Im Sommer hatte die Belegschaft einen kräftigen Lohnaufschlag erstritten. Trotzdem verdienen die Faurecia-Mitarbeiter weniger als in der Metallbranche üblich. Foto: factum/Weise

Das Faurecia-Werk in Böblingen bleibt erhalten. Strittig ist aber, wie viele Mitarbeiter dort beschäftigt sein werden. Der Konzern will kräftig sparen.

Böblingen - Die Stimmung auf der Betriebsversammlung war bestens. Dabei hatte die IG Metall für die Böblinger Belegschaft des Automobilzulieferers Faurecia allenfalls einen Etappensieg errungen: Der Standort, an dem Teile für die S-Klasse von Mercedes gefertigt werden, bleibt erhalten. Die Frage ist, mit wie vielen Mitarbeitern. Von einem Erfolg mag der Verhandlungsführer Michael Kocken noch gar nicht sprechen. Dafür sind die Vorstellungen auf der Seite des Arbeitgebers zu weit entfernt von denen der Arbeitnehmer.

Der französische Konzern beliefert eine Vielzahl der global vertretenen Autoproduzenten, die deutschen sowieso. Zwar ist der Name des Unternehmens außerhalb der Branche nur Kundigen geläufig, aber der Automobilzulieferer hat auf dem Markt dieselbe Bedeutung wie Bosch oder ZF. Was bei der vorletzten Betriebsversammlung Daimler schmerzhaft spürte. Weil die Debatte den ganzen Tag währte, musste die direkt benachbarte Produktion der S-Klasse gestoppt werden. Der Teilevorrat reicht lediglich für drei Stunden.

Die Schließung des Standorts war bereits angekündigt

Ursprünglich hatte die Chefetage mit der Schließung des gesamten Standorts nicht nur gedroht. Die Verlegung der Produktion ins slowakische Kosice war bereits angekündigt. Die Verhandlungen verliefen lange zäh. Fünf Treffen brachten keinerlei Annäherung. Vor der bisher letzten Runde, der sechsten, „hatten wir drei Forderungen an die Arbeitgeberseite“, sagt Kocken. Die erste war, dass auf der anderen Seite des Tisches Verhandlungspartner sitzen, die befugt sind, Entscheidungen zu treffen. Sie sollten außerdem ein konkretes Angebot in der Aktentasche haben. Und schließlich sollte der Schließungsbeschluss zurückgenommen werden. „Alle drei Forderungen sind erfüllt worden“, sagt Kocken.

Für Ende Januar ist das nächste Treffen anberaumt, diesmal ein zweitägiges. Zum Kern der Debatte dürfte die künftige Mitarbeiterzahl in Böblingen werden. Zurzeit brummt dort das Geschäft. Rund 180 Mitarbeiter beschäftigt Faurecia als Stammbelegschaft. Weitere etwa 60 kommen hinzu, die befristet oder als Leiharbeiter angestellt sind. Gemäß dem Vorschlag der Konzernspitze soll die Stammbelegschaft auf 60 Beschäftigte schrumpfen.

Alle Arbeitsplätze zu retten, hält auch die Gewerkschaft für illusorisch

Sämtliche Arbeitsplätze zu retten, hält auch die Gewerkschaft für illusorisch, aber „die Kollegen haben sehr deutlich formuliert, dass eine dreistellige Zahl erhalten werden soll“, sagt Kocken. „Aus unserer Sicht ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.“ Der IG Metall-Funktionär glaubt, gute Argumente auf seiner Seite zu haben – betriebswirtschaftliche. Zuletzt hatte die Gegenkalkulation der Gewerkschaft zumindest Neuberechnungen der Konzernführung bewirkt. Die Faurecia-Spitze hatte ursprünglich berechnet, dass die Produktion in der Slowakei 19 Millionen Euro pro Jahr billiger wäre. Diese Zahl ist auf 14 Millionen gesunken. Die IG Metall hält hingegen höchstens 4,5 Millionen Euro für realistisch.

Auch ansonsten „sind die Vorstellungen noch weit voneinander entfernt“, sagt Kocken. Kleinere Streitpunkte sind der Sozialplan für diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren werden und Regelungen zur Altersteilzeit. Hingegen ist aus Sicht der IG Metall eine zentrale Forderung der Faurecia-Spitze inakzeptabel: Sie will als Ausgleich für die Bestandsgarantie einen Gehaltsverzicht durchsetzen. Faurecia zahlt seine Mitarbeiter nach Haustarif, damit schlechter als die tarifgebundenen Unternehmen der Metallbranche. Daran hat auch ein kräftiger Aufschlag von 7,5 Prozent nichts geändert, den die Belegschaft im vergangenen Sommer erstritten hatte.