im Stuttgarter Norden. Die einen verzichten aufs Autofahren, die anderen auf das Herunterladen von Musik und wieder andere haben den Leitspruch: „Sieben Wochen ohne Runtermachen. Du bist schön!“.

Stuttgarter Norden - Sieben Wochen zu verzichten, kann ganz schön schwer sein. Besonders wenn es darum geht, abwertende Aussagen über andere wegzulassen. „Was soll au des?“, fragt sich der Schwabe. Schließlich bruddelt er fürs Leben gern, nörgelt variantenreich über diesen und jenen Zeitgenossen. Sein Repertoire an Schimpfwörtern ist groß. Und er ist stark darin, andere abzukanzeln und schlecht zu machen. Auch an sich selbst lässt er im Zuge des eigenen Optimierungswahns oft kein gutes Haar. Doch damit soll ab sofort bis Ostern Schluss sein: „Sieben Wochen ohne Runtermachen. Du bist schön!“ heißt der diesjährige Leitspruch der Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Sich selbst anerkennen, ohne Neid oder ständige Vergleiche

Der Weilimdorfer Pfarrer Hartmut Häcker fasst die damit verbundene Aufgabe für die kommenden Wochen in zwei kurzen Leitsätzen zusammen: „Einfach mal neidlos den anderen anerkennen und ihn so lassen, wie er ist. Erst dann kann man sich auch selbst so akzeptieren, wie man ist“, sagt der protestantische Geistliche. Denn im Umkehrschluss findet er: „Alles Übel kommt vom ständigen Vergleichen“. Statt sich an äußerlich perfekten Vorbildern oder Stars zu orientieren, rät Häcker, den Partner und das übrige soziale Umfeld trotz vieler Unzulänglichkeiten in einem positiven Licht zu betrachten. Denn wie heißt es im Buch der Bücher im Psalm 139, Vers 14, so schön: „Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke.“ Auch wenn dieser als Dialog mit Gott ausgelegte Psalmtext, wenn man ihn ganz lese, auch einige bedrückende Passagen habe, will Häcker eher den positiven Grundgedanken der gegenseitigen Akzeptanz hervorheben.

Am heutigen Mittwoch, 18. Februar, um 19 Uhr eröffnet er mit weitergehenden Gedanken zum Psalm 139 und dem Thema „Du bist schön – 7 Wochen ohne Runtermachen“ die Reihe „Andachten in der Passionszeit“ in der evangelischen Wolfbuschkirche. Auch das ausgewählte Lied passt in diesen gesamten Tenor: „Kommt atmet auf, ihr sollt leben.“ Es folgen jeweils an den fünf folgenden Mittwoch-Abenden bis zum 25. März weitere etwa halbstündige Andachtsfeiern, die von den anderen Geistlichen der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Weilimdorf beigesteuert werden (siehe auch Programm-Kasten). Eine solche 7-Wochen-Ohne-Reihe habe bei den Protestanten in Weilimdorf eine feste Tradition, sagt Häcker.

Sieben Wochen ohne Autofahren oder Musikdownloads

Auch die Kirchen in den anderen Stadtbezirken sind kreativ, wenn es darum geht, lieb gewordene Gewohnheiten zu hinterfragen. Die einen verkneifen sich den Alkohol, andere fasten, halten innere Einkehr oder verzichten auf das Herunterladen neuer Musiktitel über das Internet. „Ich werde sieben Wochen ohne Musik-Downloads auskommen“, sagt zum Beispiel Pfarrer Florian W. Wallentin, der bei der Evangelischen Kirche in Feuerbach für die Bereiche Gottesdienste, Musik und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Das wird nicht leicht für ihn werden. Jochen Stiefel, Pfarrer in der JVA Heilbronn, betreut in der Karwoche eine Fastengruppe in Feuerbach. Das erste Mal habe er 1991 im Kloster Kirchberg gefastet, früher habe er das alleine getan, inzwischen bevorzuge er die Erfahrung in der Gruppe.

Der Zuffenhäuser Pfarrer Dieter Kümmel tut in der Fastenzeit das, was er das ganze Jahr über tut: „Ich verzichte aufs Autofahren, auf Zigaretten und trinke so gut wie keinen Alkohol.“ Er mäßigt sich an 365 Tagen im Jahr. Im Übrigen sei Fasten keine typisch protestantische Tradition. Das meint auch Pfarrer Günther Hauser aus Feuerbach. Für ihn steckt im zeitweiligen Verzicht auf Genussmittel oder andere Dinge des täglichen Lebens keinerlei tiefere theologische Bedeutung. Entsprechend wenig kann er dem Phänomen abgewinnen: „Ich sehe im zeitweiligen Fasten keinen religiös motivierten Zusammenhang, einen medizinischen schon.“ Und auf was verzichtet er aktuell? „Auf die Kaugummis“, sagt Hauser. Das dürfte allerdings auch medizinisch kaum ins Gewicht fallen.

Info: Aktivitäten während der Fastenzeit

Fasten für Gesunde:
Die Evangelische Kirchengemeinde Feuerbach bietet vom 25. März bis 1. April eine Fastengruppe unter dem Motto „Fasten für Gesunde“ an. Der Besuch des Taizé-Gottesdienstes in der Föhrichkirche, Steigerwaldstraße, dient als geistlicher Rahmen der Aktion. Ein Abend zur Einführung gibt es am Donnerstag, 12. März, von 19 Uhr an in der Föhrichkirche. Anmeldung und Infos bei Pfarrer Jochen Stiefel, Telefonnummer 469 15 33, oder E-Mail an j-stiefel@online.de.

Andachten zur Passionszeit:
In der Wolfbuschkirche, Im Wolfbusch 2, werden jeweils mittwochs von 19 Uhr an Andachten zur Aktion „7 Wochen Ohne“ angeboten. Die Feiern finden am 18. und 25. Februar sowie am 4., 11., 18. und 25. März statt.