Hochbetrieb beim Karussell Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Familientage sind beim Frühlingsfest für Karussellbetreiber und Imbissbesitzer die wichtigsten Umsatzbringer geworden. Der Andrang ist groß und man erlebt bei der Kleidung manche Überraschung.

Stuttgart - Es gibt nicht mehr viele Orte wie diesen. Der Cannstatter Wasen ist einer jener selten werdenden Treffpunkte, an denen sich Menschen aller Couleur begegnen: Reiche und Arme, Halbhöhe und Vorort, Alte und Junge, jene mit Sauerwasser Getauften und jene am Bosporus Geborenen. Das gilt vor allem an solchen Tagen wie an diesem von der Sonne verwöhnten Mittwoch. Familientag beim Frühlingsfest, die Schausteller reduzieren die Preise, ein Crêpe kostet 1,50 Euro statt 2,50 Euro, eine Karussellfahrt 1 Euro statt 2 Euro, 10 Lose gibt es für 1,50 Euro statt 2,50 Euro.

Die Preise locken

Das lockt. So sind die drei Familientage, jeweils mittwochs, für die Karussellbetreiber und Imbissbesitzer die wichtigsten Tage unter der Woche geworden. Da machen sie ihr Geschäft. Zumal, wenn Ferien sind. Und wäre man zum Beispiel Schultes einer mittelgroßen süddeutschen Unistadt wie etwa Boris Palmer, dann könnte man seine Bevölkerungsstudien hier machen, seinen Bürgern von Angesicht zu Angesicht begegnen, statt Bahnwerbung wälzen zu müssen.

So trifft man Luis und Stefan, Mama Schwäbin mit spanischen Wurzeln, Papa Schwabe mit bosnisch-kroatischen Wurzeln; „Jugo halt, woisch!“, sagt er und grinst. Die Jungs sprechen drei Sprachen, pardon vier, wie sie unter Beweis stellen. „Papa, was isch des hier?“, wollen sie wissen. Gute Frage. Warum sprudelt rotes Blut aus einem Baum an der Geisterbahn? Als Elternteil ist man beim Frühlingsfest dauernd im Erklärungsnotstand. Warum es nicht infrage kommt, dass man einen Ballon für 7 Euro kauft. Warum man nicht noch 20 Lose ziehen kann, damit es für den Waschbären mit dem blauen Schwanz reicht. Warum Zuckerwatte nach Eis, Mandeln und Schokobanane keine gute Idee ist.

Trachtenträger sucht man vergebens

Und warum eigentlich sieht man auf dem Festplatz kaum Dirndl und Lederhosen? Die Trachtenträger kommen erst des Abends, wenn sich die Zelte füllen. Es gilt eine Faustregel für das Erkennen der Besucher: Im bayerisch verbrämten Kostüm geht es ins Zelt, in Zivil fährt man Karussell und zieht Lose. Doch es gibt auch Exoten, die anderweitig unterwegs sind. Man entdeckt auch einen ganz mutigen jungen Mann: Er trägt ein VfB-Trikot.