Vier auf einen Streich – die Geschwister Alex, Christian, Matthias und Rebecca (von links) mit ihrer Mutter Birgit und den Hunden Olli und Britta. Vater Jürgen fehlte beim Fototermin, weil er nach den massiven Hagelschäden als Zimmerer zur Zeit alle Hände voll zu tun hat. Foto: Max Kovalenko

Rebecca hat drei Brüder, nichts Besonderes eigentlich. Aber alle sind am selben Tag auf die Welt gekommen wie sie – am 11. August vor zehn Jahren. Seither sind Birgit und Jürgen Hasch sehr glückliche Eltern.

Altdorf - „Vierlinge sind viel besser als ein oder zwei Kinder“, findet Birgit Hasch. „Das Positive überwiegt eindeutig das Negative“, sagt die Vierfachmutti. Und tatsächlich strahlt die 48-Jährige so viel Zufriedenheit und Gelassenheit aus, dass man ihr jedes Wort glaubt. Schafft sie das wirklich ganz allein? Ja – und noch einiges mehr. Sie und ihr Mann Jürgen packen zu – sieben Tage die Woche und oft 14 Stunden am Tag. Da ist das eigene Zimmereigeschäft, das Jürgen Hasch führt und in dem Birgit Hasch die Buchhaltung macht, da sind die Hunde Olli und Britta und die Jagdhunde aus der eigenen Zucht, die Hundeschule, die Jürgen Hasch noch betreibt. Da gibt es Hasen, Enten, Puten, Wachteln und Ziegen, die gepflegt werden wollen. Und ganz nebenbei, so scheint es, wachsen die Vierlinge heran, die längst jeder seinen eigenen Kopf haben. Jeder aus dem Quartett ist anders, jeder braucht individuelle Fürsorge – und Birgitsch Hasch strahlt darüber.

Dass diese vier vor zehn Jahren gesund zur Welt kamen, betrachtet sie als Gottesgeschenk. Denn es wollte zunächst einfach nicht klappen mit Nachwuchs. Das Paar entschied sich für künstliche Befruchtung. Und Birgit Hasch machte ausgedehnte Spaziergänge in der Natur und betete für ein Kind.

Die Freude darüber, gleich vierfach Eltern zu werden, trübten die Ärzte den Eltern schnell: „Mir ist von Anfang an Angst gemacht worden“, blickt Birgit Hasch zurück. Man habe ihr geraten, nicht alle Kinder auszutragen, das Risiko sei zu groß. Die Eltern entschieden sich anders. Alle vier kamen gesund zur Welt, wenn in der 26. Woche auch zu früh. Die ersten zwei Jahre waren hart für das Paar. Birgit Hasch musste um Unterstützung kämpfen, bekam erst nach eineinhalb Jahren eine vom Jugendamt teilweise finanzierte Tagesmutter. Trotz Unterstützung durch Omis und Opas war Birgit Hasch damals am Limit.

Hausaufgabenbetreuung ist ein schwieriger Part

Inzwischen hat sich alles eingependelt, die 48-Jährige empfindet ihren Alltag nicht als Stress. An zwei Tagen hilft ihr vormittags jemand im Haushalt – da sitzt sie dann im Büro der Zimmerei. Im Übrigen: Um 5.45 Uhr steht sie werktags gemeinsam mit Tochter Rebecca auf. Wenn beide im Bad fertig sind, werden die Buben geweckt, der Papa setzt sich kurz nach 6 Uhr mit an den Frühstückstisch. Rebecca wird um 6.50 Uhr mit dem Bus abgeholt: Sie besucht die Sprachheilschule der Rohräckerschule in Esslingen. Das Mädchen hatte eine schwere Lese- und Rechtschreibschwäche, ist mittlerweile aber wieder auf dem Niveau der Brüder: „Eine tolle Schule“, sagt Birgit Hasch.

Die Buben verlassen um 7.15 Uhr das Haus Richtung Grundschule Altdorf. Dann kümmert sich Birgit Hasch um den Haushalt, kocht Mittagessen für alle und betreut die Kinder dann bei den Hausaufgaben. Das ist für sie der wohl härteste Part am Tag: Alle fragen durcheinander, jeder hängt an einer anderen Stelle: „Wenn sie was einfach nicht verstehen, komme ich an meine Grenzen“, gibt Birgit Hasch zu. Nachmittags schwärmt die Familie aus: Die Mami fährt Rebecca zur Ergotherapie, die Jungs zur Nachhilfe oder zum Turnen. Dann werden die Tiere gefüttert und die Hunde ausgeführt. Zum Abendessen sitzen wieder alle gemeinsam am Tisch. Dann gehen die Kinder ins Bett, und Birgit Hasch hat gegen 21.30 Uhr Feierabend. Ihr Mann arbeitet oft sogar noch eine Stunde länger.

Der Kleinste ist der Hilfsbereiteste

Viel Zeit für Zweisamkeit bleibt den Eltern bei diesem Alltag nicht. Aber irgendwie doch: „Wir sehen uns ja immer beim Essen und teils auch in der Zimmerei“, sagt Birgit Hasch. Sie selbst nimmt sich manchmal mittags Zeit für ein Schläfchen oder einen Kaffee. „Ich ertrinke nicht im Stress“, lacht sie.

Tatsächlich sind die Vierlinge überraschend selbstständig. Während ihre Mutter erzählt, spielen sie im Garten und erfrischen sich im Bädle – sowieso die Lieblingsbeschäftigung von allen. Ansonsten sind die vier recht unterschiedlich. Alexander ist dem Papa am ähnlichsten – ein Tüftler, der an diesem Tag sein Modellauto in einen Quirl umgebaut hat. Christian ist der Ruhigste – „er mag’s gemütlich“, berichtet seine Mutter. Matthias ist der Kleinste, aber der Hilfsbereiteste. Wenn der Papa fragt, wer hilft, den Hof zu fegen, ist es Matthias. Und er ist es auch, der sonntags mit Rebecca zusammen den Frühstückstisch deckt und die Spülmaschine ausräumt.

Rebecca ist in ihrer Rolle natürlich ein bisschen Prinzessin. Doch wenn die vier herumbalgen, steht sie den Brüdern in nichts nach – und teilt fleißig aus. Birgit Hasch ist eine positiv eingestellte Frau: „Vier Kinder auf einmal ist doch toll, da muss ich nur einmal zum Elternabend, habe nur eine Geburtstagsfeier im Jahr und muss im Kino nur einen Film aussuchen.“ Andererseits: Wenn einer ein Eis will, wollen alle eins, die Kosten läppern sich. Bald werden Winterschuhe fällig, weitervererben ist nicht bei Gleichaltrigen. So muss die Familie schon aufs Geld gucken, Urlaube im großen Stil sind nicht drin. Immerhin besuchen Mutti und Kinder einmal im Jahr das Feriendorf Eglofs der Diözese Rottenburg, wo Birgit Hasch nur noch Frühstück machen muss und die Kinder volles Programm haben.

Kaum Fernsehen

Der letzte gemeinsame Urlaub liegt zwei Jahre zurück, da war die ganze Familie in Südtirol. Birgit Hasch plant nun, möglichst bald mit der ganzen Familie ans Meer zu fahren: Dünen und das Watt will sie den Kindern zeigen. Das wird ihnen gefallen: Die meiste Zeit spielen die Vierlinge draußen. Handys und Nintendo sind (noch) tabu, auch vor dem Fernseher sitzen die Kinder wenig. Sie seien dadurch viel ausgeglichener als einige Gleichaltrige, ist Birgit Hasch fest überzeugt.

Einen Ausgleich zum Alltag brauchen bei dem Trubel auch die Eltern. Jürgen Hasch züchtet Jagdhunde und geht mit ihnen auf die Jagd. Mit Leidenschaft zieht er abends los und verbringt die Nacht auf dem Hochsitz. Birgit Hasch dagegen setzt sich sonntagmittags am liebsten aufs Motorrad. Und zwar auf ein schweres: Sie fährt eine Honda Fireblade, 1000 Kubik, und ist meist mit ihrer Clique aus dem Raum Stuttgart unterwegs. Die Reaktion darauf kennt sie: „. . . und das mit vier Kindern?“ Da kontert sie mit regelmäßigen Trainings, Schräglage- und Renntraining – und ängstlich war sie nie. Sonst hätte sie das Abenteuer Vierlinge nie gewagt.

„Mir wurde ja schon in der Schwangerschaft Angst gemacht. Dann hieß es, warte nur, bis sie erst in der Schule sind . . .“ Von solcher „Panikmache“ hält die Vierfachmutter gar nichts. So bleibt Birgit Hasch auch mit Blick auf die weiterführende Schule für die Kinder gelassen. „Dann werden sich ihre Wege wohl trennen, das ist das Leben“, sagt sie. Immerhin gibt es im Nachbarort Neckartenzlingen ein Schulzentrum mit sämtlichen Schularten.

Matthias stürmt herein und hat Hunger. Genug geredet, jetzt muss Abendbrot gemacht werden. „Ich habe die Entscheidung nie bereut und würde es immer wieder so machen“, sagt Birgit Hasch. „Und selbst bei manchem Stress wird bei uns viel gelacht.“