Dietrich Wagner (Mitte) will Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) vor das Stuttgarter Landgericht zitieren. Der S21-Gegner war am "Schwarzen Donnerstag" so schwer verletzt worden, dass er fast erblindete. Foto: dpa

Der am "Schwarzen Donnerstag" fast erblindete S21-Gegner Dietrich Wagner fordert als Nebenkläger, dass Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus vor Gericht aussagt. Der Prozess gegen die damaligen Einsatzabschnittsleiter wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt beginnt am 24. Juni in Stuttgart.

Der am "Schwarzen Donnerstag" fast erblindete S21-Gegner Dietrich Wagner fordert als Nebenkläger, dass Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus vor Gericht aussagt. Der Prozess gegen die damaligen Einsatzabschnittsleiter wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt beginnt am 24. Juni in Stuttgart.

Stuttgart - Der beim eskalierten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner verletzte Rentner Dietrich Wagner will Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) vor das Stuttgarter Landgericht zitieren. Sein am „Schwarzen Donnerstag“ fast erblindeter Mandant fordere als Nebenkläger, dass Mappus im Prozess gegen zwei Polizisten wegen des Wasserwerfereinsatzes aussagt, berichtete Wagners Rechtsanwalt Frank-Ulrich Mann am Donnerstag. „Ich gehe von einer Order von oben für den Wasserwerfereinsatz aus“, sagte Mann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart mit Blick auf das harte Vorgehen der Polizei am 30. September 2010. Das letzte Wort über die Ladung von Zeugen hat die Vorsitzende Richterin Manuela Haussmann.

Der Prozess gegen die damaligen Einsatzabschnittsleiter wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt beginnt am 24. Juni in Stuttgart und soll nach 30 Sitzungsterminen am 22. Dezember enden. Als Strafe auf dieses Delikt kommt eine Haft von drei Monaten bis fünf Jahren infrage. Schlimmer könnten für die Polizisten aber die beamtenrechtlichen Folgen sein: Nach einer Strafe von mehr als einem Jahr wäre laut Mann ihre berufliche Karriere beendet.

Bei dem Einsatz waren laut Innenministerium 130 Demonstranten und 34 Polizisten verletzt worden. Drei Männer und zwei Frauen, laut Mann allesamt Augenverletzte, treten nach Angaben des Landgerichts in dem Wasserwerfer-Verfahren als Nebenkläger auf; das heißt sie können Beweisanträge stellen, etwa die Ladung von Zeugen anregen.

Das Foto des verletzten Wagners ging um die Welt

Mann will zwar die Spitze der Hierarchie beleuchten, aber auch die Beamten nicht von ihrer Verantwortung entbinden. Sie müssten selbst prüfen, ob ihr Handeln verhältnismäßig und von der Rechtsordnung gedeckt sei. „Dass so viele Menschen an den Köpfen getroffen wurden, zeugt von wenig Rücksicht auf die Polizeidienstvorschrift, die das untersagt“, erläuterte Mann. Er sei anders als die Staatsanwaltschaft der Meinung, dass es sich bei dem Wasserwerfereinsatz um vorsätzliche Körperverletzung gehandelt habe.

Das Foto des verletzten Wagners mit blutenden Augen ging um die Welt. Er ist seinem Anwalt zufolge seitdem auf dem linken Auge blind, auf dem rechten Auge beträgt die Sehkraft fünf bis acht Prozent.

Zeitgleich zur Hauptverhandlung läuft in Stuttgart auch der zweite Untersuchungsausschuss des Landtags zum Einsatz im Schlossgarten. Dabei geht es um die politische Einflussnahme auf das Vorgehen der Beamten bei der Räumung des Parks für Baumfällarbeiten für das umstrittene Bahnvorhaben S 21. Da die Staatsanwaltschaft gegen Mappus wegen Falschaussage vor dem ersten U-Ausschuss ermittelt, kann der Christdemokrat bei eventuellen Ladungen sowohl vor den zweiten Ausschuss als auch vor das Landgericht die Aussage verweigern.

Vom Gericht vorgesehen als Zeuge ist laut Mann der für den Einsatz verantwortliche ehemalige Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf. Auch die damalige Umweltministerin Tanja Gönner (CDU), die auch für Verkehr zuständig war, möchte Mann gerne befragt wissen. Kommt es in dem Wasserwerferprozess zu einer Verurteilung, können nach Angaben Manns Schadenersatzforderungen der Opfer gegen das Land leichter durchgesetzt werden.