Kann trotzdem noch lachen: Osman Aydin von der Stadt Herrenberg mit der Müllausbeute einer Tagestour. Foto: Stadt Herrenberg

Herrenberg kämpft mit dem Müll, den einige Bürger achtlos herumliegen lassen. Ordnungsgemäß müsste die Stadt nun von einer Plage heimgesucht werden. Aber sie trifft aus unerfindlichen Gründen die sauberen Sindelfinger.

Böblingen - Altdorf bekommt endlich die Aufmerksamkeit, die dem 5000 Einwohner zählenden Dorf gebührt: Es taucht diese Woche jeden Tag in der „Landesschau“ auf, ohne Nachrichten zu liefern. Dafür gibt es Tipps, wo sich die schönsten Ortsansichten fotografieren lassen. Den Altdorfer Wald bekommen die Zuschauer aber nicht zu sehen. Eine Inventur hat nämlich ergeben, dass er aufgepäppelt werden muss. Die Löcher, die Orkan Kyrill vor zehn Jahren geschlagen hat, sind noch immer nicht aufgefüllt. Apropos auffüllen: Vielleicht würde sich die von allen Seiten unerwünschte Erddeponie unauffällig auf dieser Gemarkung unterbringen lassen? Das wäre wenigstens eine Nachricht!

Stattdessen müssen nun die Rehe dran glauben: Um den Baumbestand zu erhöhen, soll auch die Abschusszahl von 26 Stück pro Jahr verdoppelt werden. Dieser Plan klingt eher nach Schlachtfeld als nach idyllischer Ortsansicht. Für die Altdorfer sollte die Aufgabe aber kein Problem sein. „Sonja Faber-Schrecklein hat den Eindruck, dass die Bewohner von Altdorf fleißige Menschen sind“, heißt es in der Mitteilung des Südwestrundfunks zur „Landesschau“. Um herauszufinden, was an ihrer Vermutung dran ist, recherchiert die Fernsehreporterin investigativ und „stattet dem Wertstoffhof einen Besuch ab“.

Herrenberg kämpft mit den Müll

Zum Glück dreht der SWR gerade nicht in Herrenberg. Sonja Faber-Schrecklein würde in der Mitmachstadt weniger fein säuberlich sortierte Joghurtbecher filmen können, sondern auf verheerende Missstände treffen. Nein, damit sind nicht die neu eingeführten Parkgebühren gemeint, die Lehrer dazu veranlassen, ihrem abgedroschensten Klischee zu entsprechen. Denn insbesondere dieser Berufsstand ist erbost darüber, jetzt 15 Euro im Monat für ein Ticket bezahlen zu müssen. Schließlich sind die Lehrer oft nicht da. Damit meinten die Beschwerdeführer aber nicht die Ferien, sondern die Krankheitszeiten, die sie nicht vom Gesamtbetrag der Parkkarte abziehen können, wie einige von ihnen nicht sehr freundlich das Rathaus wissen ließen.

Es geht vielmehr um die Müllproblematik. Bei diesem Thema „klaffen Ansprüche und Wirklichkeit auseinander“, teilt die Stadtverwaltung wenig freundlich mit. Zwar nimmt sie die große Mehrheit der Bürger in Schutz, aber es gebe „leider auch die andere Seite“ – und die besteht immerhin aus „nicht wenigen“. Diese nicht wenigen lassen Flaschen, Kaugummis, Tüten und Kippen sowie die Hinterlassenschaften ihrer Hunde achtlos liegen, verstopfen mit Pizzakartons die Hundekot-Behälter und „packen ihre Hausmüllsäcke ganz unverfroren in die öffentlichen Mülleimer“. Was hätte der Fernsehzuschauer zu solchen Bildern in der „Landesschau“ gesagt? Dass Herrenberg sich gerade durchaus als Deponiestandort qualifiziert? Die Mitarbeiter der technischen Dienste finden dieses Verhalten gar nicht lustig: „Sie kämpfen gegen den Müll und ernten doch immer wieder Kritik“, berichtet die Verwaltung. Dabei sind sie sechs Tage die Woche auf Tour, um mit der in der Stadt herrschenden gedankenlosen Wegwerfmentalität aufzuräumen.

Müllberge als Nährboden

Ordnungsgemäß müssten die Herrenberger nun von einer Plage heimgesucht werden. Aber sie trifft aus unerfindlichen Gründen die sauberen Sindelfinger. Die Kriebelmücke fällt über sie her: Bürger, die zwischen der Linden- und der Rosenstraße bei den Tennisplätzen wohnen, beschweren sich derzeit ebenfalls, allerdings mit guten Gründen wie Blutvergiftungen und eitrigen Entzündungen. Teilweise kann auf den Plätzen nicht mehr Tennis gespielt werden, weil die Insekten dort so fleißig auf die Pirsch gehen. Die Umweltabteilung hat die Abschusszahlen für die Tiere drastisch erhöht. Doch so oft könne gar nicht gesprüht werden, wie es bei den häufigen Regenfällen erforderlich sei, heißt es aus dem Rathaus. Deswegen wird derzeit nach Alternativen gesucht, wie die Mückenplage bekämpft werden kann. Falls eine Umsiedlung infrage kommt: Die Herrenberger Müllberge wären sicher ein guter Nährboden für das Ungeziefer.