„Gib mir deinen Saft, ich geb dir meinen“: Arme breit und immer in Bewegung: Thomas D. und S.M.U.D.O wirbeln am 5. September 1992 über die Fellbacher Bühne Foto: FZ Archiv

Die Hip-Hopper feiern 30-Jähriges – und gastierten schon früh in Fellbach: als Vorband von No Sports. Ein Rückblick in die frühen Jahre einer populären Musik.

Fellbach - Ist es der da, der da am Mikro dreht? Oder der da, der über die Bühne weht? Oder der da, mit dem dicken Pulli an? Nein, es ist der Mann, der am frühen Samstagabend die Fellbacher Jugend anheizt und zur später größten Pop-Combo Deutschlands gehört.

 

Ein Konzert unter freiem Himmel?

Die Fantastischen Vier sind in aller Munde, speziell in den vergangenen Wochen in ihrer Heimatstadt Stuttgart. Kaum ein Tag ohne eine neue Schlagzeile über die Hip-Hopper: Im Stuttgarter Stadtpalais – der einstigen Stadtbücherei im Wilhelmspalais am Charlottenplatz – ist derzeit die Ausstellung unter dem Titel „Troy“ zum 30-jährigen Wirken der Deutsch-Rapper zu sehen.

Kürzlich wurde das neue VfB-Trikot in Schwarz und Weiß präsentiert – das an das Leibchen von vor drei Jahrzehnten erinnern soll und gestaltet wurde: richtig, von den Fantastischen Vier. Und zuletzt wurde bekannt, dass das Quartett samt vorzüglicher Begleitband im Sommer 2020, am 4. Juli, erstmals in der Mercedes-Benz-Arena auftritt.

Der Anlass ihres Ausflugs in die Große Kreisstadt östlich von Stuttgart war die Teilnahme an den Fellbacher Jugendtagen

Ein Konzert unter freiem Himmel? Moment mal, da war doch was. Genau: Dank eines Tipps von Frank Knopp vom städtischen Pressereferat können wir an einen der frühen Open-Air-Gigs der Fantas erinnern. Der fand 1992 mitten in Fellbach statt. Zugegeben, es war nicht der legendäre allererste Auftritt des Quartetts. Der war am 7. Juli 1999 auf einer improvisierten Bühne mit Euro-Paletten in einem ehemaligen Kindergarten in Stuttgart-Wangen. Stattdessen stellten die Fellbacher Veranstalter eine richtig professionelle Empore zur Verfügung. Aber die Band war doch noch deutlich entfernt von jenem Superstar-Status, der einige Zeit später einsetzen sollte.

Am 5. September 1992 in Fellbach. Foto: FZ Archiv

Der Anlass ihres Ausflugs in die Große Kreisstadt östlich von Stuttgart war die Teilnahme an den Fellbacher Jugendtagen. Geboten war seinerzeit zwischen dem 30. August und 5. September ein „fetziges Programm im und rund ums Rathaus – für Teens, Twens und alle, die jung geblieben sind“, wie es in der Ankündigung hieß. Auch damals schon vom anglophilen Jugendslang geprägt, lauteten die Mottos für die einzelnen Tage „City-Action“, „No Drugs“, „That’s future“ oder „Small talk und Stories“.

Nach dem samstagnachmittäglichen „Trimmathlon“ bei kühlen Temperaturen mit „21 Unentwegten“ rund um das alte Fellbacher Freibad an der Untertürkheimer Straße bogen die Fellbacher Jugendtage am 5. September 1992 auf die Zielgerade ein. „Zum Fantastischen Finish haben sich im Rathaus-Innenhof die Fantastischen Vier und No Sports angesagt“, lautete die Vorhersage im hiesigen Stadtanzeiger: „And. Ypsilon, D. J. Hausmarke, S.M.U.D.O und Thomas D. rappen und performen, was das Zeug hält. ,Jetzt geht’s ab’ heißt der Titel ihres neuen Albums, und der ist auch bei ihren Konzerten wörtlich zu nehmen.“

Die Fantas im Vorprogramm von No Sports?

Von der Nachberichterstattung zu diesem Megaereignis selbst sind in den uns zur Verfügung stehenden Archiven folgende Zeilen nachzulesen: „Recht kühl war es auch, als um 17 Uhr ,Die fantastischen Vier’ ihre Show begannen. Zum Abschluss der Jugendtage eine echte Derniere übrigens, denn zum letzten Mal präsentierten sie ihr Programm ,Jetzt geht’s ab’. Doch auch ihr neuer Hit ,Die da’ fehlte nicht. Ab ging es im wahrsten Sinne des Wortes, und nicht nur den Vier auf der Bühne wurde es bald warm.“

Interessant ist allerdings auch die Erinnerung daran, dass im Anschluss die Stuttgarter Ska-Band No Sports zwei Stunden lang für Furore sorgte. „Von Anfang an hatten die acht Musiker und die eine Musikerin der Band das Publikum voll im Griff, und mancher Beobachter fürchtete schon um den Bestand des Rathauses, so sehr tobte die Menge vor Begeisterung“, hieß es seinerzeit.

Die Ausstellung „Troy“ im Stadtpalais Stuttgart läuft noch bis zum 29. März 2020

Die Fantas im Vorprogramm von No Sports? Mittlerweile undenkbar. Dank des analogen Archivs unserer Zeitung und der in einem Leitz-Ordner aufbewahrten Negative aus jener Zeit liegt auch noch Schwarz-Weiß-Fotomaterial von diesem denkwürdigen Abend vor. Wenn man auf die zugegeben etwas unscharfen und überbelichteten Bilder schaut, dann erkennt man die schon damals eckigen Tanzzuckungen und hat die Raps von Smudo oder Thomas direkt im Ohr – ganz so, wie sie in den Jahrzehnten nach ihrem Fellbacher Gastspiel viele hunderttausende Fans in den Riesenhallen der Republik begeisterten.