Julius und sein Papa Harald Knierim tüfteln eine Strecke für ihre Lok aus. Foto: Gottfried Stoppel

Endlich genügend Platz und Schienenteile in Hülle und Fülle: der Kirchensaal der Korber Höhe in Waiblingen hat sich für zwei Tage in ein riesiges Eisenbahnparadies verwandelt – das auch Generationen verbindet.

Schuhe aus – und ab geht die Eisenbahn! Vor dem evangelischen Kirchensaal im Ökumenischen Haus der Begegnung auf der Korber Höhe stapeln sich Schuhe in allen Größen. In den Saal, aus dem ein fröhlich klingendes Stimmengewirr dringt, geht es an diesem Tag nur in Socken oder Hausschuhen. Normalerweise dient der rund 300 Quadratmeter große Raum mit Orgel als Treffpunkt für Gottesdienste, hier wird gepredigt, gesungen und gebetet. Doch immer am 27. und 28. Dezember übernehmen große und kleine Bahnfans das Steuer und verwandeln den Saal mithilfe von mitgebrachten und vorhandenen Schienenstücken in eine kilometerlange Bahnstrecke mit Weichen, Brücken, Kurven, Bahnhöfen und der einen oder anderen Sackgasse.

Langes Tüfteln am Güterbahnhof

Harald Knierim aus Korb und sein neunjähriger Sohn Julius sitzen auf dem Boden und tüfteln eifrig an ihrem Projekt, das sie „die Schneckennudel“ nennen: Einen Schienenstrang aus Holz haben sie schneckenförmig zusammengebaut und an eine Brücke angeschlossen. Gleich daneben ist ein weiteres Bauwerk von Vater und Sohn zu sehen: ein Güterbahnhof mit fünf Gleisen, alle exakt parallel ausgerichtet und mit verstellbaren Weichen versehen. „Hier könnte man toll rangieren“, sagt Harald Knierim, dem die Sache sichtlich Spaß macht.

„Hier hat man so viele Schienen“, schwärmt Julius, der seine von zu Hause mitgebrachten Exemplare angesichts der Fülle von vorhandenen Teilen erst gar nicht ausgepackt hat. Rund drei Kilometer Strecke haben die Organisatoren Klaus Bohnet und Markus Franjic im Laufe der Zeit zusammengetragen. „Nun habe ich ein Einkaufsverbot“, sagt Klaus Bohnet und lacht. Das Jahr über werden die Holzschienen in zehn großen Boxen gelagert und dann direkt nach Weihnachten hervorgeholt.

Bahnfans können aus dem Vollen schöpfen

„Unsere erste Aktion nach Weihnachten ist immer, den Saal umzurüsten“, sagt Markus Franjic. Soll heißen: sämtliche Stühle werden gestapelt und in eine Ecke des Saals geschoben. Im Jahr 2014 hatte das Duo zum ersten Mal spontan zum großen Holzeisenbahnevent eingeladen – und Besucher aufgefordert, eigene Holzeisenbahnteile mitzubringen. „Diese am Ende wieder auseinanderzuklamüsern war ziemlich aufwendig“, erinnert sich Klaus Bohnet – weshalb man sich Zug um Zug einen eigenen Fundus anschaffte, der sich sehen lassen kann.

Die zweitägige Veranstaltung bezeichnen Klaus Bohnet und Markus Franjic als „eines unserer Highlights des Jahres“. Beim ersten Mal sei es spannend gewesen, wie viele Besucher kommen, erinnert sich Markus Franjic, damals seien ungefähr 20 Besucher da gewesen. An Fahrt aufgenommen hat die Sache im zweiten Jahr, als elektrische Züge angeschafft wurden. Seitdem sind es Jahr für Jahr mehr Gäste geworden, die jüngsten Teilnehmer sind im Krabbelalter, die ältesten sind Großmütter und Großväter. In manchen Familien ist die Aktion ein fester Programmpunkt in den Weihnachtsferien.

„Das Ganze hat etwas sehr Verbindendes“, beobachtet Klaus Bohnet immer wieder: „Anfangs bauen die Kinder, dann kommen die Väter und optimieren.“ Auch Harald Knierim und Sohn Julius sind nach gut zwei Stunden zufrieden mit ihren Bauwerken. Dem Papa reicht es langsam, der Sohn will am liebsten weiterwerkeln. Einig sind sie sich dann aber doch: „Das war bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir da waren.“