Kinder machen sich ihre eigenen Gedanken über den Krieg. Foto: IMAGO/Stefan Trappe/IMAGO

Unser Autor Peter Stolterfoht stellt sich die Frage, ob der russische Angriff auf die Ukraine eine pazifistische Erziehung weltfremd erscheinen lässt.

Stuttgart - Schon immer ist unser Zuhause eine entmilitarisierte Zone gewesen. Das heißt: Waffen, auch Spielzeugwaffen, haben dort nichts verloren. Und das wissen die Kinder. Unter das familieninterne Kontrollgesetz fallen beispielsweise sogenannte Nerfs, Plastikmaschinenpistolen mit Schaumstoffmunition. Um jetzt aber nicht jedes Schieß-, Wurf-, Hieb- und Stichgerät einzeln aufzählen zu müssen, lässt sich die Regel abkürzend so zusammenfassen: Direkt hinter der Wasserspritzpistole beginnt die Rote Linie.

Diese vermutlich übertriebene Friedfertigkeit hat zur Folge, dass dem Großvater zuletzt (so schonend wie möglich) die Frage gestellt werden musste, ob er sich vielleicht ein anderes Geschenk zur Konfirmation seines Enkels ausdenken könnte als das avisierte Premium-Fahrtenmesser samt Gravur. Der Opa hat das akzeptiert, ebenso wie die Kinder das früh ausgesprochene Verbot blutrünstiger Computer-Ballerspiele. Möglicherweise können die Jungs diesen Grundsatz nicht nachvollziehen (auch wenn sie das behaupten). Prinzipien, die in anderen Familien gelten, leuchten ihnen aber nach eigener Aussage teilweise deutlich weniger ein.

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Und plötzlich wird unsere Wattepuster-Familie mit dem Krieg in der Ukraine konfrontiert. Die Vermutung, dass die Bilder von Leid und Zerstörung bei Kindern mit betont pazifistischem Umfeld besonders große Angst und Verunsicherung auslösen, ist aber offenbar unbegründet. Unsere Kinder jedenfalls wollen und sollen sich die Kriegsbilder in den Nachrichten ansehen, und sie können nach erster Einschätzung auch mit ihnen umgehen. Während sich der Ältere überlegt, wie Putin und der Krieg gestoppt werden können, denkt der Jüngere darüber nach, wie den Kindern im Kriegsgebiet geholfen werden könnte. Über diese Themen wollen sie auch mit uns Eltern reden.

Blutrünstige Ballerspiele sind dagegen weiterhin kein Thema.

Die beiden Söhne von Stuttgart-Reporter Peter Stolterfoht (14 und 10) hören einen Satz täglich von ihm: „Also, wenn ich mir das bei meinem Vater erlaubt hätte…, nicht auszudenken.“