Die russische Botschaft in London verliert 23 Mitarbeiter. Foto: Press Association

Nach dem Giftgasangriff auf einen russischen Ex-Spion in Großbritannien bestraft Premierministerin Theresa May den Kreml. Beweise gegen Russland gibt es noch nicht, sie hat gegenüber Russland zu früh rhetorisch aufgerüstet, kommentiert Politik-Redakteur Christian Gottschalk.

Stuttgart - Gemessen an ihrem Auftritt vor dem Parlament, gemessen an der Schärfe ihres Ultimatums gegenüber Russland, gemessen an den damit verbundenen Erwartungen ist die Reaktion von Großbritanniens Premierministerin nun doch eher zurückhaltend. Sicher, im diplomatischen Repertoire ist die Ausweisung von 23 russischen Staatsdienern eine erdbebenartige Maßnahme. Doch Theresa May hatte zuvor eher den Eindruck erweckt, die Kriegsmarine in Marsch zu setzen, wenn Russland nicht seine Beteiligung am Giftanschlag gegen den Ex-Agenten Sergej Skripal zugibt, oder mindestens die eigene Nationalmannschaft nicht zur Fußball-WM nach Russland zu lassen. Beides wäre freilich ebenso töricht gewesen.

Innenpolitisch an die Wand gedrückt

Das laute Poltern der von innenpolitischen Problemen an die Wand gedrückten Premierministerin ist der Angelegenheit nicht gerade zuträglich. Es wäre sinnvoller, erst die Beweise für eine Beteiligung des Kremls vorzulegen, ehe die Strafe gegen Putin verhängt wird. Bisher gibt es – öffentlich bekannt – allenfalls Indizien. Allerdings: sollte es sich tatsächlich erweisen, dass der russische Staat unliebsame Zeitgenossen auf britischem Territorium mit Giftgas meuchelt, dann wären die nun verhängten Maßnahmen noch viel zu milde. In diesem Fall wäre die gesamte EU in der Pflicht zum Handeln.