Brun-Hagen Hennerkes befürchtet, dass der Euro an Härte verliert Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Familienunternehmer fürchten schwere Konsequenzen für Deutschland durch die Geld-Politik von EZB-Chef Mario Draghi. Brun-Hagen Hennerkes, Vorstandschef der Stiftung Familienunternehmen, übt auch Kritik an der Bundesregierung.

Stuttgart - Es gibt Persönlichkeiten in Deutschland, wenn die ihre Stimme erheben, hört die Politik besonders gut zu. Nach dem Motto: Was der zu einem aktuellen Thema zu sagen hat, sollte man nicht einfach vom Tisch wischen. Im Bereich der Automobilindustrie ist das Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Uni Duisburg-Essen.

Auf dem weiten Feld des Sports, gerade wenn es um Dopingbekämpfung geht, wird die Expertenmeinung von Helmut Digel, einst Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes, geschätzt. Und wenn sich die Diskussion um die Perspektiven der mittelständischen Wirtschaft dreht, fällt regelmäßig der Name von Brun-Hagen Hennerkes, Vorstandschef der Stiftung Familienunternehmen. Am Sonntag nun ist der 75-Jährige seinem Ruf als Mahner in Sachen Finanzpolitik wieder mal gerecht geworden. „Was EZB-Chef Mario Draghi da macht, ist eine rechtswidrige Staatsfinanzierung aus der Notenpresse. Doch ich vermisse hierzu den Aufschrei aus der Politik“, sagte Hennerkes im Gespräch mit unserer Zeitung.

Dabei sei die deutsche Politik jetzt gefragt. „Aber sie sieht der Enteignung der deutschen Sparer ebenso wortlos zu wie dem Marsch in die Weichwährung. Die einzige warnende Stimme kommt aus der Bundesbank. Doch diese ist inzwischen zum Verstummen gebracht.“ Die Bundesregierung habe den Menschen stets versprochen, „dass der Euro eine harte Währung bleibt, wie es die D-Mark war. Aber davon sind wir weit entfernt. Und Frau Merkel schaut bisher tatenlos zu.“ Viele Bürger würden aus mangelnder Sachkenntnis gar nicht realisieren, „dass der Euro auf diese Weise dauerhaft zu einer neuen Art der Lira wird“.

Deutlicher könnte der Rüffel für den EZB-Chef und die Bundesregierung kaum sein. Hennerkes jedenfalls ist fassungslos ob der Entwicklungen der vergangenen Tage. Erst die überraschende Gleichstellung des Franken mit dem Euro, nun die von Draghi mit den Stimmen der begünstigten Südländer durchgesetzte Geldschwemme. „Jetzt deutet sich an, was die Benachteiligung Deutschlands bei der Stimmenverteilung im EZB-Rat noch bedeuten kann“, warnt Hennerkes.

Draghi hatte bekanntlich vergangene Woche angekündigt, dass die EZB Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Gesamtwert von 1,14 Billionen Euro kaufen werde, um eine Deflation zu vermeiden. Durch die EZB-Maßnahme „wird der von den ertragsschwachen EU-Ländern seit langem begehrte Zugriff auf unsere vollen Kassen von nun an unwiederbringlich zum Fakt“, ist Hennerkes sicher. An die von Draghi erhoffte „Konsumbelebung glaubt ohnehin niemand, der den Mittelstand kennt. Denn es wird kein Unternehmen – erst recht nicht in Baden-Württemberg – nur wegen des Zinswahnsinns von Herrn Draghi eine bislang nicht geplante Investition durchführen.“ Wer das annehme, so Hennerkes, habe „von nachhaltiger Unternehmensführung keine Ahnung“. Stattdessen werde „in den südeuropäischen Ländern der Reformeifer noch mehr nachlassen und noch weniger gespart“.

Der Vorstand der Stiftung, die bundesweit rund 400 namhafte Familienunternehmen vertritt und glänzende Kontakte zur Politik hat, geht davon aus, dass trotz Draghis Maßnahme die Unternehmen in den Südländern „keinen Cent mehr an Bankkredit erhalten als bisher“. Dazu sei das Verlustrisiko für die Kreditgeber zu hoch. „Und für Deutschland als Standort bringt die Geldschwemme keinerlei Vorteil. Sie fördert lediglich die Investitionen von Privatleuten in Aktien, Edelmetall und Betongold. Das entzieht dem Markt aber Mittel, die der Investition in vorhandene und neue Arbeitsplätze dienen sollten.“

Hennerkes richtete deshalb am Sonntag einen flammenden Appell an die Große Koalition, nun nicht weitere finanzielle Zugeständnisse an Krisenländer wie Griechenland zu machen: „Das wäre das völlig falsche Signal.“ In aktuellen Planungen steht den Griechen noch eine Hilfsrate von 1,8 Milliarden Euro zu, weitere Kredite im Umfang von zehn Milliarden Euro sind in Aussicht gestellt. Sollten die Griechen nicht zu weiteren Reformen bereit sein, sei es „besser, dass sie die Euro-Zone verlassen, als für alle anderen EU-Staaten dauerhaft zur Last zu werden“.

Allein, so leicht dürfte das nicht sein. Immerhin gibt es Vereinbarungen, die im Zuge der Finanzkrise abgeschlossen wurden, um Europa – auch mit Blick auf kriselnde Staaten wie Spanien, Portugal, Frankreich und Italien – vor einem GAU zu bewahren. An diesem Montag beraten die EU-Finanzminister in Brüssel über die aktuelle Lage. Dabei dürfte auch Draghis Konjunkturprogramm ein Top-Thema sein. Hennerkes’ Fazit: „Herr Draghi hat in mehrfacher Weise gegen die deutschen Interessen verstoßen: Er hat das Vertrauen der Bürger in eine solide Währungspolitik zerstört, die Enteignung der deutschen Sparer weiter vorangetrieben und den Euro zur Weichwährung umgestaltet. Doch das Schlimmste: Er hat das mögliche Risiko seiner Maßnahme nicht quantifiziert. Jemand, der so handelt, wird im Volksmund als Hasardeur bezeichnet.“ Ob die Regierenden Hennerkes’ Warnruf hören?