Mit fünf Narrenvereinen ist im Esslinger Stadtteil Berkheim immer was los. Und natürlich besonders dann, wenn am 6. Januar die schwäbisch-alemannische Fasnet beginnt.
In der närrischen Zeit stehen die Zeichen in einem Esslinger Stadtteil ganz auf Fasnet. Fünf Narrenvereine sind in Berkheim aktiv. Bei insgesamt 8000 Einwohnern ist das eine stattliche Zahl. „Bei uns ist immer was los“, sagt Marc Trautmann, Zunftmeister der Flegga-Kaschber. Schon jetzt fiebert er dem Nachtumzug entgegen, der am 22. Februar in Berkheim steigt. Auch nach der Fasnet begeistern die Narren ein breites Publikum. Mit dem Wasen-Opening, das am 12. April in der Osterfeldhalle steigt, bieten die Erlenwölf Festzelt-Atmosphäre.
„Das bedeutet für uns eine Menge Organisation“, sagt Zunftmeister David Raab über das Wasen-Spektakel mit dem Königlich Württembergischen Hofbräu-Regiment, das den Gästen mit flotter Musik einheizt. Im Endspurt sind die Flegga-Kaschber mit den Vorbereitungen für ihren Nachtumzug, der im zweijährigen Turnus stattfindet. Dieses Jahr hatte die Großveranstaltung, bei der 1500 Hästräger aus ganz Baden-Württemberg durch die Straßen des Stadtteils ziehen, zunächst auf der Kippe gestanden.
„Wir müssen die Organisation jetzt alleine schultern“, sagt Trautmann – bei der letzten Auflage 2023 war noch die Freie Narrengruppe Berk-Hexen mit dabei. Die mussten aus der Organisation aussteigen, denn bei ihnen steht am 25. Januar die erste Brauchtums-Berk-Hexennacht auf dem Plan. Damit will die Gruppe Jung und Alt für die schwäbisch-alemannische Fasnet begeistern.
Beim Nachtumzug aber packen alle wieder mit an – bis zu 10 000 Zuschauer kamen da in den vergangenen Jahren auf Esslingens Höhen. „Bei der Veranstaltung selbst helfen alle mit, da können wir uns auf die Berkheimer verlassen“, sagt Trautmann. Auch die Vereine packen mit an. Da die Kaschber 2025 mit 33 Jahren ihr närrisches Jubiläum feiern, wollten sie den überregional beliebten Umzug zu später Stunde nicht ausfallen lassen: „Da haben wir uns entschlossen, das Event doch selbst zu stemmen.“ Danach steigt in der Osterfeldhalle eine große Party.
Ansteckende Leidenschaft im Stadtteil
„Der Zusammenhalt bei uns ist einfach großartig“, schwärmt Isabel Ramsch. Die Vorsitzende der Berkheimer Waschweiber lobt die gute Kommunikation unter den Maskengruppen. Jede Gruppe habe ihr eigenes Profil, aber es gebe immer wieder gemeinsame Aktivitäten. Mit ihrer Leidenschaft stecken die Berkheimer Narren auch die anderen Menschen im Stadtteil an. Die kommunikative und medienerfahrene Berkheimerin Isabel Ramsch übernimmt auch mal die Pressearbeit für alle Maskengruppen, hat stets deren Aktivitäten im Blick. Mit den Stoiriegel-Goischtern ist das Quintett der Maskengruppen komplett. Sie haben sogar eine eigenen Guggenmusik, sorgen bei Umzügen und Festen für schräge Töne.
Die Symbolfigur, die alle fünf zusammenhält, ist der „KaWoGoHeWa“ – der Name ist aus den Anfangsbuchstaben der fünf Gruppen zusammengesetzt. Diesen Part hat Oliver Ramsch übernommen. Für ihn steht die Figur für die Vielseitigkeit und die Besonderheit der Berkheimer Fasnet. Beim Narrengericht, das in Berkheim traditionell am Schmotzigen Donnerstag steigt, tadelte der rhetorisch versierte Redner den Oberbürgermeister Matthias Klopfer und den Bürgerausschuss. Das Publikum zum Lachen zu bringen, da liegt seine Stärke.
Anders als in den katholisch geprägten Fasnetshochburgen Neuhausen und Wernau hat Berkheim keine gewachsene Tradition. Wie hat sich die Fasnet in dem Esslinger Stadtteil dennoch auf so breiter Basis etabliert? „Es gab ein paar Fasnets-Verrückte, die zogen an den närrischen Tagen durch die Flecken“, erinnert Marc Trautmann an die Anfänge. 1983 sei es spontan im Lokal Albblick, das während der Fasnet „Bei der schwarzen Lola“ umgetauft wurde, am Stammtisch zur Gründungsversammlung gekommen. „Da nicht vorgeplant, wurde die Satzung auf einer Klopapierrolle festgehalten“, so der Chef der Flegga-Kaschber. „Klar war nur, dass man künftig gemeinsam und gezielt an der Fasnet unterwegs sein will.“
Ein Häs mit mehr als 150 Messingglöckchen
Bald wünschten sich die Berkheimer Narren aber auch, sich einheitlich zu kleiden. So entwarfen die Flegga-Kaschber als erste Gruppe ihr eigenes Häs. Es besteht aus einzelnen, mit weißem Faden im Zickzack umnähten Stoffflecken. Insgesamt benötigte man 200 dieser 20 Zentimeter großen Quadrate in den Farben blau, grün, gelb, orange, rot und schwarz. „Damit wir auch akustisch wahrgenommen werden, erhält jedes Häs über 150 Messingglöckchen.“ Später schnitzte der Berkheimer Helmut Höschle die Larve, also die Maske aus Holz.
Dass vier weitere Gruppen dazugekommen sind, freut die Berkheimer Narren. Wie gut sie sich verstehen, zeigt auch das gemeinsame Schild, mit dem sie bei den Umzügen in ganz Baden-Württemberg auftreten. „Mit unseren Veranstaltungen prägen wir das Leben im Stadtteil“, sagt Isabel Ramsch. Auch weniger Fasnetsbegeisterte stehen beim Nachtumzug am Rand oder tanzen beim Wasen-Opening mit.