Die von der Regierung Nordkoreas verbreitete Aufnahme zeigt Staatschef Kim Jong Un (Mitte) bei der Inspektion eines angeblichen Wasserstoffbomben-Sprengkopfes an einem nicht genannten Ort. Foto: dpa

So ekelhaft der nordkoreanische Diktator sein mag – in der jetzigen Situation ist erst einmal alles zu tun, um einen Krieg zu verhindern. Dazu gehören auch Zugeständnisse an einen Gewaltherrscher, meint Finn Mayer-Kuckuk.

Peking - Die Spannungen um Nordkorea sind zu einer handfesten Nuklearkrise eskaliert. Wenn sich nur eine Seite unbesonnen verhält, droht ein Krieg, bei dem Millionen Menschen sterben. Diese Notlage gibt US-Präsident Donald Trump die Chance, seine vorgeblich größte Stärke auszuspielen: Verhandlungsgeschick. Sein Bestseller „The Art of the Deal“ erschien auf Deutsch unter dem Titel „Die Kunst des Erfolges“, doch wörtlich genommen geht es Verhandlungserfolg. Zu den goldenen Regeln des Buches gehört der Rat, sich viele Optionen offen zu halten und seinen Gegner zu kennen. Genau so ein Taktiker ist in der Krise mit Nordkorea gefragt: schlau, mit Verständnis für das Denken seines Geschäftspartners, eindeutig in seinen Forderungen, beweglich auf dem Weg dahin.

Das schlimmste Wort ist „Regimewechsel“

Stattdessen bekommen wir bisher einen Trump, dessen Lager sich intern widerspricht. Innere Uneinigkeit ist eine der größten Sünden bei Verhandlungen – weiß Trump das nicht? Außenminister Rex Tillerson redet von Diplomatie, CIA-Chef Mike Pompeo fordert einen Regimewechsel. Sicherheitsberater Herbert McMaster faselt von einem Präventivkrieg, während Verteidigungsminister James Mattis die militärische Option wegen ihrer schrecklichen Folgen nach ganz hinten stellt. Trump selbst twittert mal so, mal so.

Das aus Kims Sicht schlimmste Wort ist dabei „Regimewechsel“. Für den Diktator gibt es keine Zukunft jenseits seiner Stellung als Gott der Nordkoreaner. Eher wird er den Weltuntergang riskieren. So abstoßend Kim sein mag – in der jetzigen Situation ist erst einmal alles zu tun, um einen Krieg zu verhindern. Dazu gehören auch Zugeständnisse an einen Gewaltherrscher.

China muss mehr tun, um die Lage zu entschärfen

Ein Atomkrieg in Ostasien wäre eine unvorstellbare Katastrophe. Die betreffenden Regionen sind die am dichtesten besiedelten der Welt und erzeugen einen Großteil des weltweiten Wachstums. Im Großraum Tokio allein leben 40 Millionen Menschen. Sie erwirtschaften ein höheres Bruttoinlandprodukt als ganz Russland. Die Aktien an der Börse dort sind fünf Billionen Dollar wert. Seoul kommt in diesen Disziplinen auf ähnliche Dimensionen. Millionen von Menschen würden sofort unter den Folgen leiden und der ganze Planet für Jahre. Die Weltgemeinschaft muss alles Erdenkliche tun, um einen Krieg zu verhindern.

Unverständlich ist deshalb, warum China nicht mehr tut, um die Lage zu entschärfen. Präsident Xi Jinping verhält sich seltsam passiv. Es wirkt fast so, als habe er den Ernst der Lage nicht verstanden. Nordkorea hat jetzt wirklich Atomwaffen und die Mittel, sie fast überall einzusetzen. Doch solange mit der Regierung in Peking nicht zu rechnen ist, müssen die USA ihrer Rolle als globale Schutzmacht gerecht werden. Es ist eigentlich ganz einfach. Die Option eines Erstschlags gegen Nordkorea muss dringend vom Tisch, dafür müssen Abgesandte des Präsidenten zu Gesprächen nach Pjöngjang reisen – und einen guten „Deal“ herausholen.